IT-Umstellungen und Ihre großen und kleinen Katastrophen
immer zu Beginn eines neuen Jahres ist es wieder soweit. Neue IT-Systeme werden eingeführt, vielfach mit großen und größten Schwierigkeiten. Aufträge können dann nicht erfasst, Produktionen nicht geplant, Rechnungen nicht geschrieben, Zahlungen nicht gebucht oder Mahnungen nicht gedruckt werden um nur einige Bereiche zu nennen. Es beschleicht uns das Gefühl, das das Unternehmen zum Stillstand gekommen ist. Chaos, Chaos überall, man hört die Rufe “Hilfe, Hilfe wir ertrinken”, doch wer rettet uns?
Funktionsfähigkeit als erstes
Wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist, ist es nass, da kann man leider nichts mehr dran ändern. Jetzt muss der erste Blick auf die Funktionsfähigkeit des Unternehmens ausgerichtet sein, nicht auf Schadenersatzansprüche. Wie man Zeit damit vergeudet, über Schuld oder Schadenersatz nachzudenken, statt über die Lösung des Problems, hat man bei der Einführung des Mautsystems in Deutschland gesehen. Jeder verschwendete Tag in einem Unternehmen kostet viel Geld. Hier anzusetzen, ist vorrangig für den Geschäftserfolg.
Erst mal Frust abbauen
Da sind jetzt die frustrierten Mitarbeiter, die in ihrer täglichen Arbeit gehemmt sind. Einzelne nicht funktionierende Bereiche werden leicht auf das ganze System übertragen nach dem Motto: “Nichts geht mehr”. Würde man genauer hinschauen, ließe sich feststellen, dass das System zumindest in Teilbereichen funktionieren könnte, wenn man es ließe. Hier gilt es schnell ein Ventil zu schaffen, über das die einzelnen User ihrem Ärger Luft machen können. Am besten geschieht dies über ein internes Forum zu diesem Bereich, gekoppelt mit einer permanent besetzten Hotline. So lässt sich ein Großteil der kleinen Probleme schnell beheben.
Prozesse untersuchen und angleichen
Auch das Projektteam, das die Software-Einführung begleitet hat, bekommt jetzt eine neue wichtige Funktion. Anhand der Beschwerden aus den Fachabteilungen muss überprüft werden, ob die Probleme auf eine falsche Software-Programmierung oder einen nicht funktionierenden Geschäftsprozess zurückzuführen sind. Programmierfehler sollten normalerweise schnell behoben sein. Geschäftsprozesse müssen in den Einzelschritten auf Logik und Schnittstellen überprüft werden. Neue ERP-Systeme wie SAP sind i.d.R. abteilungsübergreifend. Geschäftsprozesse sind oft auf diese ineinandergreifende Funktion des Systems nicht vorbereitet und müssen angepasst werden.
Vorbeugen ist besser als reparieren
All diese Löcher, die jetzt geflickt werden müssen, hätte man natürlich im Vorfeld vermeiden können. Da, wo jetzt herumgedoktert, wird, sind die Fehler vorher gemacht worden. Das liegt daran, dass neue Systeme heute in den meisten Fällen nur technisch, nicht organisatorisch eingeführt werden. Nachdem sich ein Unternehmen für eine Software entschieden hat, kommen IT-Spezialisten und ermitteln zusammen mit dem Unternehmen die Anforderungen für das neue System. Sie fügen auf Wunsch die eine oder andere kleine Verbesserung hinzu und programmieren die Software für den gewünschten Einsatzzweck.
Wer fragt nach bestehenden Prozessen
Viel Programmierarbeit wird dabei z.B. verschwendet, dem Unternehmen unabhängig von Aussagekraft und Effektivität Auswertungen in möglichst ähnlicher Form wie bisher zu liefern. Eingeweihte kennen die Probleme von sprechenden Artikelnummern oder unnötig komplexen Prozessabläufen. Fast niemand der IT Consultants kommt auf die Idee, solche Geschäftsprozesse in Frage zu stellen, wenn sie nicht extrem von Standardprozessen abweichen. Warum auch, extra Programmierung bringt der Software-Firma extra Geld bei der Einführung und bei jedem Update.
Organisation und IT gehören zusammen
Besser dagegen wäre, wenn Mitarbeiter eines Unternehmens mit Organisationsberatern im Vorfeld einer Softwareeinführung die Unternehmensprozesse erfassen und auf Effektivität, Optimierung und Schnittstellenproblematiken überprüfen. Keep it simple wird immer erzählt und selten gelebt. Die beste Darstellung der Prozesse und Auswertungen wird dann das Pflichtenheft fürs neue System. Die Umsetzung durch die IT Firma muss von diesem Team begleitet, überwacht und auf Funktionsfähigkeit überprüft werden. Eine solche Vorgehensweise spart jedem Unternehmen viel Geld, verkürzt garantiert Software Einführungen und wird neue Systeme zu einem bedeutend höheren Wahrscheinlichkeitsgrad ohne Schwierigkeiten in einem Unternehmen etablieren. Aber kaum ein Unternehmen geht so vor.
Warum solche Missstände
Wenn man nun versucht, den Gründen nachzugehen, warum IT-Systeme nicht systematisch eingeführt werden, kommt man schnell zum Kern dieses Problems. IT-Konzepte beschäftigen sich nicht mit der Optimierung von Arbeitsprozessen, denn nicht für jeden zu optimierenden Arbeitsprozess braucht man Software. Software Angebote enthalten keine Bereiche der Prozessoptimierung, sie würden sich sonst verteuern. Aber das Wesentlichste ist; wenn ein IT-Consultant den Wunsch eines Unternehmens erfüllt, also abbildet, was im Unternehmen im Moment geschieht, macht er subjektiv keinen Fehler. Warum sollte er also versuchen, auf Prozessoptimierungen hinzuweisen, die er zum einen nicht bezahlt bekommt und die ihn zum anderen mit Verantwortung belasten, wenn der neue Prozess hinterher nicht funktioniert. Mal abgesehen davon, ob dieser Consultant als Programmierer dazu überhaupt von seinem Erfahrungs- und Wissenspotential in der Lage ist.
An die eigene Nase packen
Der tiefere Grund liegt also im Unternehmen, das die Weichen stellt. Es muss Mitarbeiter mit Organisationsberatern und IT-Consultants zusammenbringen und diese zuerst getrennt und dann zusammen den Prozess entwickeln, begleiten, kontrollieren und implementieren lassen. Das wird zu echten Verbesserungen im Unternehmen führen mit optimierten Organisationsstrukturen und IT-Systemen zu geringeren Kosten. Natürlich auch zu einfacheren Implementierungen der neuen Programme. Da wird niemand mehr ertrinken, denn alle sitzen dann in einem Boot. Was zum Schluss aber auch nicht vergessen werden sollte: Moderne IT-System wie z.B. SAP beginnen in ihren wirklichen Möglichkeiten zur Unternehmensoptimierung erst mit der Einführung. 90% aller IT-Budgets schließen aber mit der Einführung des Systems ab. Das ist in etwa so, als wenn man sich einen Düsenjäger kauft und ihn anschließend über die Straße schiebt. Dafür hätte ein Handwagen auch gereicht.
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