Geplante und zum Teil bereits im Bau befindliche Hochspannungsleitungen sind extrem teure Maßnahmen, um überschüssige Ökostrom zu entsorgen. Jedes zusätzliche Windkraftwerk und Solarkraftwerk verschlimmert die Situation.
Politiker und Journalisten bejubeln den Zubau von Windstromanlagen, Solarstromanlagen und Biogasstromanlagen. Sie träumen in ihrer Verwirrung von einer hundertprozentigen Versorgung Deutschlands mit Ökostrom. Versorgungssicherheit, Wirkungsgrad und Kosten sind bedeutungslos. Allgemein ist man wohl der Ansicht: “Das werden die Ingenieure schon in den Griff bekommen.” So soll der Süden Deutschlands mit Windstrom aus dem Norden versorgt werden, um thermische Kraftwerke in Bayern abschalten zu können. Drei neue Stromtrassen für Höchstspannung sollen durch den Thüringer Wald, das waldreiche Hessen und durch die Nordsee nach Norwegen zu einem viel zu kleinen Pumpspeicherkraftwerk gebaut werden.
Teurer Stromtransport
Die politischen Planer ignorieren unbelastet durch Fachwissen den teuren Stromtransport und nehmen beachtliche Stromverluste durch elektrischen Widerstand in Kauf. Strom erwärmt die Leitungen und gibt so Energie an die Umwelt ab. Auch entstehen rund um Wechselstromleiter elektromagnetische Felder, die ebenfalls Verluste herbeiführen. Als Faustregel werden je 100 Kilometer Leitungslänge 1 bis 3 Prozent der elektrischen Energie in Wärme umgewandelt, wenn man die Transformatoren und Umrichter mit einbezieht. Daher gilt seit vielen Jahren in der Stromwirtschaft der Grundsatz: Ab 200 km ist der Transport von Brennstoff zur Stromerzeugung preisgünstiger als die Leitung über eine Stromtrasse. Kraftwerke werden aus gutem Grund immer in Verbrauchernähe gebaut.
Die Naturgesetze ignorierend, sollen neue Stromtrassen teuren und unzuverlässigen Windstrom von Norddeutschland, aus der Nordsee und aus der Ostsee nach Süddeutschland leiten. Überschüssiger Strom soll Wasser in die Oberbecken von Pumpspeicherkraftwerken pumpen. Da Deutschland nur über geringe Speicherkapazitäten verfügt, wird auch erwogen, ein norwegisches Speicherkraftwerk zu nutzen. Welche Kosten verursachen diese wahnwitzigen Pläne?
Nord-Süd-Trassen verdoppeln die Stromkosten
Windstrom an Land wird mit neun Cent je Kilowattstunde vergütet. In der Verteilerstation wird er mit Transformatoren auf 380.000 Volt umgeformt. Hochspannung bedeutet geringere Stromstärke und weniger Verlust durch elektrischen Widerstand. Bis hierher betragen die Verluste bereits drei bis fünf Prozent. Per Hochspannungstrasse geht es dann mit rund 10 Prozent Verlust nach Süddeutschland. Transformatoren passen die Spannung wieder an die Verteilernetze an, wo weitere Verluste von drei bis fünf Prozent entstehen, bis Strom verbraucht wird. 15 bis 20 Prozent der elektrischen Leistung gehen so verloren: Strom gemessen in Ampere mal Spannung gemessen in Volt ergibt die Leistung gemessen in Watt. Allein durch diese Stromverluste verteuert sich jede Kilowattstunde um rund zwei Cent.
Wesentlich mehr kosten allerdings die Technik und die Rohstoffe für den Stromtransport. Nach Angaben von Tennet werden für einen Kilometer Höchstspannungsleitung mehr als eine Million Euro fällig. Für Erdkabel steigen die Kosten aufgrund der aufwändigeren Isolation auf acht Millionen Euro je Kilometer an. Rechnet man für Zinsen, Abschreibungen und Betriebskosten nur zehn Prozent der Baukosten, liegen die Netzkosten für den Stromtransport über 100 Kilometer bei etwa 0,5 Cent je Kilowattstunde für Überlandleitungen. Erdkabel sind deutlich teurer, nämlich vier Cent je Kilowattstunde. Der Strompreis für norddeutschen Windstrom dürfte sich bei der Anlieferung in Bayern damit mehr als verdoppelt haben – ohne Mehrwertsteuer, ohne Stromsteuer, ohne Konzessionsabgabe und weiteres mehr.
Off-Shore Strom wird noch teurer
Im Meer erzeugter Windstrom soll angeblich das Rückgrat der deutschen Stromversorgung bilden. Mit welcher Mathematik Politiker rechnen, bleibt ein Rätsel. Windstrom vom Meer wird nach dem unsinnigen und unsozialen Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) mit 19 Cent je Kilowattstunde vergütet. Hinzu kommen die Transportkosten an Land durch aufwändige Leitungen mit fünf Cent je Kilowattstunde. Salzwasser leitet Strom noch besser als feuchter Erdboden, was den Isolationsaufwand für Seekabel extrem in die Höhe treibt. Dieser teure weitergeleitete Strom geht dann den gleichen Weg wie zuvor beschrieben. Einschließlich aller anderen Abgaben kostet er für den Endabnehmer in Bayern etwa 50 Cent je Kilowattstunde. Der Bayrische Ministerpräsident Horst Seehofer hat offensichtlich Recht, solange er den Sinn geplanter Stromtrassen anzweifelt und sein Einverständnis verweigert.
Pumpspeicher können nur zu hohen Kosten Bedarfsspitzen abdecken
Ferner spukt in politischen Wirrköpfen die Meinung herum, es gäbe Speicher, um unberechenbare und stark schwankende Windstrommengen und Solarstrommengen bedarfsgerecht einzuspeisen. So viele Speicher kann es niemals geben, von den Kosten ganz zu schweigen. Speicherkraftwerke sind die preisgünstigsten Speicher. Das Pumpspeicherwerk Goldisthal in Thüringen soll als Beispiel dienen. Es hat eine Leistung von rund 1.000 Megawatt, also die Leistung eines Kernkraftwerkes oder eines großen Kohlekraftwerkes. Es kann 8.000 Megawattstunden Strom speichern. Wird die volle Leistung abgerufen, ist der Speicher nach acht Stunden leer. In diesen acht Stunden liefert das Pumpspeicherwerk weniger als zwei Prozent des deutschen Strombedarfs und danach nichts mehr. Zu welchen Kosten wird gespeichert?
Die Energieverluste des Speicherkraftwerkes betragen 20 bis 25 Prozent. Dies scheint vertretbar zu sein. Doch die Betriebskosten und Kapitalkosten des Speicherkraftwerkes sind extrem hoch. Wird das Speichervolumen zwölfmal im Jahr umgesetzt, was der Anzahl längerer Flauten jährlich entspricht, kostet das Speichern rund 60 Cent pro Kilowattstunde. Zusammen mit den hohen Einspeisevergütungen für Ökostrom und den Kosten für die langen Trassen kostet Strom, der aus einem Speicherkraftwerk kommt, mindestens 100 Cent je Kilowattstunde, also mehr als das Dreifache des heute bereits überteuerten Strompreises in Deutschland. Speicherstrom war und ist nur sinnvoll, um kurzzeitige Bedarfsspitzen im Stromnetz aufzufangen. Thermische Kraftwerke hingegen erzeugen Strom bedarfsgerecht und brauchen keine Speicher.
Nordseeleitung entsorgt Ökostrom: Norwegen profitiert
Auch wer mit Stromwirtschaft nicht vertraut ist, dürfte verstehen, dass es wirtschaftlich unsinnig ist, teuren Ökostrom nach Norwegen zu schicken, ihn dort in Pumpspeicherkraftwerken in kinetische Energie umzuwandeln, um bei Bedarf erneut Strom zu erzeugen, der dann verlustreich den langen Weg zurück an die deutsche Küste und bis nach Süddeutschland geleitet wird. Die Verluste addieren sich auf 50 Prozent. Die Kosten werden untragbar. Der Witz ist jedoch, dass Norwegen hat nur ein einziges kleines Pumpspeicherkraftwerk hat, das laut Wikipedia gerade ein Viertel der Durchsatzleistung des geplanten Seekabels aufnehmen kann. Zusätzliche Pumpspeicherkraftwerke sind aus Naturschutzgründen in Norwegen kaum durchsetzbar. Außerdem werden sie nicht gebraucht.
Warum werden Stromkunden in Deutschland durch solche Hirngespinste getäuscht, die als Meilenstein der sogenannten Energiewende gefeiert werden? Hintergrund ist, den unwirtschaftlichen und unzuverlässigen Ökostroms entsorgen zu müssen. Mit jeder neuen Ökostromanlage wächst die Strommenge, die nicht verwertet werden kann. Deshalb werden Windkraftwerke und Solarstromkraftwerke automatisiert abgeschaltet, um die Spannung im Verbundnetz stabil zu halten. Überkapazitäten werden an der Leipziger Strombörse zu Dumpingpreisen verschleudert und häufig sogar unter Zuzahlung entsorgt.
Lange Leitungen vernichten Strom, der negativ in Statistiken aufgeführt werden müsste. Teurer deutscher Ökostrom wird generell zu Dumping-Preisen weit unter dem Gestehungspreis verkauft. Dies wäre für Norwegen finanziell vorteilhaft. Durch die geplante Nordseeleitung wird der Strom zwar teurer, ist aber immer noch sehr preiswert, wenn er in Norwegen ankommt. Die starken Schwankungen der Ökostromlieferungen kann Norwegen mit seinen vielen gut regulierbaren Wasserkraftwerken neben dem einen Pumpspeicherkraftwerk leicht ausgleichen. So würde Deutschland unbrauchbaren und die Netzstabilität störenden Ökostrom mit hohem Kostenaufwand zum finanziellen Nutzen von Norwegen entsorgen. Mit Österreich wird dies bereits erfolgreich auf Kosten der deutschen Stromkunden praktiziert.
Prof. Dr. Hans-Günter Appel
2. Vorsitzender und Pressesprecher NAEB e.V. Stromverbraucherschutz
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