Aktuell sind mit sicheren Geldanlagen kaum nennenswerte Zinsen zu erzielen.
Bausparer, die in den vergangenen Jahrzehnten Bausparverträge abgeschlossen haben, konnten sich jedoch anders als andere Sparer bislang zurücklehnen und vergleichsweise hohe Zinsen mit ihren teilweise Jahrzehnte alten Verträgen erzielen. Dies scheint nun vorbei zu sein. Immer mehr Bausparkassen versuchen diese “teuren” Kunden loszuwerden und kündigen diesen die Bauspar-verträge.
Bis vor kurzem waren lediglich Bausparer betroffen, die die Bausparsumme vollständig angespart haben. Teilweise wurde diesen sogar aktiv angeraten, Sondersparleistungen vorzunehmen, ohne sie darauf hinzuweisen, dass dies ein Kündigungsrecht der Bausparkasse bewirken könnte.
Nun gehen Bausparkassen dazu über auch lediglich zuteilungsreife Bausparverträge, die gerade nicht vollständig angespart worden sind, zu kündigen. Sie berufen sich dabei auf die gesetzliche Regelung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB.
Oftmals sehen jedoch die konkreten Vertragsbedingungen vor, dass eine Kündigung nur dann durch die Bausparkasse möglich ist, wenn der Bausparer seinen vertraglichen Verpflichtungen nicht nachkommt.
Eine solche Vertragsverletzung kann nicht darin gesehen werden, dass trotz Zuteilung das Bauspardarlehen nicht abgerufen wird. Hierbei handelt sich lediglich um ein Recht und um keine Pflicht. Somit kann der Nichtabruf keine Vertragspflichtverletzung begründen und die Bausparkasse auch nicht zur Kündigung berechtigen.
Zu diesem Ergebnis gelangt auch das Oberlandesgericht Stuttgart in seiner Entscheidung vom 14.11.2011 – 9 U 151/11. Das Gericht hat zwar die Kündigung vollständig angesparter Bausparverträgen für rechtswirksam erachtet. Es geht in seiner Entscheidung davon aus, dass auch der Bausparvertrag selbst während der Ansparphase als Darlehensvertrag zu qualifizieren sei. Zweck des Bausparvertrages sei nicht die zinsgünstige Geldanlage, sondern die Erlangung eines Bauspardarlehens. Spart der Bausparer die vertraglich vereinbarte Bausparsumme vollständig an, sei die Gewährung des Bauspardarlehens nicht mehr möglich. In diesem Fall bestehe keine durch ein Darlehen zu überbrückende Lücke zwischen Bausparguthaben und Bausparsumme. Wer ein Bauspardarlehen nicht in Anspruch nehme, sondern stattdessen Sparleistungen bis zur Bausparsumme erbringe, verzichte faktisch auf ein Bauspardarlehen.
Im Einzelfall können Bausparer in einer solchen Konstellation lediglich ggf. gegen eine solche Kündigung vorgehen oder Schadensersatzansprüche geltend machen, sofern sie unter Vorspiegelung falscher Tatsachen oder ohne Hinweis auf dieses Kündigungsrecht die Bausparsumme vollständig angespart haben.
Soweit der Vertrag dagegen nur zuteilungsreif ist stehen die Chancen eines erfolgreichen Vorgehens gegen die Kündigung im Einzelfall weitaus günstiger.
So gelangt das OLG Stuttgart in seiner Entscheidung zu dem Ergebnis, dass ein “…Bausparvertrag solange unkündbar ist, wie die Auszahlung des Tilgungsdarlehens möglich ist und der Bausparer seine hierzu erforderlichen planmäßigen Sparpflichten erfüllt”.
Dies erscheint auch konsequent. Denn die Zuteilungsreife gibt dem Bausparer lediglich die Möglichkeit, das Darlehen in Anspruch zu nehmen. Eine Pflicht zur Inanspruchnahme ergibt sich hieraus nicht. Durch eine solche Kündigung nimmt die Bausparkasse dem Bausparer das sich aus dem Abschluss des Vertrages ergebende Recht zur Inanspruchnahme des Darlehens.
Bausparer, die von dieser Kündigungswelle betroffen sind, sollten anwaltlichen Rat einholen und ihre Vertragsunterlagen dahingehend prüfen lassen, ob sie sich gegen die Kündigungen im Einzelfall erfolgreich zur Wehr setzen können und auch weiterhin attraktive Renditen einstreichen können.
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Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht Siegfried Reulein, Inhaber der KSR | Kanzlei Siegfried Reulein, ist seit mehr als 10 Jahren schwerpunktmäßig auf dem Gebiet des Bank- und Kapitalmarktrechts tätig. Er berät ausschließlich geschädigte Anleger und Bankkunden aus ganz Deutschland und vertritt deren Interessen vor Gerichten deutschlandweit insbesondere gegen Anlageberater, Banken und Sparkassen sowie Prospektverantwortliche. Dabei konnte er bereits für viele Mandanten Urteile vor Amts-, Land- und Oberlandesgerichten (auch schon durch den BGH bestätigt) sowie positive gerichtliche und außergerichtliche Vergleiche erstreiten.
Im Bereich des Kapitalanlagerechts ist Rechtsanwalt Reulein hauptsächlich mit der Geltendmachung von Ansprüchen im Zusammenhang mit der Vermittlung von geschlossenen Fondsanlagen (z.B. Schifffonds, Immobilienfonds, Film- und Medienfonds, Lebensversicherungsfonds), Genussrechten, (Mittelstands-)Anleihen, partiarischen Darlehen, atypisch stillen Gesellschaften sowie der Geltendmachung von Ansprüchen im Zusammenhang mit dem Kauf einer Schrottimmobilie und der Eingehung von Swap-Geschäften befasst. Im Bereich des Bankrechts berät und vertritt Rechtsanwalt Reulein in allen Fragen des Bankrechts, insbesondere im Zusammenhang mit dem Abschluss und der Beendigung von Darlehensverträgen. Daneben ist Rechtsanwalt Reulein in den Bereichen des Versicherungs- und des Erbrechts tätig.
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