– Restrukturierung statt Insolvenz: Wie das Gesetz zum Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen (StaRUG) deutschen Unternehmen helfen kann
Die Insolvenzantragspflicht für Unternehmen wurde bis zum 30. April ausgesetzt. Da diese Ausnahmeregelung nicht verlängert wurde, könnte Deutschland nun eine Insolvenzwelle drohen. Laut einer DIHK-Umfrage ist jedes fünfte Unternehmen in Deutschland gefährdet. Das StaRUG soll für Betroffene eine Alternative zu einem Insolvenzverfahren bieten.
Doch was bedeutet die neue Gesetzeslage für Unternehmen in Deutschland?
Das StaRUG ermöglicht es Unternehmen die Bewältigung einer Unternehmenskrise präventiv anzugehen und sich besser für die Zukunft aufzustellen. Das zum 1. Januar 2021 in Kraft getretene Gesetz wird die Restrukturierung von Unternehmen in Deutschland nachhaltig verändern.
-Als der Kern des neuen Sanierungs- und Insolvenzrechtfortentwicklungsgesetzes (SanInsFoG) liefert das StaRUG Unternehmen in schwierigen Situationen erstmals einen gesetzlichen Rahmen für Sanierungen ohne Insolvenzverfahren.
-Das Gesetz bietet vor allem Lösungen für die finanzielle, nicht aber für die operative Restrukturierung von Unternehmen.
-Das StaRUG erlaubt es Unternehmen, Krisen vorausschauender zu begegnen.
Das StaRUG schließt die Gesetzeslücke zwischen Insolvenzverfahren und rein konsensualer Sanierung.
Das Gesetz hilft vor allem, die finanzielle Restrukturierung von Unternehmen voranzutreiben. Erstmals ist es mit einer 75%-Zustimmungsquote möglich, einzelne Gläubiger zu überstimmen und Akkordstörer zu disziplinieren. Dadurch kann die Blockadehaltung Einzelner überwunden werden. Insofern wird es leichter, den nötigen Konsens für den Eingriff in bestehende Verträge mit Lieferanten oder Kreditgebern zu erreichen. Dies erleichtert vor allem die Lösungsfindung bei fragmentierten Finanzierungsbausteinen wie etwa einem Schuldscheindarlehen. Und darüber hinaus können Gerichte zusätzliche Maßnahmen zur Stabilisierung anordnen wie etwa die temporäre Aussetzung von bestimmten Zahlungen.
Allerdings fehlen wichtige Instrumente für die operative Restrukturierung:
-Das Schuldnerunternehmen erhält nicht – wie im Gesetzesentwurf ursprünglich vorgesehen – die Möglichkeit, nachteilige Verträge zu kündigen, wie etwa bei langfristigen Mietverträgen von verlustträchtigen Standorten.
-Das StaRUG liefert auch keine Ansatzpunkte für einen Personalabbau, da der Eingriff in Forderungen von Arbeitnehmern im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis ausgeschlossen ist.
Darüber hinaus machen die neuen Gestaltungsmöglichkeiten das Verfahren insgesamt auch komplexer und teurer.
-Zur Vermeidung von Anfechtungsrisiken wird die Einbindung des zuständigen Gerichts zum Standard werden.
-Die Bestellung eines Restrukturierungsbeauftragten zur Überwachung des Verfahrens wird im Regelfall erforderlich sein.
-Dies erhöht allerdings auch die Komplexität des Verfahrens und wird deshalb für kleinere und mittlere Unternehmen in der Praxis kaum Anwendung finden.
Das StaRUG führt somit wirksame Maßnahmen für die finanzielle Restrukturierung ein, mit denen sich Krisen präventiv angehen lassen. Allerdings bietet das Gesetz keine Lösungen für die operative Restrukturierung und die erforderliche leistungswirtschaftliche Sanierung von Unternehmen. Insofern wird das StaRUG zunächst eine Nischenrolle führen und die rein konsensuale, außergerichtliche Restrukturierung in Einzelfällen unterstützend flankieren. Die Sanierung im Rahmen einer Insolvenz wird bei erforderlichen harten Einschnitten durch die spezifischen Werkzeuge (z.B. Insolvenzgeld, Kündigungsmöglichkeiten von Verträgen, Deckelung von Abfindungen) auch weiterhin eine wichtige Rolle spielen.
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