GRÜNE LIGA/NuKLA Sachsen klagt vor den Verwaltungsgerichten. Anzeige bei Staatsanwaltschaft.
NuKLA und das Klageverfahren
Es mag erstaunlich sein, aber die Proteste gegen die massiven forstlichen Eingriffe hielten sich lange Zeit in Grenzen, waren auf Einzelpersonen beschränkt, die dann als Querulanten und emotionsgesteuerte Laien diffamiert wurden – oder kamen von außerhalb. Doch als die Femellöcher immer größer (z.B. in der Nonne) und zahlreicher und auch für normale Bürger deutlich wurde, dass sich auf der Mittelwald-Übungsfläche lediglich monotones Ahorndickicht entwickelte, wurde zunehmender Protest laut. Leipziger Naturschutzverbände verteidigten und legitimierten die Eingriffe weiterhin. Anwohner wurden von ihnen, hiesigen Wissenschaftlern und Stadtforsten in regelrechten Schulungen belehrt, wie wichtig diese forstlichen Maßnahmen seien. Seitens der Forstverwaltung wurde verlautbart, dass man wegen der Arbeitssicherheit nicht ohne Forwarder und Harvester arbeiten könne. Zudem seien die Fahrspuren der Harvester, wenn sie im Frühjahr mit Wasser gefüllt seien, Laichhabitate für Frösche (die Verfasser haben solches im Auwald noch nie beobachtet). Der Auwald würde ohne forstliche Eingriffe vergreisen, zuwachsen, zu dunkel werden, die Artenvielfalt dramatisch zurückgehen. Auch die Pflicht zur Wegesicherung musste als rechtliches (Schein-)Argument herhalten. Überhaupt hätten die Menschen schon seit der Eiszeit stark in diesen Wald eingegriffen, er sei ja kein Urwald, und wenn es hier Artenvielfalt gäbe, dann doch nur wegen der Förster! Man sei mit Unterstützung der Verbände bestrebt, Habitatbäume zu erhalten, aber natürlich müsse der Förster vor Ort entscheiden. Es würden ja dann kleine Eichen gepflanzt, Bäume, die unzweifelhaft wesentlich für die Artenvielfalt in einer Aue seien. Real bedeutet dieses Vorgehen jedoch mindestens 150 Jahre Habitatausfall.
Die Stadt Leipzig hat diverse naturschutzfachliche Gutachten in Auftrag gegeben – an Auftragnehmer, die nachvollziehbar bestrebt sind, Folgeaufträge zu bekommen (wer beißt schon die Hand, die ihn füttert?). Bei genauerem Studium dieser wissenschaftlichen Gutachten tauchen Widersprüche auf, sind Aussagen nicht eindeutig und entsprechen mitunter auch nicht den methodischen Standards. So entstand der Managementplan für das FFH-Gebiet unter maßgeblicher Mitwirkung der Forstbehörden, welche das Kunststück vollbrachten, dort v.a. ihre eigenen Wünsche und Vorstellungen einzubringen und ihre bisherige forstliche Praxis zu legitimieren! Jüngste Gutachten zur angeblichen FFH-Verträglichkeit der sog. Forsteinrichtung und des Forstwirtschaftsplans der Stadt Leipzig missachten aufs Gröbste die fachlichen Standards des Bundesamtes für Naturschutz.
Trotz aller Regulierungsbauwerke entlang der Flüsse gibt es auch in Leipzig alle paar Jahre Hochwasser. Den Auwald erreichen diese allerdings nicht, sie werden über ein System von Flutrinnen direkt an ihm vorbei geleitet und von ihm weggehalten! Im FFH-Managementplan steht seit Jahren die gegenteilige Forderung. Die für den Hochwasserschutz zuständige Landestalsperrenverwaltung setzt aber weiter ihren rein technischen Hochwasserschutz um – wogegen die Stadt Leipzig keine Einwände hat. Flussregulierungsbauwerke werden 1:1 mit Millionensummen saniert, neu gebaut, Deiche verbreitert und erhöht. Dringend notwendige Ansätze, das altmodische, technokratische Hochwasserschutzkonzept grundlegend zu überdenken, versanden also auch weiterhin. Flussabwärts steigert das bei Hochwasser nicht unbedingt die Freude der Anwohner; dort ist aber nicht mehr Sachsen. Die Stadt Halle hat hierzu nasse Erfahrungen gesammelt.1
Auch im Winter 2011 verhielt es sich so: Das Hochwasser wurde am Auwald vorbei geleitet, ein Katastrophenszenario heraufbeschworen. Dabei hatte sich lediglich ein Deich mitten im FFH-Gebiet abgesenkt. Der Wald dahinter hätte einen Deichbruch im Dienste der Auwaldökologie leicht verkraftet. Auf Antrag der LTV kam es danach zu einer beispiellos schnellen und umfassenden Entfernung zahlreicher Altbäume entlang der Leipziger Flüsse.2 Es gab für diese radikalen Rodungen nie eine Verbandsbeteiligung. Der derzeit amtierende Ministerpräsident Kretschmer äußerte jüngst sogar, man wünsche sich in Sachsen ein Verbot des Verbandsklagerechtes, weil dies wichtige Bauprojekte störe.3
Unter dem Eindruck dieser Geschehnisse gründete sich im Oktober 2011 der Verein Naturschutz und Kunst Leipziger Auwald (NuKLA e.V.). Ziel war es zunächst, mit Konzerten Spenden zu sammeln und damit Naturschutzprojekte im Leipziger Auwald zu unterstützen. Man war sich gewiss, damit bei Stadt und Verbänden auf breite Zustimmung zu treffen. Schnell geriet das Thema der geplanten wassertouristischen Nutzung der kleinen Leipziger Fließgewässer und der schleichenden ökologischen Entwertung des Auwaldes als Folge des seit 100 Jahren fehlenden Wassers in den Fokus der Aktivitäten NuKLAs. Kooperationen wurden initiiert, das AULA-Projekt, Arbeitsgemeinschaft UNESCO-Bewerbung für den Leipziger Auwald und Umgebung, entstand. Die Idee war, dem Auwald einen besseren Schutz angedeihen zu lassen. Später wurde das Ziel neu gesetzt: eine länderübergreifende Renaturierung und Schutz aller Auenlandschaften entlang der Weißen Elster mit dem Leipziger Auwald als Nukleus und Modell für einen zukunftsweisenden ökologischen Hochwasserschutz.
Die grundsätzliche Kritik am “Wassertouristischen Nutzungskonzept” der Stadt Leipzig war und ist wichtiges Betätigungsfeld von NuKLA. Erklärtes Ziel kommunaler Politik ist es, die Bergbaufolgelandschaften um Leipzig für Massentourismus in Wert zu setzen, damit Touristen per (Motor-)Boot von Hamburg bis in die Tagebauseen im Süden Leipzigs gelangen können. Dafür sind massive Bauvorhaben an den Fließgewässern geplant.
2013 gerieten forstliche Maßnahmen in den Fokus von NuKLA. Mittelwaldumwandlung, Femelungen und drastische Altdurchforstungen wurden kritisiert, während andere Naturschutzverbände schwiegen bzw. die Forstverwaltungen unterstützten. Zum besonders wertvollen, durch Bootsmassentourismus gefährdeten Batschke-Floßgraben erschienen zwei selbstproduzierte Filme, die auch in Leipziger Kinos liefen. Die Citytagungen, jährliche Auenökologiesymposien seit 2017, Exkursionen, Vorträge, Petitionen sowie die kritische Begleitung des Projektes Lebendige Luppe führten zu quantitativen und qualitativen Veränderungen der Vereinsarbeit. Die Kritik an der Forstwirtschaft mündete in die derzeit beim Oberverwaltungsgericht anhängige Klage NuKLAs gegen den Forstwirtschaftsplan 2017/18 der Stadt Leipzig und eine Strafanzeige gegen den sächsischen Staatsforst.
Der Vereinsvorsitzende Wolfgang Stoiber erhielt 2017 den Wolfgang-Staab-Naturschutzpreis. Eine wertvolle und wichtige Kooperation entstand mit Prof. Dr. Bernd Gerken, Chemiker, Forstzoologe, Ökologe und Naturschützer, inzwischen ergänzt um Kontakte zu maßgeblichen Vertretern aus der ökologischen Forstwirtschaft. Das NuKLA Aueninstitut für Lebendige Flüsse wurde gegründet. Das Kontaktnetz mit renommierten Wissenschaftlern wie Prof. P. Ibisch (u.a. Einzelsachverständiger im Deutschen Bundestag) und Prof. M. Succhow (Träger des alternativen Nobelpreises) wächst. Auch Deutschlands bekanntester Förster, Film- und Buchautor Peter Wohlleben unterstützt NuKLAs Arbeit. NuKLA ist als einziger sächsischer Verein Mitglied der BundesBürgerInitiative WaldSchutz (BBIWS). Aus dem überregionalem Austausch wird immer offensichtlicher, dass trotz aller Einzigartigkeit der lokalen Wälder die Probleme mit der modernen Forstwirtschaft überregional und ein globales Thema sind: Leipzig ist überall, überall ist Leipzig.
Durch die Stadt Leipzig durchgeführte Monitorings im Leipziger Auwald werden z.T. äußerst mangelhaft durchgeführt: 2019 wurden von einem der Autoren Brutbäume des streng geschützten Eremiten (Osmoderma eremita) in einem Auwaldbereich entdeckt, wo diese Art jahrzehntelang nicht nachgewiesen wurde – obwohl angeblich auch dieser Teil des Auwaldes seit Jahren bestens untersucht sei. Seitdem wurden im Auwald fast überall Brutbäume des Eremiten gefunden, der demnach nahezu flächendeckend im Leipziger Auwald vorkommt und hier somit ein deutsches Schwerpunkt-Vorkommen hat! Bezüglich der Zielart Mopsfledermaus wird auch immer deutlicher, dass hierzu massive Kenntnislücken vorliegen. Es stellt sich also die Frage: Was wissen wir noch alles nicht über die Verbreitung bedrohter und streng geschützter Arten im Leipziger Auwald?
NuKLA ist seit 2015 Mitglied der GRÜNEN LIGA Sachsen. Damit konnte 2018 nach vielen vergeblichen Versuchen NuKLAs, mit der Stadt dazu ins Gespräch zu kommen, die letzte Möglichkeit ergriffen werden, weitere Zerstörung im FFH- und Naturschutzgebiet zu verhindern, indem vom Klagerecht Gebrauch gemacht wurde. Seitdem ruht die Kettensäge im Auwald.
Das Klageverfahren läuft gegen die Stadt Leipzig und ihren Forstwirtschaftsplan 2018. Nachdem das Verwaltungsgericht Leipzig die Klage abgewiesen hat, ist sie nun beim Sächsischen Oberverwaltungsgericht Bautzen anhängig, das Urteil hier steht noch aus (Stand 17.04.2020). Was sicher nicht vielen bewusst ist: Das Ergebnis dieser Klage wird von großer Bedeutung sein, denn es geht im Kern um die Klärung, ob und in welcher Form forstwirtschaftliche Maßnahmen in einem FFH-Gebiet zulässig sind. Eine FFH- und Umweltverträglichkeitsprüfung unter Beteiligung der Verbände sind bereits jetzt vorgeschrieben, wurden in Leipzig jedoch nie realisiert. Es geht bei der Klage von NuKLA also um alle Wälder in FFH-Gebieten Europas: Überall ist Leipzig!
Gegen Sachsenforst, die im FFH-Gebiet verheerend ihrer ordnungsgemäßen Forstwirtschaft frönten, stellte NuKLA im Jahr 2019 zwei Strafanträge wegen erheblicher Beeinträchtigungen europäisch geschützter Lebensräume und Arten. Hier hatten die Kettensägen selbst vor 300-jährigen Stieleichen nicht Halt gemacht. Der Strafantrag für das Stadtgebiet Leipzig wurde zunächst abgelehnt. Nach einer Beschwerde bei der………….
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