Interparlamentarischer Roundtable stellt Gesetz zur NGO-Finanzierung auf den Prüfstand

Internationale Kritik an russischem NGO-Gesetz lieferte Anlass für eine Aussprache zwischen europäischen und russischen Abgeordneten. Duma-Abgeordneter Starshinov: Internationale Partei-Stiftungen agieren “unerträglich”

Moskau, 16. Mai 2013 – Auf Initiative des International Institute of Newly Established States (IINES) fand gestern in Moskau eine Aussprache zwischen Abgeordneten des Europäischen Parlaments, verschiedener nationaler Parlamente sowie der russischen Duma statt. Inhalt der Aussprache war das neue Russische NGO-Gesetz, das zuletzt kontrovers diskutiert wurde. Inhalt des Gesetzes ist eine bessere Nachvollziehbarkeit ausländischer Finanzierung von NGOs, sofern diese politische Aktivitäten in Russland verfolgen. Bei der Aussprache geriet vor allem die deutsche Konrad-Adenauer-Stiftung in die Kritik, der vorgeworfen wurde, sich “unangebracht in interne russische Angelegenheiten einzumischen”

Russisches Unverständnis über internationale Kritik
Der Initiator des Gesetzes, Abgeordneter Mikahil Starshinov (Vereintes Russland) führte aus, auslandsfinanzierte NGOs die politisch in Russland tätig seien, würden seit vielen Jahren als mögliche Gefährdung für die innere Sicherheit gesehen. Die Erfahrung zeige, dass ausländische Regierungs- oder Lobby-Interessen unter dem Deckmantel gemeinnütziger NGO-Arbeit ihre Interessen durchsetzen wollten. Aus diesem Grund ermögliche die neue Regelung der öffentlichen Hand die Kontrolle über all jene Geldtransfers, die politisch aktive NGOs aus dem Ausland erhalten. Es sei allerdings keinesfalls das Interesse Russlands, rein gemeinnützige oder karitative NGOs zu schikanieren oder in ihrer Arbeit zu behindern.

Sonderfall politische Stiftungen
Eine besondere Problematik verberge sich hinter den Tätigkeiten (Partei-)Politischer Stiftungen, wie Starshinov, weiter ausführte. “Wir sind über Aktivitäten politischer Stiftungen aus dem Ausland zunehmend besorgt. Wenn sich etwa eine deutsche Parteien-Stiftung wie die Konrad Adenauer Stiftung der CDU auf russischem Boden unangebracht in interne russische Angelegenheiten einmischt, verlangt sie zumindest Aufmerksamkeit auf russischer Seite. Wenn sich solche Organisationen dann aber noch über die Aufforderung zu mehr Transparenz beklagen und dies in die Waagschale bilateraler Beziehungen einbringen wollen, ist das unerträglich und scharf zurückzuweisen”, so Starshinov. Die deutsche und europäische Politik sei insgesamt dazu aufgerufen keine Klischees des Kalten Krieges zu bedienen, sondern die Integrität Russlands, seiner Gesetzgebung und seiner Justiz zu achten, so wie dies umgekehrt geschehe.

Sergey Zeleznyak, Sprecher der Duma und stellvertrender Vorsitzender der Partei Vereintes Russland,führte aus: “Dieses Gesetz kann als Meilenstein des heutigen Russlands betrachtet warden, um das System für seine Bürger transparenter zu machen.”
Der Duma-Abgeordnete Yaroslav Nilov, Vorsitzende des Ausschusses für Gesellschaft und Religiöse Organisationen, hielt fest: “Wir müssen das Gesetz über ausländisch finanzierte NGOs und seine Auswirkungen weiter diskutieren und beobachten.” In dieselbe Kerbe schlug die stellvertretende Justizministerin Tatjana Wagina, die meinte, dass nur politisch aktive NGOs, die aus dem Ausland finanziert werden, der Meldepflicht unterliegen, nicht aber die rein karitativen NGOs.

Europäische Abgeordnete verschiedener Fraktionen fordern zu differenzierter Betrachtung auf
Die europäischen Abgeordneten aus den Niederlanden, Belgien, Italien, Frankreich, der Tschechischen Republik und Lettland betonten, dass in vielen europäischen Ländern die Finanzierung politischer Parteien und Wahlkampagnen aus ausländischen Quellen einen Gesetzesverstoß darstellen würden. Bei NGOs wäre diese Situation allerdings verschieden, da diese nicht direkt bei Wahlen partizipieren würden.

Die Europäischen Abgeordneten äußerten sich teils skeptisch zu einigen der russischen Ausführungen, fordern jedoch zu differenzierter Betrachtung auf, da gewisse Inhalte der gesetzlichen Regelungen in europäischen Nationalstaaten gängige Praxis seien.

Vladimirea Lesenska, tschechische Parlamentsabgeordnete der Sozialdemokraten äußerte Verständnis für die Sorgen der russischen Vertreter. Die Globalisierung bringe durchaus Gefahren mit sich, wie die Tschechische Republik in der Ära Havel selbst miterleben musste, als ausländische Kräfte mittels NGOs versuchten ihre Interessen in der tschechischen Politik zu lobbyieren.

Der fraktionslose niederländische Europa-Abgeordnete Daniel van der Stoep versteht durchaus die Notwendigkeit, Finanzquellen für ausländische Organisationen transparent zu machen, wenn Russland gewährleiste, dass keinesfalls die Rechte Einzelner verletzt würden. Intransparente ausländische Finanzquellen könnten tatsächlich auch Gefahren bergen, so der Abgeordnete.

Seitens des Veranstalters IIES zeigt man sich sehr zufrieden mit den Ergebnissen der Veranstaltung und will den Dialog mit westlichen Entscheidungsträgern zu wichtigen inner-russischen Angelegenheiten auch in Zukunft forcieren.

Das International Institute of Newly Established States (IINES) ist eine internationale NGO, die 2008 in Moskau gegründet wurde. Dieser Think-Tank setzt sich zusammen aus Wissenschaftlern, Politologen und internationalen Experten der Konfliktforschung und des internationalen Rechts. Das primäre Ziel dieser Expertenplattform ist es, die Entstehung und Entwicklung von “neuen Staaten” zu untersuchen und zu beschreiben, vor allem auch deren Einfluss auf geopolitische Prozesse.

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