(Mynewsdesk) Bild: Kinderdorf-Leiter Emmanuel Woode besucht Ebola-Waisenkinder in einem Übergangsheim in Kenema, Sierra Leone. SOS-Archiv
Freetown In Sierra Leone, Liberia und Guinea steigen die Infektionsraten weiter an. Jede Berührung kann tödlich enden. Aktuell sterben allein in Sierra Leone rund 25 Menschen am Tag. Tendenz stark steigend. „Don’t touch! – Nicht anfassen!“ ist derzeit das höchste Gebot für alle Menschen im Ebola-Gebiet.
Im Interview erzählt SOS-Kinderdorfleiter Emmanuel Woode aus
Sierra Leone, wie er, seine Familie, seine Mitarbeiter und die SOS-Kinder mit
dieser Extrem-Situation umgehen.
Haben Sie keine Angst, sich bei Ihren Besuchen in den
Quarantänegebieten anzustecken?
Ich habe eine Menge Ängste! Aber nur das Überleben ist jetzt
wichtig. Auch im Bürgerkrieg hatte ich Angst. Als die Rebellen Freetown
einnahmen, zitterte ich wie Espenlaub. Dann sagte ich mir: Du hast Kinder zu
schützen und stellte mich der Realität. Da verschwand die Angst und ich begann
zu tun, was nötig war. Neulich, nach einem Besuch in einem Waisenhaus in einem
der stark betroffenen Gebiete (Makeni), dachte ich, der Virus hätte mich
erwischt. Aber ich hatte Glück. Und ich erlaube mir keine Ängste!
Wie gehen Sie mit dem tödlichen Risiko um, dem Sie
sich täglich aussetzen müssen?
Es gibt ein paar gute Freunde, denen vertraue ich meine
Sorgen an. Meine Mitarbeiter und meine Familie könnten damit nicht umgehen.
Aber am meisten Stärke geben mir die Kinder. Wenn ich ihr Lachen sehe und sehe,
dass sie gesund sind, weiß ich wofür ich das alles auf mich nehme. Das lässt
mich weitermachen trotz dieses ganzen Desasters! Natürlich gilt auch für mich
unsere oberste Regel: Don‘t touch!
Wie reagiert Ihre Familie auf die Epidemie?
Meine Familie lebt in ständiger Angst. Jeden Morgen um 3 Uhr
früh weckt mich meine Frau, um mich zu fragen, ob es noch einen Flug raus aus
dem Land gibt. Mein Sohn bittet mich bei jedem Besuch der Waisenhäuser
niemanden anzufassen. Ich weiß, dass ich für sie stark sein und Optimismus
ausstrahlen muss, aber auch ich bin nur ein Mensch. Meine Familie verliert langsam
die Geduld mit mir. Weil ich ihnen nicht zuhöre, sie oft ignoriere. In den
seltenen Momenten, in denen ich Zeit habe, entschuldige ich mich bei ihnen und
versuche es zu erklären. Es ist schwer. Für sie, für mich, für alle!
Die Kinder gehen seit mehreren Monaten nicht mehr zur
Schule und sind mehr oder minder zu Hause eingesperrt. Wie meistern sie die
Situation?
Die Kinder kommen erstaunlich gut mit der Situation zurecht.
Sie sehen die Nachrichten. Sehen was Ebola anrichtet, erkennen auch den Ernst
der Lage. Aber es sind Kinder. Natürlich beschweren sie sich, dass sie
nicht raus dürfen. Wir machen ihnen dann klar, dass es ein Notfall ist; das
akzeptieren sie.
Was werden Sie tun, wenn das alles vorbei ist?
Ich suche mir irgendeinen ruhigen Ort weit weg. Dann werde
ich Gott danken, dass er mir die Stärke gegeben hat durchzuhalten und dass wir
überlebt haben.
Info: Mit der Socialmedia-Solidaritäts-Kampagne
#StandingSideBySide unterstützen wir die Menschen in den von Ebola
betroffenen Gebieten. Dafür brauchen wir Mitstreiter! Machen Sie ein Foto oder
Selfie mit dem #Hashtag #StandingSideBySide – allein, mit der Familie oder
Freunden und posten Sie es auf Facebook oder Twitter. Werden Sie zum Mutmacher!
Hier ein paar Beispiele: http://www.sos-kinderdoerfer.de/mach-mit
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Die SOS-Kinderdörfer sind eine unabhängige soziale Organisation, die 1949 von Hermann Gmeiner ins Leben gerufen wurde. Seine Idee: Jedes verlassene, Not leidende Kind sollte wieder eine Mutter, Geschwister, ein Haus und ein Dorf haben, in dem es wie andere Kinder in Geborgenheit heranwachsen kann. Aus diesen vier Prinzipien ist eine global agierende Organisation entstanden, die sich hauptsächlich aus privaten Spenden finanziert. Sie ist heute mit 550 Kinderdörfern und mehr als 1.800 SOS-Zusatzeinrichtungen wie Kindergärten, Schulen, Jugendeinrichtungen, Ausbildungs- und Sozialzentren, Krankenstationen, Nothilfeprojekte und der SOS-Familienhilfe in 133 Ländern aktiv. Weltweit unterstützen die SOS-Kinderdörfer etwa 1,5 Millionen Kinder und deren Angehörige.
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