Die Digitalisierung ist das Viagra der alten Automobilindustrie

Wer Menschen bewegen will, der muss sie berühren

Von Ansgar Lange +++ In der deutschen Automobilindustrie war das richtige Personal noch nie so wichtig wie heute. Diese Meinung vertritt der Personalexperte Michael Zondler vom Beratungsunternehmen centomo http://www.centomo.de. SPON schreibt martialisch vom “Krieg der Köpfe” http://www.spiegel.de/auto/aktuell/silicon-valley-krieg-der-koepfe-a-1055798.html. Über die Zukunft des Automobils wird längst nicht mehr nur in Detroit, Stuttgart, München oder Wolfsburg nachgedacht, sondern vor allem im Silicon Valley.

Um die besten Mitarbeiter für die Entwicklungszentren sei ein harter Kampf entbrannt. “Während in Stuttgart, Wolfsburg oder Detroit weiterhin Blech gebogen wird und Motorblöcke wie seit mehr als einem Jahrhundert gegossen wird, entwickelt sich das Silicon Valley südlich von San Francisco zunehmend zum zweiten Nabel der Automobilwelt”, so das Magazin. Denn ohne Vernetzung und Digitalisierung wird bald nichts mehr auf vier Rädern rollen.

“Wolfsburg oder das Silicon Valley: Wer am Ende als Sieger vom Platz geht, ist längst nicht ausgemacht”, so Zondler. “Der Schlüssel zum Erfolg ist gutes Personal. Deutschland ist ein Industrieland. Die Autoindustrie ist unsere Vorzeigebranche. Für IT-Experten ist es eine hochspannende Herausforderung, dass diese alte Industrie nicht zu einer veralteten Industrie wird. Wenn klassische Autokonzerne genauso um die besten Köpfe kämpfen wie die jüngeren IT-Firmen, dann steht der Sieger schon fest: Für Fachkräfte, die sich in beiden Welten auskennen, brechen goldene Zeiten an.” SPON schreibt, dass die “alten” Autokonzerne schon munter dabei sind, die besten Spezialisten aus den Forschungs- und Entwicklungsabteilungen der IT-Giganten abzuwerben. Die “vermeintlich alte Industrie” komme durch die Digitalisierung so richtig in Fahrt.

Es gehe aber nicht darum, nur die “Stars” aus der IT- und Autobranche zu gewinnen, sagt der Personalexperte. Der centomo-Chef verweist auf das flammende Plädoyer für Mitarbeiterführung ohne Star-Allüren von Christian Rätsch. Der CEO von Saatchi & Saatchi Germany hatte jüngst appelliert: “Gebt “HR” das “Human” zurück” https://www.linkedin.com/pulse/gebt-hr-das-human-zur%C3%BCck-ein-pl%C3%A4doyer-f%C3%BCr-ohne-christian-r%C3%A4tsch. Den Mitarbeitern von heute komme es nicht mehr so sehr auf das “alte Gut der Gehaltsmaximierung” an. Ein “Paradigmenwechsel in der Unternehmensführung” und besonders im Personalmanagement sei angesagt. Rätsch berichtet von einem Besuch bei Google USA. Die dortige HR-Direktorin habe gesagt, dass ihr Unternehmen sie einstellte, obwohl sie im sechsten Monat schwanger war. Die Begründung: “We hire fort the long term”.

“In Deutschland ist ein solches langfristiges Denken leider noch nicht sehr verbreitet. Mit einem Star- und Managementgehabe, das zum Beispiel bei VW zu einem Klima der Angst geführt hat, kommen wir nicht weiter. Mit Angst lassen sich Mitarbeiter langfristig nicht gut führen. Heraus kommen höchstens manipulierte Abgaswerte, die zu einem riesigen Imageschaden führen können. Rätsch hat Recht: Wer Menschen bewegen will, der muss sie berühren. Der Teamgedanke in unseren Autokonzernen muss wieder zum Leben erweckt werden. Stars verdrängen Stars und halten Talente klein, meint Rätsch. In einem Porträt hat die FAZ Martin Winterkorn als den Perfektionisten, “der Angst verbreitet” bezeichnet. Modernes Führungsverhalten, mit dem die deutsche Autoindustrie den digitalen Wandel schaffen will und die richtigen Mitarbeiter an sich binden kann, sieht anders aus”, so Zondler.

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