(Mynewsdesk) München – Ende 2015 laufen die Millenniumsziele der UN ab. Vor 14 Jahren hatten sich 189 Staaten auf acht humanitäre Ziele verpflichtet, darunter Armut, Krankheit und Hunger deutlich zu verringern. Wie ist der Stand genau ein Jahr vor Ablauf der Frist?
In der Grenzstadt Bulawayo in Simbabwe lebt Ngoni Mandie (19) mit seiner aidskranken Mutter, seiner Großmutter und fünf jüngeren Brüdern und Schwestern in einer Zwei-Zimmer Hütte im Slum der Stadt. Schule, geschweige denn der Besuch einer Universität war für uns unerschwinglich, erinnert er sich. Die Aufnahme der Familie in ein Familienförderprogramm der SOS-Kinderdörfer und die Übernahme von Schul- und Fahrtgeld für den damals 12-jährigen Ngoni ermöglichten dem Jungen eine gute Ausbildung und den Besuch der Universität. Durch eine antiretrovirale Therapie und einen Mikrokredit erholte sich seine Mutter und betreibt eine kleine Hühnerzucht, die jetzt die Familie über Wasser hält. Eine nachhaltige Investition in die Zukunft.
Ein Jahr vor Ablauf der Frist sind Erfolge der Millenniums-Agenda deutlich sichtbar. Das Ziel, die weltweite Armut zu halbieren, wurde durch Bildungsförderung und Familienunterstützung bereits 2010 erreicht. Während 1990 noch 47 Prozent der Menschheit in extremer Armut, also von weniger als 1,25 Dollar pro Tag leben mussten, waren es 2010 nur noch 22 Prozent. In Zahlen: 700 Millionen Menschen weniger.
Auch in der HIV-Bekämpfung und im Punkt Grundschulbildung gibt es Erfolge. So sank zwischen 2001 und 2012 die Rate der HIV-Neuinfizierungen um 44 Prozent. 90 Prozent der Kinder weltweit lernen heute Lesen und Schreiben. Es ist beachtlich, was wir erreichen können, wenn die ganze Welt an einem Strang zieht, sagt Wilfried Vyslozil, Vorstand der SOS-Kinderdörfer weltweit in München.
Doch die gute Bilanz betrifft nur einen Teil der Millenniumsziele: Es bleibt bis 2015 und auch darüber hinaus noch viel zu tun. Gerade in entlegenen, ländlichen Gebieten lassen sich Ziele wie Armutsreduzierung und Bildung oft nur schwer umsetzen.
Die 5-jährige Fatima lebt in einer klapprige Hütte aus Wellblech und Brettern in der Steinwüste nahe Djibouti. Von einem Zugang zu Trinkwasser oder gesicherter medizinischer Versorgung kann die Halbwaise nur träumen. Oft läuft sie kilometerweit durch das Flussbett, um an ein paar Liter halbwegs sauberes Wasser zu gelangen. Auch die Chance Lesen und Schreiben zu lernen, wie es die Millenniumentwicklungsziele bis 2015 versprechen, wird dieses Mädchen in dem winzigen Land am Horn von Afrika wohl bis zum nächsten Jahr nicht mehr bekommen.
Bis jetzt profitierten vor allem Kinder und Familien in Asien und Afrika, die einfacher erreichbar sind, erklärt Vyslozil. Menschen in entfernten Regionen und schlecht erreichbaren Orten sind weiterhin ausgeschlossen. So gehen 58 Millionen Kinder Ende 2014 noch immer nicht zur Schule und vor allem Mädchen sind benachteiligt, wenn es um Bildung geht. 600 Kinder sterben am Tag an den Folgen von HIV/Aids und jedes siebte Kind unter fünf Jahren ist untergewichtig. Eine dreiviertel Milliarde Menschen hat noch immer keinen Zugang zu sauberen Trinkwasser. Das macht sie anfällig für Krankheiten, erklärt der SOS-Vorstand. Auch die Kinder- und Müttersterblichkeit sei nach wie vor hoch.
Es sieht leider so aus, als würden einige Millenniumsziele klar scheitern, sagt Vyslozil. Das liegt vor allem daran, dass die reichen Staaten nicht die vereinbarten finanziellen Mittel einsetzen, die 2000 zugesagt wurde, erklärt der SOS-Vorstand. Die Zielmarke von 0,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes hat Deutschland zum Beispiel mit rund 0,4 Prozent klar verfehlt. Das gilt auch für viele andere Staaten wie die USA, Japan und Österreich. Nur Schweden, Norwegen, Luxemburg, Dänemark und die Niederlande hätten diese Zielvorgabe erreicht und sogar übererfüllt. Schweden, so der SOS-Vorstand lobend, liege sogar bei über einem Prozent des BIP.
Die SOS-Kinderdörfer appellieren deshalb dringlich an alle Regierungen, besonders auch die deutsche Bundesregierung, ihre Anstrengungen im letzten Jahr vor Ablauf der Frist noch einmal drastisch zu verstärken. Es geht hier nicht um abstrakte Ziele, sondern um Menschenleben – sehr viele Menschenleben!, fordert Vyslozil.
Infokasten:
2000 beschlossen die Vereinten Nationen acht Millenniumsziele:
– Halbierung von Hunger und Armut
– Grundbildung für alle
– Geschlechter gleichstellen
– Kindersterblichkeit um zwei Drittel senken
– Reduzierung der Müttersterblichkeit um drei Viertel
– Krankheiten wie Aids und Malaria bekämpfen
– Zugang zu sauberem Trinkwasser und Sanitäranlagen für alle
– Entwicklungshilfe ausbauen
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