Elf Städte “outen” sich als “Blitzer-Millionäre”

Wie viele Blitzer sind in einer Stadt aufgestellt? Wie hoch sind die Einnahmen durch Blitzer? Für welche Projekte werden die Blitzer-Einnahmen verwendet? Diesen und anderen Fragen ist die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des DAV (Deutscher Anwaltverein) e.V. in den vergangenen Monaten im Rahmen einer Blitzer-Umfrage bei 150 Städten nachgegangen.

Verkehrsanwaelte

Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht zieht nach dem Verlauf der Aktion zunächst einmal eine sehr ernüchternde Bilanz. “Von den angeschriebenen Städten haben wir bisher nur 34 Fragebögen, zum Teil mit unvollständigen Angaben, zurückbekommen. Sechs dieser Städte haben außerdem die übermittelten Daten nicht zur Veröffentlichung freigegeben”, erklärt Dr. Daniela Mielchen, Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) e.V. Die Auskunftsverweigerung vieler Stadtverwaltungen legt nach Ihrer Meinung die Vermutung nahe, dass sich viele Städte durch die Blitzer-Einnahmen nur bereichern wollen.

Blitzer-Einnahmen: Stuttgart in Front
Auch wenn das vorliegende Datenmaterial nicht so umfangreich ist wie geplant, so liefert es nach Ansicht der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht dennoch einige interessante Ergebnisse. Gemessen an den genannten Blitzer-Einnahmen 2012 liegt Stuttgart mit 7,9 Mio. Euro vor Dortmund mit rd. 7,0 Mio. Euro, gefolgt von Düsseldorf (5,3 Mio. Euro), Freiburg (4,1 Mio. Euro) und Mannheim (3,4 Mio. Euro). Zu den “Blitzer-Millionären” gehören ebenfalls Nürnberg, Frankfurt, Bonn, München, Pforzheim und Kaiserslautern. Die von 25 Städten genannten Blitzer-Einnahmen beliefen sich im vergangenen Jahr auf insgesamt rd. 61,6 Mio. Euro.

Unter Berücksichtigung der vom Kraftfahrt-Bundesamt am 1.1.2013 veröffentlichten Pkw-Bestände ergibt sich bei der Auswertung hinsichtlich des Bußgeldes je zugelassenem Pkw folgendes Ranking: Freiburg im Breisgau rangiert mit rd. 47,38 Euro deutlich vor Stuttgart mit 28,07 Euro und Dortmund mit 27,75 Euro. Auf den weiteren Plätzen folgen Brandenburg-Stadt (26,25 Euro), Pforzheim (25,45 Euro), Solingen (25,08 Euro) und Mannheim (24,05 Euro).

Über 500 stationäre und mobile Blitzer
Überraschenderweise geben die meisten Städte an, dass ihre Blitzer-Einnahmen gegenüber den Vorjahren konstant geblieben sind bzw. dass sie sich nicht erhöht haben (darunter Mannheim, Castrop-Rauxel, Düsseldorf, Bonn und Augsburg) oder sogar rückläufig sind (wie in Stuttgart, Freiburg, München und Pforzheim). Nur Dortmund, Kaiserslautern, Dessau-Roßlau und eine weitere Stadt (Name ist nicht frei zur Veröffentlichung) geben an, dass sich ihre Einnahmen erhöht haben.

Die Bundeshauptstadt Berlin, wo laut Kraftfahrt-Bundesamt Ende letzten Jahres mit ca. 1,15 Mio. die meisten Pkw zugelassen waren, machte zu den Blitzer-Einnahmen übrigens keine Angaben. Dabei verfügt die Stadt, wie aus ihren übermittelten Daten für 2013 hervorgeht, mit 22 stationären Blitzanlagen und 100 mobilen Messwagen (Geschwindigkeitsmesssysteme in polizeilichem Bestand/nicht alle aktiv) über die weitaus größte Anzahl von Geräten dieser Art. In dieser Kategorie folgen mit großem Abstand Düsseldorf (37 Anlagen stationär/mobil), Hamburg (34), Stuttgart (32), Freiburg (24) sowie Bremen und Aalen (je 20). Zusammen verfügen die 34 ausgewerteten Städte über mehr als 500 stationäre und mobile Blitzsysteme.

Eine Kuriosität am Rande: München hat lediglich eine städtisch betriebene stationäre Messstelle im Bereich eines Unfallschwerpunktes angegeben.

Bußgelder stopfen Haushaltslöcher
Fast ausnahmslos pauschal wird die Frage nach der Verwendung der Blitzer-Einnahmen beantwortet. Die meisten Angaben lauten “fließen in den Haushalt” oder ähnlich, in Einzelfällen heißt es “keine konkreten Projekte” oder “nicht zweckgebunden”. Das bestätigt aus Sicht der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht, dass bei den Autofahrern unter dem Deckmantel der Verkehrssicherheit abkassiert wird, um Löcher in den Haushaltskassen zu stopfen anstatt die Einnahmen adäquat in die Sanierung und den Ausbau des Straßennetzes zu reinvestieren.

Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht befürchtet, dass die Autofahrer nicht nur wegen der angespannten Haushaltslage vieler Städte in Zukunft weiterhin stark zur Kasse gebeten werden. Diese Skepsis ist durch den ersten bundesweiten Blitzer-Marathon am 10. Oktober, der zusätzlich Geld in die klammen Haushaltskassen gespült hat, weiter befördert worden. Wenig Gutes für die Autofahrer verheißt auch eine neue Vorschrift in Nordrhein-Westfalen, nach der die Kommunen jetzt weitgehend ohne Zustimmung der Polizei über ihre Blitzereinsätze entscheiden können. Diesem Beispiel, so die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht, dürften womöglich auch andere Bundesländer schnell nacheifern.
Die Flut der Bußgeldbescheide dürfte also nicht abebben. Nicht jeder Bußgeldbescheid sollte aber fraglos hingenommen werden. Viele sind fehlerhaft und können mit Hilfe eines Verkehrsanwalts erfolgreich angefochten werden.

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