Seminarveranstaltung mit rechtlicher und praktischer Fragestellung
Die globale Krise der Seeschifffahrt trifft zurzeit sowohl Abertausende Kleinsparer als auch Großanleger, die in sogenannte Schiffsfonds investiert haben. Im Rahmen einer Seminarveranstaltung der Berliner Wirtschafts- und Finanzstiftung ( BWF-Stiftung ) referiert Stiftungsexperte Dipl.-Kfm. Oliver Over (Köln) über eine mögliche Auswegstrategie für betroffene Anleger von Schiffsfonds.
“Durch die Einführung der “Tonnagesteuer” erfolgte die Besteuerung der Einnahmen aus dem Schiffsfond nach der Größe des Schiffes und nicht nach dem erwirtschafteten Umsatz. Dies bot sich als ein Steuerschlupfloch an, was sich allerdings in der jetzigen Schifffahrtskrise als steuerlicher Supergau entpuppt”, erläutert Herr Oliver Over den Teilnehmern die Auswirkungen der Besteuerung, die in der Krise zur weiteren Schieflage beiträgt.
“Tonnagesteuer” bedeutet in der Praxis:
Die Tonnagegewinnermittlung wurde in Deutschland mit dem Seeschifffahrtanpassungsgesetz vom 9. September 1998 eingeführt. Ziel der Regelung war die “Stärkung des Schifffahrtsstandortes Deutschland” durch ein Absinken des deutschen Steuerniveaus auf ein internationales Niveau. Bei der Wahl zur Besteuerung nach der “Tonnagesteuer” i.S.d. § 5a Einkommensteuergesetz (EStG) hat das Finanzamt einen sog. Unterschiedsbetrag ermittelt. Dieser setzt sich zusammen aus dem damaligen Buchwert und dem höheren Teilwert (Marktwert) eines Schiffes. Nachteil dieser Steuerlast ist, dass diese auch dann zum Tragen kommt, wenn aus dem Betrieb des Schiffes real keine Gewinne erzielt wurden.
Bei der Verwertung des Schiffes (z.B. bei Insolvenz) bzw. bei Beendigung im internationalen Verkehr muss dieser Unterschiedsbetrag nachträglich mit dem persönlichen Steuersatz eines Anlegers versteuert werden. “Derzeit ist zu beobachten, dass die Steuernachzahlungen um ein vielfaches höher sind, als der Erlösanteil aus dem Verkauf des Schiffes. Ganz abgesehen von einem Verlust durch Stilllegung des Schiffes, die ebenso eine Besteuerung des Unterschiedsbetrags auslöst”, so die Einschätzung des Experten Herrn Oliver Over.
Damit stellen die Schiffsbeteiligungen für die Anleger eher eine Belastung als einen Vermögenswert dar.
Eine häufig anzutreffende Auswegstrategie ist die Übertragung der Schiffsbeteiligung auf eine dafür zu gründende Personengesellschaft (GmbH & Co KG). Bei dieser Strategie wird die Steuerbelastung von dem persönlichen Spitzensteuersatz auf einen Körperschaftsteuersatz von 15% zzgl. 5,5% Soli-Zuschlag abgesenkt. Wobei in diesem Fall auf die Gefahr einer möglichen Insolvenz hinzuweisen ist. Nämlich in den Fällen, in denen die Gesellschaft nicht über die ausreichende Liquidität zur Steuerzahlung verfügt. Ob dann das Finanzamt gegen den/die Geschäftsführer einen privaten Haftungsbescheid gem. § 69 AO erlässt, wäre im Einzelfall zu prüfen.
Lösungsmöglichkeit: Gemeinnützige Treuhandstiftung
Ein alternativer Ansatz wäre die Gründung einer gemeinnützigen Treuhandstiftung (Zweckvermögen des privaten Rechts gem. § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG). Gemäß § 5a Abs. 4 EStG ist der anteilige Unterschiedsbetrag bei Ausscheiden des Gesellschafters mit dem persönlichen Steuersatz zu versteuern.
Überträgt also ein Anleger seine Schiffsanteile auf eine andere Person (z.B. auf eine Stiftung), würde nach dem Wortlaut des § 5a Abs. 4 EStG der Gesellschafter damit aus der Schiffsfond-Gesellschaft ausscheiden und so bereits die Besteuerung des Unterschiedsbetrages auslösen.
Hier hat die Finanzverwaltung allerdings klargestellt, dass im Falle einer Übertragung im Sinne des § 6 Abs. 3 EStG keine Besteuerung bei dem Anleger ausgelöst wird (Bundesministerium für Finanzen (BMF)-Schreiben vom 12. Juni 2002 – IV A 6 – S 2133a – 11/02).
Ob es sich auch bei der Übertragung der Schiffsanteile auf eine gemeinnützige Stiftung um eine Übertragung im Sinne des § 6 Abs. 3 EStG handelt, regelt die Finanzverwaltung ebenso in einem BMF-Schreiben. Die Finanzverwaltung stellt klar, dass es sich bei der Übernahme von Mitunternehmeranteilen auf eine gemeinnützigen Institution (Stiftung) um einen Vorgang gem. § 6 Abs. 3 EStG handelt und die Anteile zu Buchwerten auf die Stiftung übergehen (BMF-Schreiben vom 03. März 2005; IV B2-S 2241-14/05). Der Unterschiedsbetrag geht damit steuerfrei vom Anleger auf die Stiftung über.
Die vom Finanzamt als gemeinnützig anerkannten Stiftungen und Vermögensmassen sind von der Besteuerung freigestellt (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG).
Sollte es anschließend innerhalb der Stiftung zu einer Veräußerung, Stilllegung des Schiffes oder nur zur Veräußerung der Schiffsbeteiligung kommen, würde zwar damit die Besteuerung des Unterschiedsbetrags gem. § 5a EStG ausgelöst, aber aufgrund der Steuerbefreiung der Stiftung wieder aufgehoben werden. Es fällt damit innerhalb der Stiftung keine Steuer an.
Der Lösungsansatz, den eine Stiftung als Ausweg für die betroffenen Anleger von Schifffondsanteilen als eine Überlegung zur Umsetzung als wertvollen Ansatz sehen, damit Stabilität und Sicherheit wieder gewährleistet werden kann, wurde im Anschluss der Veranstaltung rege unter den Teilnehmern diskutiert. Fakt ist, dass es für die Unternehmen attraktiv sein muss, Sitz und Geschäftsleitung durch die Inanspruchnahme der Tonnagesteuer in Deutschland zu haben. Die Wertschöpfung eines Schifffahrtsunternehmens entsteht hauptsächlich durch das Operating der Schiffe an Land. Verständlich ist aber auch, dass die Schifffahrtsunternehmen nur hier bleiben werden, wenn die Voraussetzungen für einen attraktiven Standort auch steuerlich gesehen, wirtschaftlich attraktiv gestaltet werden. Weitere Veranstaltungen und Veröffentlichungen zu diesem Thema werden ausgearbeitet.
V.i.S.d.P.:
Dipl.-Kfm. Oliver Over
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