Inzell: Lebendiges Brauchtum

Am letzten September-Sonntag ziehen beim Michaeliritt 250 herausgeputzte Pferde durch Inzell – für Begleiter und Zuschauer ein Festakt zu Ehren des Namenspatrons der örtlichen Pfarrkirche

Inzell: Lebendiges Brauchtum

Inzell, Michaeliritt – Ein Spaß für Groß und Klein (Bildquelle: Inzeller Touristik GmbH)

Er gilt als Bezwinger des Teufels, Anführer der himmlischen Heerscharen und Hüter des Paradies-Tores: Der Erzengel Michael spielt im christlichen Glauben eine tragende Rolle. Kein Wunder, dass ihm im oberbayerischen Inzell die Pfarrkirche gewidmet ist, die in ihrer heutigen Form von 1725 bis 1727 errichtet wurde und mit ihrem barocken Zwiebelturm vor prächtiger Bergkulisse weithin sichtbar das Ortsbild prägt. Doch damit noch nicht genug: Am letzten Sonntag im September, also kurz vor oder nach seinem Namenstag am 29.9., der traditionell das Ende der Erntezeit bedeutete und früher vor dem Beginn der dunkleren Jahreszeit u.a. Anlass für lodernde Feuer war, wird nach einer Pause von vier Jahrzehnten seit 1990 regelmäßig der Inzeller Michaeliritt zelebriert: Rund 250 prächtig geschmückte Pferde vom possierlichen Pony bis zum behäbigen Kaltblut paradieren ab 13.30 Uhr unter Reitern oder vor Kutschen durch die Straßen, die tausende Besucher säumen. Ziel ist die Frauenkirche in Niederachen, wo Menschen und Tiere gesegnet werden.
Heutzutage ist das ein frommer Brauch; früher hingegen war der Ritt außerdem Ausdruck des inständigen Wunsches, die Nutztiere unter den besonderen Schutz des Glaubens zu stellen, da sie einen großen Wert darstellten und unverzichtbar für die Bevölkerung waren. Andernorts in Oberbayern wird erst Ende November zum Namenstag des “Vieh-Heiligen” St. Leonhard um Gesundheit und Wohlergehen für die vierbeinigen Helfer gebeten. In Inzell als bekanntem Schneeloch wurde der Termin in den 1930er Jahren um zwei Monate vorverlegt, um idealerweise von besserem Wetter zu profitieren. Wie das an Michaels-Tag ausfällt, kann sich laut alter Bauerregeln übrigens auf den Rest des Jahres auswirken – von “Kommt Michael heiter und schön,wird es noch vier Wochen so weiter geh’n” bis “Bringt St. Michael Regen,kannst Du gleich den Pelz anlegen”.
Auch heuer hoffen am 27.9. nicht nur Pferde, Begleiter und Publikum auf möglichst wenig Niederschlag. Auftakt des Festtages ist bereits ab 9 Uhr früh ein Michaelimarkt rund um Busbahnhof und Rathausplatz, auf dem einheimische Handwerker ihre Produkte aus eigener Herstellung präsentieren; für junge Besucher ist ein abwechslungsreiches Kinderprogramm geboten. www.inzell.de

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