Die Erhaltung kirchlicher Kulturgüter ist ein gesamtgesellschaftliches Anliegen, das auf Traditionen begründet werden kann. Zu beachten gilt, dass nicht nur für die Kirchengeschichte, sondern auch für die Lokal- und Kulturgeschichte kirchliche Kulturgüter seit jeher von herausragender Bedeutung sind. Wir gehen noch einen Schritt weiter, denn sie sind mehr als nur Funktionsträger, die den partikularen Interessen einer Kirchengemeinde dienen, sie gehören zum Erbe der gesamten Bevölkerung und stehen – schon aus den Intentionen der christlichen Verkündigung heraus – allen Besuchern offen.
Als Beispiel hat die katholische Kirche in Deutschland alleine über 24.500 Gotteshäuser, davon 23.000 Einzeldenkmale im Sinne des staatlichen Denkmalschutzes. Darüber hinaus befinden sich im katholischen Kirchenbesitz weitere knapp 40.000 denkmalgeschützte Gebäude und Liegenschaften, worunter etwa historische Pfarrhäuser, ehemalige Zehnthöfe, klösterliche Wirtschaftsgebäude,Schulen, Krankenhäuser etc. zu subsumieren sind. Die Pflege dieses Denkmalbestandes betrug und erforderte die denkmalpflegerische Maßnahmen in Höhe von 418 Mio. Euro p. a. In diesem gewaltigen Finanzvolumen betrug alleine 79,4 Mio. Euro der Anteil der Umsatzsteuer.
Kulturdenkmale von besonderer Bedeutung
Einen besonderen Schutz genießen Kulturdenkmale von besonderer Bedeutung. Als Beispiel die Baugeschichte eines Pfarrhauses in Süddeutschland außerhalb des Stuttgarter Ballungsgebietes und der Umgang, Umsetzung und Erhaltung:
Im Jahr 1720 wurde der Beschluss gefasst, dass der kleine Ort Ippingen eine eigene Pfarrei benötigte, da der Nachbarort Öfingen protestantisch geworden war. Dies führte zum Bau des Pfarrhauses. Das Pfarrhaus wurde im Jahre 1721 als typisches Quereinhaus gebaut. Die “Quereinhäuser” sind Bauernhäuser, in denen die Wohnräume und die Wirtschaftsräume (Stall, Scheune) unter einem Dach liegen. Der Wohn- und der Wirtschaftsbereich ist von der Traufseite aus, d.h. “quer”, zugänglich. Haustür und Scheunentor liegen an einer Seite, in der Regel entlang der Hauptstraße, wie auch beim Pfarrhaus. Der Pfarrer war also auch gleichzeitig Landwirt.
Der letzte Bewohner des Pfarrhauses in Ippingen war Pfarrer Josef Keller. Dieser Gemeindepfarrer im echten Sinne diente dort von 1946 bis 1977 als Seelsorger und danach als “Pfarrer auf Abruf” in den umliegenden Orten. Aber er war nicht nur ein treuer Priester, sondern daneben auch noch Linguist, Historiker, Botaniker und Paläontologe, also ein echter Universalgelehrter mit großem Respekt für die Geschichte. Doch dieses Gebäude brauchte unbedingt eine Sanierung, ansonsten wäre der Verfall der Herr des Hauses geworden. Kirchenbauten und Pfarrhäuser tragen erheblich zur Attraktivität von Dörfern, Kleinstädten und der Innenstädte bei. Die Pfarrgemeinde wollte nach langen Überlegungen das Pfarrhaus in ein Gemeindehaus mit kleinem Festsaal umbauen und dazu auch denkmalgerecht restaurieren. Bei der Planung wurde sehr sorgfältig darauf geachtet, dass durch nutzungsbedingte Umbauten möglichst wenig in die historische Bausubstanz eingegriffen werden muss. Pfarrer Keller hatte fast keine baulichen Veränderungen am Pfarrhaus vorgenommen. Durch diesen glücklichen Umstand “überlebte” das Gebäude die Modernisierung- und Umbauwut der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Das Pfarrhaus zeigte sich nach dem Wegzug des bescheidenen Pfarrers zwar in einem baulich sehr schlechten Zustand, aber dafür umso mehr ungewöhnlich im Original erhalten, mit Ausbau und Qualität voller Ausstattung aus der Erbauerzeit im 18. Jahrhundert. Durch die Dichte der vorhandenen Ausstattungen und deren Erhaltungszustand ist das Gebäude ein seltener Glücksfall für die Denkmalpflege.
Schutz von Denkmalen
Eric Mozanowski: ” Fürsorgepflicht besteht auch für kirchliche Baudenkmale, denn nach § 6 DSchG BW sind die Eigentümer und Besitzer von Kulturdenkmalen verpflichtet, ihr Denkmal im Rahmen des Zumutbaren pfleglich zu behandeln. Wer ein Kulturdenkmal zerstören, beseitigen, aus seiner Umgebung entfernen oder in seinem Erscheinungsbild beeinträchtigen will, benötigt dafür die Genehmigung der unteren Denkmalschutzbehörde. Dies gilt für alle Kulturdenkmäler, mit einer Besonderheit gilt diese Regelung für bewegliche Kulturdenkmäler nur, wenn sie sichtbar oder zugänglich sind. Dieses Beispiel zeigt, dass gemeinsame Denkmalpflege erfolgreich umgesetzt werden kann, Denkmalpflege ist ein gemeinsames Projekt Angefangen von der Bevölkerung, der Kommunalpolitik, Behörden und vielen anderen und Gebäude zu neuem Leben zur Lebensqualität der Gemeinschaft beitragen und das nicht nur in Ballungsgebieten wie Stuttgart.”
V.i.S.d.P.:
Eric Mozanowski
Der Verfasser ist für den Inhalt verantwortlich
Eric Mozanowski, ehemaliger Vorstand der ESTAVIS AG, führte in Berlin / Leipzig sowie Stuttgart im Rahmen von Seminarveranstaltungen die Vortragsreihe zum Themengebiet Denkmalschutz in Deutschland fort. Aus den Kreisen der Teilnehmer kam der Wunsch, wichtige Wissensmodule auch im Internet zu veröffentlichen. Weitere Informationen unter: www.estavis.de
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