Härtetest in Großbritannien für kabellos geladene Elektrobusse -Transportministerin: “Wenn es hier funktioniert, wird es überall funktionieren

Wirtschaftlicher, grüner Nahverkehr könnte pro Jahr und Bus 18.000 Euro sparen

Im Härtetest: Kabellos geladener Elektrobus Streetlite

Milton Keynes (UK). Ein britisches Pilotprojekt könnte kabellos geladenen Elektrobussen endgültig zum Durchbruch verhelfen: Milton Keynes, eine Stadt 70 km nordwestlich von London, ersetzt erstmals alle Dieselbusse einer Buslinie durch Elektrobusse. Innerhalb von fünf Jahren sollen die acht Busse der Elektroflotte beweisen, dass sie täglich auf einer sehr anspruchsvollen Buslinienstrecke gegenüber Dieselbussen, bezüglich Verfügbarkeit, Komfort, Kosten, etc., bestehen können. 17 Stunden sollen die Elektrobusse im 15-Minuten-Takt im Einsatz sein und damit umweltschädliche Dieselbusse überflüssig machen. Möglich wird dies durch quasi unsichtbare Ladespulen, die die Energie praktisch nebenbei kabellos übertragen und umständliche Kabel und Stecker überflüssig machen. Pro gefahrene Stunde müssen die Busse jeweils zehn Minuten laden – wobei die Stehzeiten an den Bushaltestellen genutzt werden können. Die Projektbetreiber schätzen, dass durch die niedrigeren Energiekosten im Vergleich zu Dieselbussen pro Jahr bis zu 18.000 Euro eingespart werden können. Die Buslinie transportiert derzeit über 775.000 Passagiere pro Jahr auf insgesamt 724.205 km. Durch die Null-Emissions-Busse sollen etwa fünf Tonnen an Feinstaub-Partikeln und schädlichen Abgasen und rund 270 Tonnen CO2 pro Jahr vermieden werden. In das Projekt fließen umgerechnet rund 770.500 Euro aus dem britischen “Green Bus Fund.” Hinter dem kabellosen Gelegenheitsladen steckt eine deutsche Firma aus Efringen-Kirchen: IPT Technology GmbH, ein Tochterunternehmen von Conductix-Wampfler. Inductive Power Transfer, die kabellose Übertragungslösung des Unternehmens, funktioniert durch magnetische Resonanzkopplung. Eine mit dem Stromnetz verbundene Spule, die sich unter dem Asphalt befindet, überträgt den Strom zu einer zweiten Spule im Unterboden der Elektrobusse.

Transportministerin: “Wenn es hier funktioniert, wird es überall funktionieren”

“Das ist ein sehr wichtiges Pilotprojekt. Der Ansatz des kabellosen Ladens könnte mit den Mythen rund um die Elektromobilität aufräumen”, so Großbritanniens Transport-ministerin, die auf die kurze Reichweite herkömmlicher Elektrobusse anspielt. “Ich hoffe, dieser Alltagstest wird die Machbarkeit von kabellos geladenen Bussen zeigen. Wenn es hier funktioniert, wird es überall funktionieren.” Susan Kramer, ehemalige Finanzmanagerin, wurde vor drei Jahren geadelt und trat in das britische Oberhaus ein. Zum Launch der Elektrobusflotte in Milton Keynes kommt sie beispielhaft mit dem Zug. “Ich fahre kaum selbst Auto, besitze aber ein Hybridfahrzeug. So oft ich kann nutze ich öffentliche Verkehrsmittel,” so Kramer. Busse seien das Rückgrat des öffentlichen Nahverkehrs in Großbritannien. Tatsächlich hat das britische Parlament Busunternehmen 2012 mit über 340 Mio. Pfund (410 Mio. Euro) direkt unterstützt. Der Green Bus Fund verfügt in der vierten Runde über 20 Mio. Euro. Zusätzlich können sich britische Verkehrsbetreiber um insgesamt 93 Mio. Euro aus dem Local Sustainable Transport Fund bewerben.

Projektleiter John Miles, Professor in Cambridge: “Der Schlüssel ist das Geld”

John Miles, Consultant bei der Beratungsgesellschaft Arup und Professor für Energie an der Universität Cambridge, freut sich besonders, dass das Projekt Wirklichkeit geworden ist. “Wir hatten einige Nahtoderfahrungen, bis es soweit war”, berichtet er mit einem Lächeln. Glücklicherweise sei die Stadt Milton Keynes jedoch sehr ehrgeizig, was Nachhaltigkeit und eine lebenswerte Umwelt betrifft. Die “Ermöglichungsgesellschaft” eFleet Integrated Services (eFis) bündelt die Interessen aller Projektbeteiligten. Als Unternehmenstochter des Joint Ventures des japanischen Mischkonzerns Mitsui und des Ingenieur- und Beratungsunternehmens ARUP übernimmt eFis die treibende Projektrolle, indem es die Ladestationen und Elektrobusse bezahlt und diese an den Busbetreiber Arriva zum Preis von Dieselbussen vermietet. Passend zum Umweltgedanken stammt der Strom für die Testflotte aus erneuerbaren Energiequellen. Das hat eFis mit dem britischen Energieversorger SSE vertraglich festgelegt. “Wir erwarten, dass sich unsere Investitionen auszahlen – in etwa drei bis vier Jahren”, so Miles. Dass das Pilotprojekt ausgerechnet in Milton Keynes stattfindet, sei kein Zufall: “Im Gegensatz zu London, wo es 33 einzelne Kommunen gibt, hat man hier eine einheitliche Autorität.” Das vereinfache Entscheidungen. “Der Schlüssel ist das Geld”, fasst Miles zusammen. “Wenn wir beweisen können, dass kabellos geladene Elektrobusse nicht nur sauber und leise, sondern auch wirtschaftlich sind, werden andere Städte unserem Beispiel folgen.” Um den Nachweis der Kosteneffizienz zu erbringen, werden an der Universität Cambridge alle technischen und wirtschaftlichen Daten gesammelt und ausgewertet.

Mark Mitchell, WrightBus: “Kabellos geladene Elektrobusse könnten die Zukunft sein”

Der Busentwickler und -hersteller WrightBus arbeitet bereits seit Jahren an der Reduktion des Treibstoffs für Linienbusse. So verbraucht der Doppeldecker-Hybridbus von Wrightbus bereits 40 % weniger Diesel als herkömmliche Busse. Geschäftsführer Mark Mitchell ist überzeugt, dass Elektrobusse langfristig die Zukunft sind. Die Firma entwickelte bereits vor etwa 12 Jahren erste Elektrobusse und entwickelte vor zwei Jahren deren Konzepte zum gegenwärtigen Fahrzeug weiter. Die treibende Kraft dahinter war einer der Firmengründer Dr. William Wright. Er hatte die induktiv geladenen Elektrobusse in Turin gesehen und mochte die Idee. In Italien funktioniert das System bereits seit über 10 Jahren erfolgreich. Für das Pilotprojekt in Milton Keynes nutzte WrightBus den 9,5 Meter langen Streetlite Elektrobus und entwarf ein maßgeschneidertes Elektro- und Mechaniksystem für die induktiven Ladespulen. Außerdem wurde der Bus mit Lithium-Mangan-Batterien ausgestattet. Diese zeichnen sich durch ihre hohe Eigensicherheit und Hochstromfestigkeit aus. Sie haben eine Kapazität von 150 kWh. Bis zu 46 Passagiere können mit einem Streetlite Elektrobus transportiert werden. Noch ist es zu früh, über konkrete Marktpreise zu sprechen. Doch je nach Nachfrage denkt WrightBus über eine Serienproduktion von Elektrobussen nach, die mit Induktionsspulen ausgerüstet sind. “Die Technologie entwickelt sich schnell”, so Mitchell. “In drei bis vier Jahren kann sie bereits weitverbreitet sein.”

Busfahrer mögen die kabellos geladenen Elektrobusse

Arriva hat die Fahrer der Elektrobusflotte speziell geschult. Wie sind die ersten Praxiserfahrungen? Marc Jones, Fahrschullehrer für Busse bei Arriva, überlegt nicht lange: “Das ist die Zukunft”, sagt er spontan. Wenn man ihn fragen würde, welche Busse er in Zukunft am liebsten fahren würde, er würde statt Dieselbusse nur noch Elektrobusse mit Gelegenheitsladung fahren. Sein Kollege John Tanner pflichtet ihm bei: “Eine sehr gute Sache, von der ich zuvor nie gehört hatte. Vor allem die kurzen Ladezeiten gefallen mir. Die zehn Minuten liegen im Rahmen des normalen Fahrplanes.” Auch Andrew Price, ebenfalls Fahrschullehrer für Busse steht der neuen Technologie sehr positiv gegenüber. “Ich mag die Elektrobusse und das Ladesystem wirklich. Wenn man es ein paar Mal gemacht hat, ist die Positionierung über der Ladespule ganz einfach.” Ein farblich markierter Bordstein genügt vielen Busfahrern beim Einparken über der Spule. Zusätzliche Kontrolle bietet eine Kamera am Fahrzeugunterboden.

Bildrechte: Arup, MASP

IPT-Technologie ist ein Spin-Off der Conductix-Wampfler GmbH (www.conductix.com) und setzt die Tradition der induktiven Energieübertragungslösungen seit 1996 bei Wampfler fort.

Kontakt
IPT Technology
Mathias Wechlin
Im Martelacker 13
79588 Efringen-Kirchen
+49(0) 76 21/6 62-287
mathias.wechlin@ipt-technology.com
http://ipt-technology.com

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