Alljährlich stellen sich viele Verantwortliche die Frage, ob die Durchführung einer Stichtagsinventur nicht auch mit hausinternem Personal durchgeführt werden kann, um damit Kosten zu sparen.
Auf den ersten Blick erkennt man bei diesem Unterfangen ja auch keine unlösbaren Probleme. Mit einer Raumliste bewaffnet werden sämtliche Räume begangen und jeder Gegenstand aufgeschrieben, der vorgefunden wird. Klingt einfach, ist es aber nicht. Der Teufel steckt -wie oftmals- im Detail.
Wer sich mit der Durchführung und Planung einer Inventur beschäftigt, stolpert früher oder später über die Grundsätze ordnungsgemäßer Inventur (GoI), die aus den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung (GoB) abgeleitet sind.
Als da wären:
– Vollständigkeit der Bestandsaufnahme
– Richtigkeit und Willkürfreiheit der Bestandsaufnahme
– Einzelerfassung der Bestände
– Nachprüfbarkeit und Klarheit der Bestände
– Wirtschaftlichkeit und Wesentlichkeit
Das liest sich im ersten Moment noch nicht wie eine allzu große Hürde, aber will man diesen Grundsätzen gerecht werden, stellt dieser Vorsatz nicht nur erhebliche Anforderungen an die Planung, sondern auch an das durchführende Personal und die Dokumentation des gesamten Inventurverlaufs.
An der “Vollständigkeit der Bestandsaufnahme” ist schon so mancher Projektleiter verzweifelt. Man nehme als Beispiel ein mittelgroßes Unternehmen und stelle sich vor, was mit den relevanten Vermögensgegenständen alltäglich geschieht. Sicherlich gibt es da den massiven Eichenschreibtisch vom Chef, den so schnell niemand bewegen will oder kann. Dieser wird während der laufenden Inventur sicherlich nicht in einen anderen Raum verschoben oder verliehen werden.
Gegenstände auf Wanderschaft
Bei vielen anderen Gegenständen ist das nicht der Fall: Beamer, Laptops und andere Mediengeräte werden verliehen und wechseln ihren Standort quasi stündlich. Stühle und Tische werden aus Nachbarräumen geholt, wenn die Teilnehmerzahl des Seminars den geplanten Rahmen sprengt. Täglich werden neue Geräte angeliefert oder müssen wegen Funktionsuntüchtigkeit ausgesondert werden. Sicherzustellen, dass Gegenstände nicht doppelt oder überhaupt nicht erfasst werden und dabei den Überblick zu behalten, erfordert nicht nur eine fundierte Projektplanung, sondern auch erprobte und bewährte Erfassungssysteme.
Die Richtigkeit der Bestandsaufnahme sicherzustellen ist eine weitere Herausforderung im Rahmen einer Inventur. Gegenstände zu identifizieren und korrekt zu benennen ist je nach Umfeld eine nicht zu unterschätzende Aufgabe. Oder wüssten Sie auf Anhieb, wie ein Gaschromatograph aussieht? An dieser Stelle wird die Wichtigkeit von erfahrenem Aufnahmepersonal deutlich. Man kann sich schon mit wenig Phantasie vorstellen, welche Ergebnisse man erhält, wenn man die Erfassung in die Hände des nächstbesten Ferienjobbers gibt.
Know-How an der Erfassungsfront
Hinzu kommt die Forderung nach der Einzelerfassung eines jeden Gegenstandes mit den jeweiligen Zusatzinformationen. Mag das bei einem Tisch noch recht trivial funktionieren, da Form, Farbe und Größe recht offensichtlich sind, erhöhen sich die Anforderungen an die Fachkenntnis der Erfasser, wenn man z.B. in den IT-Bereich vorstößt.
Einen Computerarbeitsplatz korrekt und vollständig zu erfassen, ist weder mal eben schnell gemacht, noch einfach. Hersteller, die korrekten Bezeichnungen, Seriennummern und vieles mehr müssen festgestellt und in einem geeigneten Format gespeichert werden. Und wenn diese Hürde genommen wurde, verzweifelt man spätestens an der korrekten Aufnahme von Sachgesamtheiten und zusammengesetzten Gütern.
Als wäre die Planung und praktische Durchführung einer Anlageninventur nicht schon kompliziert genug, stellt das HGB die Forderung nach der Nachprüfbarkeit und Klarheit der Bestände. Mit anderen Worten: Die Vorgehensweise während der Inventur und die Ergebnisse müssen derart dokumentiert werden, dass ein sachkundiger Dritter sich innerhalb eines angemessenen Zeitraums einen Überblick über Art, Menge und Wert der Bestände verschaffen kann.
Hauptsache gut dokumentiert
Weitere Bestandteile einer ordnungsgemäßen Dokumentation sind die Inventurrichtlinie, sämtliche Organisations- und Planungsunterlagen, Inventurpläne und Erfassungsbelege.
Aber damit ist die Inventur noch nicht beendet. Angenommen, man hat die körperliche Erfassung der Vermögensgegenstände hinter sich gebracht, so erwartet den Verantwortlichen danach noch eine weitere große Herausforderung: Der Abgleich der erfassten Daten mit der Anlagenbuchhaltung.
Das mag sich im ersten Moment nicht allzu schwierig anhören, aber erst hier offenbart sich die Qualität der im Rahmen der Inventur aufgenommenen Daten. Wurden die Geräte korrekt und vor allem eindeutig bezeichnet? Wurden die eindeutig identifizierenden Merkmale wie Seriennummern oder Barcodes gefunden und korrekt aufgenommen?
Pfeiffer mit 3 “f”?
Man stelle sich die entstehenden Probleme vor, wenn der “Laptop” als “Notebook” erfasst wurde oder das “TFT-Display” als “Flachbildschirm”. Tippfehler bei der Gegenstandbezeichnung geben dieser Buchstabensuppe die letzte Würze. Um dieser Situation Herr zu werden bedarf es im Vorfeld der Inventur einer gründlichen und fundierten Planung, erfahrenen, sachkundigen Erfassern und hocheffektiven Algorithmen, um am Ende ein realitätsnahes Datenmatching durchführen zu können.
An dieser Stelle mag jeder, der vor der Herausforderung einer Inventur des Anlagevermögens steht, selber entscheiden, ob es aus Kostengründen überhaupt Sinn machen kann, die Lasten eines Inventurprojektes selber zu stemmen oder ob es am Ende nicht schneller und kostengünstiger ist, einen professionellen Inventurdienstleister zu beauftragen.
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