Frauenmuseum Bonn widmet der Iranerin Einzelausstellung
Das Bonner Frauenmuseum zeigt vom 21.06.2015 – 16.08.2015 im Rahmen der großen Themenausstellung “Frauen in Krieg und Frieden 1915 – 1945 – 2015” die zweite Parallelausstellung “Im Labor der Zeichen und Dinge”.
Homa Emami, geboren in iranischen Shahabad, lebt und arbeitet seit 30 Jahren in Brühl, Bonn und Köln. Sie ist ausgebildete Bildhauerin (Studium an der Universität Teheran, Fakultät der Schönen Künste) und hat mit ihren Werken in den vergangenen Jahren raumgreifende Dimensionen erobert. Einem prozesshaften Laboratorium gleich, werden ihre Arrangements und Installationen in vielschichtiger und poetischer Weise inszeniert. Stets neugierig experimentiert sie mit dem von ihr vorgefundenen Raum. Im Bonner Frauenmuseum führt die Künstlerin durch vier komplexe Themenräume.
Der Eingangsraum beherbergt ein obskures Archiv, deren Grundmodule zu bausteinähnlichen Blöcken geformte Massendruckerzeugnisse sind. Die Texte sind nur noch in Teilen sichtbar, ein “Weiter-lesen-wollen” der angedeuteten Inhalte ist nicht mehr möglich, da die bedruckten Papiere durch eine Wachsbehandlung konserviert und dem normalen Gebrauch entzogen wurden. Auf weißen Stühlen gestapelt bilden die Arrangements eine hochästhetische Komposition.
Das Archiv bezieht sich biografisch auf ihr Geburtsland, das sie als junge Frau gemeinsam mit Ihrer Familie verlassen hat, um ein neues Leben in Deutschland zu beginnen. Diese Grenzerfahrungen in fremder Umgebung inspirierten sie zu einem ganz besonderen Werk, dem “Küchenkalender”, der im zweiten Raum eine gesamte Wand einnimmt. Innerhalb von drei Jahren hat sie täglich eine von ihr gekochte Mahlzeit mit wissenschaftlicher Akribie dokumentiert und dazu einen künstlerischen Code entwickelt. Leicht, fast spielerisch, abstrahiert Homa Emami mit alltäglichen Materialien ihre komplexe Gedankenwelt.
Im dritten Raum finden sich Gärten, die von Migration, Multikulturalität und Integrations-erfahrungen erzählen. Wie in einem biologischen Labor erfährt das “Forschungsmaterial” durch Homa Emamis Interpretation eine neue Bedeutung. Einzelne Naturbestandteile werden hinterleuchtet und bis zu ihrem Herkunftsland zurückverfolgt. Die Einzelteile wie Blätter, Saatgut und Gartenarchitektur werden durch ihre Komposition vielschichtig vereinigt.
Im vierten Raum rekonstruiert Homa Emami ihr Atelier und bringt ihre Arbeitsprozesse in Exposition. Nicht nur Formen und konzeptbezogene Arbeiten, auch Materialreste, die in der Entstehung von Werken übrig geblieben sind, gehören zu ihrem Arbeitsprozess. Scheinbar nutzlose Materialien werden in wiederkehrenden Botschaften nützlich und beziehen sich dabei thematisch auf ihre Migrationserfahrungen und eine neue Wertschätzung in der Gesellschaft.
Homa Emami nutzt in ihrer Kunst sehr oft die Konzepte und Erfahrungen ihres eigenen Lebens und stellt dabei die Rolle von Frauen in der Gesellschaft in Frage. Dies spiegelt sich unter anderem auch in den Titel der Arbeiten wieder: “Kopf in Glas”; “Recycling”, “Süß Werk”, “Küchen Kalender”, “Garten”, “Brigitte” oder “120.mm Stone” – wobei der Titel der Arbeit auf den Durchmesser der Steine rekurriert, die für eine Steinigung verwendet werden.
Die Einzelausstellung bietet den Betrachtern einen Einblick in das phantasievolle Welt der Homa Emami. Sie hinterlässt dabei die Erinnerung an ein sehr sensibles und starkes Werk. Die Ausstellung hinterleuchtet dabei nicht nur die Arbeiten der Künstlerin, sondern spiegelt auf eine gefühlvolle Weise ihre Erfahrungen und Persönlichkeit wider.
Eröffnung: 21.6.2015, 12 Uhr
Begrüßung: Dr. Ros Sachsse-Schadt (Stadtverordnete B90/DIE GRÜNEN Bonn, Kultursprecherin)
Einführung: Prof. Dr. Beate Reifenscheid (Ludwig Museum, Koblenz)
Öffnungszeiten:
DI – SA 14 bis 18 Uhr, SO 11 bis 18 Uhr
Öffentliche Führungen:
Sonntags um 13 Uhr sowie nach Vereinbarung
Pressekonferenz:
Freitag, den 19. Juni 2015 um 11 Uhr
Das erste Frauenmuseum weltweit zeigt Kunst und Geschichte von Frauen – interdisziplinär und international. Themenausstellungen greifen aktuelle Diskussionen und wissenschaftliche Forschungsergebnisse auf. Insbesondere die Geschichte der Frauen von matriarchaler Vorzeit bis in unsere Gegenwart wird lebendig dargestellt.
Wer zum ersten Mal in dieses Museum kommt, der staunt in der Regel nicht schlecht: Das Bonner Frauenmuseum ist mit Sicherheit kein Museum, das sich in die Phalanx der rheinischen Museumslandschaft nahtlos einfügt. Warum nicht?
Dieses Museum ist definitiv näher am Puls der Zeit: Die Ausstellungen greifen aktuelle Fragen, wissenschaftliche Forschungsergebnisse und politische Diskussionen auf. Darunter brisante Themen wie Sexhandel, Mythos Mutter, Frauenwahlrecht, Alleinerziehende, Frauen der Weltreligionen. Das Frauenmuseum ist schneller als andere: Die Themenausstellungen wechseln im Schnitt alle drei Monate. Und es ist ein Museum, das weit mehr unternimmt als klassische Ausstellungstätigkeit. Die Kunstmesse im November und die Mode- und Kunstkleidermesse im März sind solche Highlights. Spätestens an solchen Wochenenden wird auch dem letzten Besucher klar: Das Frauenmuseum ist ein offenes Haus, ein Labor, bereit für viele Experimente und noch nicht Erprobtes. Hier gibt es die innovativen Dinge zu sehen, die noch nicht unter dem Diktat des Kunstmarktes stehen, sondern noch frisch (im wahrsten Sinne des Wortes) sind. Klar, diese Museumsphilosophie ist auch eine Herausforderung für Besucher. Hier geht es nicht um Kunstkonsum, sondern vor allem um das aktive Kunsterlebnis – leichter ist: ein Picasso ist eben ein Picasso, ein Picasso…
Dürfen Männer ins Frauenmuseum? Klar: Für nur 4,50EUR dürfen sie sich bilden und inspirieren lassen und mittlerweile erlauben die Museumsfrauen ausgewählten Künstlern sogar im Haus auszustellen.
Gegründet wurde das Museum 1981 von Marianne Pitzen, der heutigen Direktorin, und einer Gruppe interdisziplinär arbeitender Frauen. Getragen wird es unter anderem vom Verein \”Frauenmuseum – Kunst, Kultur, Forschung e.V.\” mit knapp 400 Mitgliedern. Mittlerweile schaut das Frauenmuseum auf über 600 Ausstellungen zurück und ist mit seinen umfangreichen Begleitprogrammen, dem Kinderatelier und drei unterschiedlichen Archiven längst zu einer auch international anerkannten Institution geworden. Den Modellcharakter des Museums als Werkstatt, Ideenpool und Laboratorium unterstützen zusätzliche Atelierräume für Künstlerinnen. Seit Bestehen des Museums wurden Arbeiten von mehr als 2500 Künstlerinnen gezeigt. Viele von ihnen konnten sich inzwischen auf dem internationalen Kunstmarkt etablieren. Das Frauenmuseum Bonn ist außerdem Sitz des 2012 gegründeten Verbandes International Association of Women’s Museums.
Ausstellungen:
19.4. bis 8.11.2015
Frauen in Krieg und Frieden 15 – 45 – 15. Geschichte, Dokumente und zeitgenössische Kunst.
21.6. – 16.8.2015
Homa Emami: Im Labor der Zeichen und Dinge.
23.8. – 11.10.2015
Marlen Seubert: Projektionsfläche Haut
13.11. – 15.11.2015
25. Kunstmesse
Kontakt
Frauenmuseum
Dr. Klaudia Nebelin
Im Krausfeld
53111 Bonn
0228 92 89 45 27
klaudia.nebelin@frauenmuseum.de
http://www.frauenmuseum.de