Charles Kolodgy prägte 2003 erstmals den Begriff Unified Threat Management, kurz UTM. Bis dahin nannte man UTM-Gateways noch umständlich “Gateways mit integrierter Firewall und Gateway-Virenscanner”.
Als Linogate im Jahr 2000 eine eigene UTM-Appliance anbot, war das Augsburger Security-Unternehmen auf dem Markt in guter Gesellschaft. Denn die Dotcom-Blase lag noch in der Zukunft und UTM-Gateways verkauften sich wie geschnitten Brot. Wer damals die CeBIT besuchte, sah regelmäßig große Stände von Unternehmen, die es im Vorjahr noch nicht gegeben hatte und teilweise auch im Jahr drauf schon nicht mehr gab. Allein Hersteller von UTM-Appliance gab es damals rund 600 auf dem Markt, und zählt man reine UTM-Softwarelösungen hinzu, so waren es etliche tausend Unternehmen. Aber nicht nur die Dotcom-Blase veränderte den Markt grundlegend, auch der spätere NSA-Skandal war insbesondere für Gateway-Hersteller eine Zäsur im Geschäftsbetrieb. 15 Jahre Linogate sind daher eine willkommene Gelegenheit sich das Marktumfeld im Bereich UTM näher anzuschauen.
Wie Linogate die Dotcom-Blase erlebte
Dass IT-Start-ups vor der Dotcom-Blase mit Investorengeldern zu multinationalen Unternehmen aufgeblasen wurden, war nicht unüblich, schließlich konnte damals scheinbar jedes IT-Unternehmen beliebig hohe Renditen erzielen. Und beinahe wäre die Geschichte von Linogate nicht anders verlaufen als die der allermeisten IT-Unternehmen aus dem Jahre 2000. Nach den ersten Monaten, als die ersten Produkte marktreif waren, gab es für Linogate in München die Gelegenheit, für Investoren zu werben. 200 Business Angels des “Munich Network” waren geladen und acht Firmen durften ihr Geschäft vorstellen. Pech allerdings, dass dieses Treffen mit Investoren genau zwei Wochen nach dem 11. September erfolgte. Quasi über Nacht änderten fast alle Investoren ihre Geld-Politik und an frisches Kapital zu kommen wurde plötzlich so schwierig wie noch nie. Im Endeffekt blieb Linogate damals nichts anderes übrig, als mit dem Geld ihrer Kunden das Unternehmen in kleinen Schritten aufzubauen, zwar ohne Investorengelder, dafür aber auch ohne fremde Konzerne und Finanzdienstleister, die die Unternehmenspolitik Linogates beeinflussen würden.
Linogate produziert für Siemens und T-Systems
Der 11. September war nicht der einzige Schicksalsschlag zu jener Zeit. Denn das Platzen der Dotcom-Blase sollte folgen. Gemäß Jackie Fenn folgt bei einem Hype auf den “Peak of Inflated Expectations” das “Trough of Disillusionment”, durch das auch alle UTM-Hersteller nach der Dotcom-Blase schreiten mussten. In der Konsequenz mussten sechs von sieben UTM-Herstellern ihren Laden dicht machen. Dies waren vor allem jene Start-ups, die mit viel Investorengeld künstlich aufgeblasen wurden und daher unter einem enormen Zeitdruck Lösungen anbieten mussten, die oftmals nicht ausgereift waren. Nur mit den hohen Renditen, die am Peak of Inflated Expectations zu erzielen waren, waren solche Geschäftsmodelle überlebensfähig. Als das Kartenhaus dann einstürzte trennte sich die Spreu vom Weizen und Hersteller wie Linogate hatten plötzlich wieder bessere Chancen. Überleben konnten die Firmen, die finanziell auf ihre Kunden und nicht auf ihre Investoren angewiesen waren. Ausgereifte und solide getestete Lösungen bekamen auf einem ebenfalls deutlich geschrumpften Absatzmarkt ein viel stärkeres Gewicht. Diesen Druck bekamen auch Großkonzerne zu spüren und er veranlasste Unternehmen wie Siemens oder T-Systems, zu OEM-Kunden von Linogate zu werden. Bei Gateways wie ‘E-Sienet’ oder ‘Advanced Security Server’ waren fortan nur noch Hardware und Design aus eigenem Hause, die gesamte Software wurde von Linogate entwickelt.
CALEA ohne Linogate
Eine zweite Herausforderung für die Branche war der NSA-Skandal. Plötzlich wurden Backdoors in Gateways bekannt, Betriebsspionage durch ausländische Staaten wurde offenbar und eine UTM-Lösung sollte nun nicht mehr nur vor Viren und Hackern anderer Firmen schützen, sondern auch die Geheimdienste anderer Staaten ausschließen. Allerdings ist die Empörung, die der NSA-Skandal im IT-Security-Umfeld auslöste etwas zynisch und auf Seiten vieler Anbieter daher wohl gespielt. Denn produziert ein UTM-Hersteller in den USA oder will er in die USA exportieren, dann ist er gezwungen, Backdoors zu implementieren, mittels denen amerikanische Geheimdienste unbemerkt mitlauschen können. Dies ist nicht erst seit dem 11. September so, sondern spätestens seit dem “Communications Assistance for Law Enforcement Act” (CALEA) aus dem Jahre 1994. Was sich seit dem 11. September geändert hat ist eher, dass amerikanische Geheimdienste ihre schon lange zugesicherten Abhörrechte viel exzessiver ausnutzen.
In der Konsequenz heißt dies: Bereits im Jahre 2000 musste sich ein UTM-Hersteller zwischen dem amerikanischen Absatzmarkt auf der einen Seite und sicheren Gateways ohne Backdoors auf der anderen Seite entscheiden. Ein Spagat konnte hier nie gelingen. Linogate traf daher schon ganz am Anfang im Jahr 2000 eine klare Entscheidung und ist bis heute einer von wenigen UTM-Herstellern, die das Teletrust-Siegel “IT-Security made in Germany” tragen, mit welchem sie garantieren, dass ihre Produkte keine geheimen Backdoors enthalten. Zwar gibt es viele UTM-Hersteller, die auch ohne Siegel behaupten, keine offenen Stellen zu haben, nur ist diese Aussage vorsätzlich falsch, wenn sie gleichzeitig in die USA exportieren oder dort gar produzieren. Noch zynischer wird es, wenn die US-Regierung dann sogar vor Netzwerkequipment made in China warnt, wegen der von chinesischer Seite implementierten Backdoors. Thomas Scholz, Geschäftsführer von Linogate räumt jedoch ein: “Hätten wir damals Investorengelder bekommen, wär es vermutlich anders gelaufen. Ich glaube nicht, dass es irgendeinen Investor gegeben hätte, der bereit gewesen wäre, auf den amerikanischen Markt zu verzichten, nur damit wir Backdoor-freie Lösungen produzieren können. Und auch wenn wir uns damals ein paar Dinge anders gewünscht hätte, im Nachhinein können wir sehr froh damit sein, dass es so für uns ausging.”
NSA-Skandal und Marktreaktionen
Nun hatte der NSA-Skandal das Potential für Unternehmen wie Linogate goldene Zeiten anbrechen zu lassen und in der Tat hat das Unternehmen in den letzten Jahren einen deutlich Zuwachs von Kunden, für die “IT-Security made in Germany” ein Verkaufsargument ist. Aber der Markt für UTM-Equipment ist weit davon entfernt, sich aufgrund der Enthüllungen über die Machenschaften der NSA neu zu erfinden. Stellt sich die Frage, warum der Markt so reagiert, und womit in Zukunft gerechnet werden muss.
Zunächst einmal kamen die Enthüllungen über die NSA für viele Branchenkenner nicht wirklich überraschend. Mit CALEA vertraut, sorgten viele Unternehmen sogar aktiv dafür, dass die nun bekannt gewordene Überwachung überhaupt erst möglich wurde. Außerdem war die nun aufgedeckte flächendeckende Überwachung lange Zeit kein Thema. Eher als abstrakte theoretische Möglichkeit begriffen, wurde jemand, der vor dem Ausspionieren ganzer Länder von der Privatperson bis zum Börsenkonzern warnte, mit dem Etikett “paranoid” bedacht, wenngleich man wusste, dass er zumindest theoretisch Recht haben könnte. Hinzu kam, dass Unternehmen die Geheimdienste nicht wirklich als Bedrohung ihrer wirtschaftlichen Interessen ansahen. Wenn eine UTM-Lösung vor Industriespionage schützte, so war das ausreichend. Der letzte Punkt dürfte sich wohl geändert haben, seit anzunehmen ist, dass Geheimdienste sehr wohl Industriespionage betreiben und diese Informationen auch an einheimische Firmen weitergeben.
Ausblick
Heute gibt es immer noch viele Distributoren und IT-Admins, die sich mittlerweile in einer sehr unkomfortablen Lage sehen. Schon lange vor dem NSA-Skandal waren ihnen sowohl die gesetzlichen Grundlagen als auch die technischen Möglichkeiten zur Überwachung bekannt, lediglich die daraus resultierende Bedrohung wurde von vielen anders eingeschätzt. Eine solche Einschätzung musste auch Linogate treffen und zog daher für sich die Konsequenz, nicht in die USA zu exportieren.
Volker Lang, Technical Director bei Linogate und von Anfang an dabei kann sich nun freuen, wundert sich jedoch auch ein wenig über den Markt: “Es ist ganz offensichtlich der Zeitpunkt gekommen, an dem sich viele Unternehmen eingestehen müssen, dass sie sich geirrt haben. IT-Security made in Germany ist plötzlich ein Qualitätsmerkmal, welches nun auch für jene interessant wird, die Überwachung und Spionage bislang mit Panikmache assoziiert haben. Bleibt die Frage, warum der Markt so langsam reagiert. Es ist nicht so, als würden die bisherigen Enthüllungen und der öffentliche Druck nicht ausreichen. Es braucht nicht noch pikantere Details. Die Ursache für die träge Reaktion liegt in den Vertriebswegen. Ein Admin muss sich gegenüber dem Vorstand, ein Distributor gegenüber seinem Kunden rechtfertigen, warum er trotz Kenntnis der Faktenlage jahrelang UTM-Lösungen eingesetzt oder vertrieben hat, bei denen er selbst nun dafür plädiert, diese aus Sicherheitsgründen möglichst schnell zu ersetzen. Dies ist eine unangenehme Situation, die viele am liebsten mit der Vogel-Strauß-Methode lösen möchten. So wie es aussieht verpassen es daher derzeit noch viele sich aktiv mit der Situation auseinanderzusetzen. Unangenehmer dürfte es für die Betroffenen erst dann werden, wenn die Vorgesetzten, respektive die Kunden, diejenigen sind, die zuerst aktiv werden und von ihrer IT-Abteilung beziehungsweise ihren Fachhändlern Antworten verlangen, warum sie immer noch auf Lösungen setzen, die nachweislich das Tor für Industriespionage weit aufstoßen.”
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Linogate GmbH, mit Sitz in Augsburg, ist Hersteller der Internet Security Gateway-Serie DEFENDO, mit der man kleine bis mittelgroße Unternehmen (5 bis 250 Arbeitsplätze) gesichert ans Internet anschließen kann.
DEFENDO präsentiert sich als erweiterte UTM-Lösung mit Firewall, verschiedenen Proxys, Intrusion-Prevention, VPN-Server, eigener Public Key Infrastructure (PKI), Viren- und Spam-Schutz, Mail-Server und Web-Mail – alles über eine Administrationsoberfläche zu steuern. Die Produkt-Serie wird als Appliance auf optimierten Hardwareplattformen oder als Softwarelizenz zum Betrieb als virtuelle Maschine auf VMware angeboten. OEMs haben die Möglichkeit, die Lösung auf eigene Rechner-Systeme zu portieren und unter eigenem Namen und Logo anzubieten.
Zertifizierte Reseller im Inland und Distributoren im Ausland vertreiben DEFENDO seit der Gründung im Jahr 2000 erfolgreich, so dass das Unternehmen heute auf eine große Zahl aktiver Installationen in unterschiedlichsten Branchen verweisen kann.
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