Preisverleihung
Forschen für ein Leben ohne Lungenhochdruck
Bremen, 27. März 2014. Zum elften Mal wurde der mit 5.000 EUR dotierte Forschungspreis der gemeinnützigen Rene Baumgart-Stiftung für wissenschaftliche Arbeiten auf dem Gebiet der pulmonalen Hypertonie ausgeschrieben.
Im Rahmen des 55. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e.V. in Bremen wurde der Preis an zwei Arbeiten verliehen. Zum Einen an Frau Dr. rer. Nat. Michaela Matthey und Dr. med Daniela Wenzel, Universitätsklinikum Bonn, für deren gemeinsame Arbeit und zum Anderen an Herrn Dr. Gábor Kovács, Universitätsklinikum Graz.
Herr Dr. Matthias Borst, Caritas Krankenhaus Bad Mergentheim, sprach die Laudatio. Hans-Dieter Kulla, 1. Vorstand des gemeinnützigen Selbsthilfevereins pulmonale hypertonie e.v. und Anne-Christin Kopp, Cousine des Namensgebers der Stiftung, überreichten den Preis.
Insgesamt wurden fünf hochqualifizierte Arbeiten eingereicht, die eine Entscheidung der Jury nicht leicht machten, berichtet Dr. Borst aus Bad Mergentheim. Die prämierten Arbeiten entsprechen den wichtigen Bewertungskriterien wie Originalität, Innovation und klinische Relevanz.
Die beiden Preisträger Wenzel und Matthey stellten in Ihrer Forschungsarbeit “Das Endocannabinoid Anandamid ist ein Mediator der hypoxischen pulmonalen Vasoconstriktion” fest, dass das Endocannabinoid Anandamid in der Lunge durch das Enzym Fettsäureamidhydrolase (FAAH) zu Arachidonsäure und weiter zu vasokonstriktorischen Eikosanoiden abgebaut wird. Dieser Signalweg
spielt eine entscheidende Rolle bei der hypoxischen pulmonalen Vasokonstriktion sowie der Entstehung der pulmonalen Hypertonie.
Endocannabinoide sind vom Körper selbst produzierte Cannabinoide. In den vergangenen Jahren wurde entdeckt, dass sie wichtige Funktionen bei der Regulation der Homöostase in verschiedenen Organen ausüben. Ihre Bedeutung in der Lunge blieb jedoch weitestgehend unklar. In der vorliegenden Studie können die Preisträgerinnen nun zeigen, dass dem Endocannabinoid Anandamid eine Schlüsselfunktion bei der Vermittlung der hypoxischen pulmonalen Vasokonstriktion (HPV) zukommt. Die HPV ist eine spezifische Reaktion von Lungengefäßen auf Sauerstoffmangel, die bei Gesunden zu einer Optimierung der Sauerstoffaufnahme in der Lunge führt. Im Zusammenhang mit Atemwegserkrankungen kann diese Reaktion aber auch zur Entstehung einer pulmonalen Hypertonie beitragen. Die Daten zeigen, dass Anandamid eine Blutdruckerhöhung in Lungengefäßen auslöst. Diese ist abhängig von der Verstoffwechselung des Anandamids durch das Enzym Fettsäureamidhydrolase (FAAH) zu Arachidonsäure und weiter zu gefäßverengenden Eikosanoiden. Die Relevanz dieses Befundes zeigt sich darin, dass die physiologische Reaktion der HPV durch die Hemmung der FAAH stark reduziert werden kann.
Gleichzeitig konnten sie demonstrieren, dass bei Sauerstoffmangel in der Lunge vermehrt Anandamid produziert wird, das dann zu Arachidonsäure und anderen Metaboliten abgebaut wird. Die Enzyme, die für die Produktion und den Abbau von Anandamid verantwortlich sind, konnten in großen Mengen in der Lunge, jedoch nur in geringem Ausmaß in anderen Organen, wie z.B. dem Herzen detektiert werden. Dies kann als Hinweis auf eine wichtige Rolle des Endocannabinoidsystems in den Gefäßen speziell in der Lunge angesehen werden. Innerhalb der Lunge fanden sie eine besonders starke Expression von FAAH in Gefäßmuskelzellen. In Analogie dazu waren pulmonale Gefäßmuskelzellen vom Menschen in vitro ebenfalls in der Lage, bei Sauerstoffmangel vermehrt Anandamid zu produzieren und abzubauen. Schließlich erwies sich der Anandamid/FAAH Signalweg auch als wichtige Stellschraube bei der Entstehung der pulmonalen Hypertonie in vivo. So waren Mäuse, denen das Enzym FAAH fehlte, vor der Entstehung der pulmonalen Hypertonie durch Sauerstoffmangel geschützt. Diese Ergebnisse weisen darauf hin, dass die Modulation der Anandamid/FAAH Achse zu potentiell vielversprechenden Therapiestrategien bei der pulmonalen Hypertonie führen könnte.
Die zweite ausgezeichnete Arbeit war “Null Referenzlinie für Rechtsherzkatheteruntersuchungen” von Erstautor und Preisträger: Dr. Gábor Kovács, Universitätsklinikum Graz:
Die Klinische Abteilung für Pulmonologie der Medizinischen Universität Graz und das Ludwig Boltzmann Institut für Lungengefäßforschung arbeiten auf dem Gebiet des Lungenhochdrucks eng zusammen. Eine aktuelle Arbeit der Gruppe beschäftigt sich mit der optimalen “Nullabgleichung” bei der Rechtsherzkatheteruntersuchung.
Obwohl im kleinen Kreislauf bereits kleine Unterschiede im gemessenen Druck zur Änderung der Klassifizierung von Patienten mit pulmonaler Hypertonie führen könnten, liegt kein allgemeiner Konsens für eine standardisierte Null Referenzlinie (NRL) vor. Die meistverwendeten Null Referenzlinien in der liegenden Position sind “5cm unter dem Sternum”, “1/3 thorakaler Durchmesser unter der anterioren Thoraxoberfläche”, “mittlerer Thoraxdurchmesser”, oder “10cm über dem Tisch”.
Die Untersucher haben mit Hilfe von CT Thorax Abbildungen die Entfernung dieser vier NRLs voneinander und von der Mitte des linken und rechten Vorhofs bei Patienten bestimmt, bei denen eine Rechtsherzkatheteruntersuchung durchgeführt wurde. Die entsprechenden Druckunterschiede wurden berechnet.
Es wurden 196 konsekutive Patienten eingeschlossen. Die NRL beim “1/3 thorakalen Durchmesser unter der anterioren Thoraxoberfläche” lag am häufigsten (98.5%) in der Höhe des rechten Vorhofs und die NRL bei “mittlerem Thoraxdurchmesser” lag am häufigsten in der Höhe des linken Vorhofs (97.4%) vor. Sie haben einen median Druckunterschied (Range) von -0.3 (-3.0; 1.3) und 0.2 (-2.0; 1.3) von der rechten bzw. linken Vorhofmitte ergeben. Die größten Unterschiede (8.0 (2.0; 15.4) mmHg) konnten zwischen den NRL “5cm unter dem Sternum” und “10cm über dem Tisch” festgestellt werden. Entsprechend würden 59% vs. 80% von Patienten mit pulmonaler Hypertonie und 7% vs. 38% von Patienten mit erhöhtem linkskardialem Druck klassifiziert werden.
Die Wahl der NRL beeinflusst pulmonale Drucklesungen und die Klassifizierung von Patienten mit pulmonaler Hypertonie stark. “1/3 thorakale Durchmesser unter der anterioren Thoraxoberfläche” gibt in den meisten Fällen die Höhe des rechten Vorhofs und der “mittlere Thoraxdurchmesser” gibt meistens die Höhe des linken Vorhofs wider.
Die Studie führte 2013 beim Weltkongress für Lungenhochdruck in Nizza zu einer wissenschaftlichen Diskussion und zu einem gemeinsamen Konsens für den Nullreferenzpunkt.
Pulmonal arterielle Hypertonie (Lungenhochdruck)
Lungenhochdruck, medizinisch auch pulmonal arterielle Hypertonie (PAH), ist eine seltene, schwerwiegende Erkrankung, die durch eine starke Verengung der Lungengefäße gekennzeichnet ist.
Die Betroffenen leiden bereits bei geringster Belastung oder sogar in Ruhe unter Atemnot, blauen Lippen, Beinödemen, Brustschmerzen, und klagen allgemein über schnelle Erschöpfung und Ermüdung.
Die richtige Diagnose wird zumeist erst gestellt, wenn es durch die fortschreitende Druck- und Volumenbelastung des rechten Herzens zu dessen chronischem Versagen kommt. Diagnose: Bluthochdruck im Lungenkreislauf. Dieses Krankheitsbild tritt isoliert oder als Begleiterkrankung verschiedener Herz- und Lungenerkrankungen auf. Obgleich die pulmonale Hypertonie (PH) noch nicht geheilt werden kann, konnten in den letzten Jahren doch große Fortschritte in der Diagnostik und Therapie dieser Krankheit erzielt werden.
Die Rene Baumgart-Stiftung
Die Rene Baumgart-Stiftung wurde im Jahr 2001 vom gemeinnützigen Selbsthilfeverein pulmonale hypertonie e.v. gegründet und mit einen Kapitalstock von 70000 EUR ausgestattet. Seit 2004 wird jährlich ein Forschungspreis ausgelobt. Die Rene Baumgart-Stiftung fördert die klinische Forschung zur pulmonalen Hypertonie bei Kindern und Erwachsenen. Ziel ist es, durch Ursachenforschung neue Erkenntnisse über den Lungenhochdruck zu gewinnen, so dass eine frühzeitige Diagnose gestellt und mittel- und langfristig neue Therapieoptionen entwickelt werden können, die PH-Patienten nicht nur eine Stabilisierung oder Linderung der Beschwerden versprechen, sondern eine vollständige Heilung.
Der Namensgeber der Stiftung, Rene Baumgart, wurde 1971 in Aalen geboren. Als Rene 10 Jahre alt war, starb seine Mutter an Idiopathischer Pulmonal Arterieller Hypertonie (IPAH). Rene Baumgart erhielt seine Diagnose IPAH im Alter von 19 Jahren. Er erlernte den Beruf des Druckers und meldete sich nach bestandener Gesellenprüfung zur Meisterprüfung an. Kurz vor seinem Abschluss verstarb er im Alter von 23 Jahren an der tückischen Krankheit.
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Die Rene Baumgart-Stiftung fördert die klinische Forschung zur pulmonalen Hypertonie bei Kin¬dern und Erwachsenen.
René Baumgart-Stiftung
Prof. Dr. med. Werner Seeger
Rheinaustr. 94
76287 Rheinstetten
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