(Darmstadt, 15. Januar 2015) Im Oktober 2014 hat das EU-Forschungsprojekt GRACE die Fachwelt und die interessierte Öffentlichkeit dazu eingeladen, sich an einer wissenschaftlichen Diskussion zu den Ergebnissen seiner zeitgleich veröffentlichten 90-tägigen Fütterungsstudien mit gentechnisch verändertem MON810-Mais zu beteiligen. Dazu wurde beim Wissenschaftsjournal Archives of Toxicology ein offenes Diskussionsforum eingerichtet. Die Organisation Testbiotech e.V. kritisiert seitdem diese Studie öffentlich, verweigert aber die Teilnahme an der offenen Diskussion im Forum. Bei ihren wesentlichen Kritikpunkten an der Studie beruft sie sich zudem auf eine Bewertung eines anonymen Toxikologen. Unter diesen Voraussetzungen sieht GRACE für eine Fortführung der laufenden Debatte mit Testbiotech keine Grundlage mehr.
Ziel der Fütterungsstudie war es, den wissenschaftlichen Mehrwert von Fütterungsversuchen im Rahmen der Sicherheitsbewertung von gentechnisch veränderten Pflanzen zu überprüfen. Die Ergebnisse zeigten, dass MON810-Mais bis zu einem Anteil von 33 Prozent im Futter nach subchronischer Exposition (90-tägige Fütterung) keine negativen Effekte in männlichen und weiblichen Wistar Han RCC-Ratten auslöste. Testbiotech e.V. (Geschäftsführer Dr. Christoph Then) veröffentlichte daraufhin Pressemitteilungen und kritische Hintergrundberichte zu den Ergebnissen der GRACE-Studie. Dem Forschungsprojekt wurde unter anderem vorgeworfen, die falschen Schlussfolgerungen aus den Versuchsdaten gezogen zu haben. Auch der Verdacht einer Manipulation wurde geäußert. Zudem kritisierte Testbiotech, dass einige an der Studie beteiligten Wissenschaftler Verbindungen zur Industrie hätten und daher nicht unabhängig seien. Die Studie solle daher zurückgezogen werden.
GRACE eröffnet Forum für öffentliche Diskussion seiner Arbeit
Das GRACE-Projekt ist seitdem in einer Reihe von offenen Briefen und Stellungnahmen (http://www.grace-fp7.eu/content/background-information-testbiotech-vs-grace) detailliert auf die Vorwürfe von Testbiotech eingegangen. Im Dezember 2014 eröffnete schließlich der Herausgeber von Archives of Toxicology, Prof. Jan Hengstler, das offene wissenschaftliche Forum mit einem Leitartikel (http://www.grace-fp7.eu/sites/default/files/Hengstler.pdf) . Prof. Pablo Steinberg, einer der Hauptautoren der GRACE-Studie, nahm in einem weiteren Forumsbeitrag (http://www.grace-fp7.eu/sites/default/files/Pablo%20Steinberg.pdf) ausführlich Stellung zu der von Testbiotech formulierten Kritik an der Studie. GRACE hat Testbiotech nun bereits mehrfach erfolglos aufgefordert, sich am Forum zu beteiligen und seine Argumente mit der interessierten Fachwelt und Öffentlichkeit zu teilen und wissenschaftlich zu diskutieren.
GRACE legte bereits bei der Projektplanung den größten Wert auf Transparenz und eine kontinuierliche und öffentliche wissenschaftliche Diskussion seiner Arbeit. Das Projekt fördert dazu während der gesamten Laufzeit die Diskussion mit Stakeholdern und externen Experten in den dafür eingerichteten Foren. Sowohl für die Erstellung der Studienpläne als auch für die Diskussion der bisherigen Ergebnisse wurden jeweils mehr als 700 Stakeholder und Wissenschaftler zu Workshops und schriftlichen Kommentaren eingeladen (u.a. Testbiotech). Inzwischen hat auch die EU-Kommission auf Anfrage von Testbiotech bestätigt, dass GRACE dieses Transparenzprinzip und die Einbindung von Stakeholdern bei der Bewertung der 90-tägigen Fütterungsstudien erfolgreich durchführt hat und damit die Voraussetzungen für eine konstruktive öffentliche Debatte dieser Ergebnisse geschaffen hat. Das Antwortschreiben der EU-Kommission wurde von Testbiotech veröffentlicht.
Testbiotech setzt auf mediale Inszenierungen statt fachlicher Diskussionen
Testbiotech und einige Medien verfolgen bei ihrer Kritik stattdessen eine einseitige Darstellung des GRACE-Projektes. In einem neuen Hintergrundreport von Testbiotech und in einem von Then unterstützten Fernsehbeitrag im bayerischen Fernsehen im Januar dieses Jahres werden Stellungnahmen des GRACE-Konsortiums teilweise verkürzt, aus dem Zusammenhang gerissen und daher verfälschend präsentiert. Vorhandene Antworten von GRACE zu den Vorwürfen einer angeblich mangelnden Unabhängigkeit einiger Wissenschaftler und fehlerhaften Auswertung der Studie werden so verschleiert. Auf der Projektwebseite (http://www.grace-fp7.eu/content/statements-grace-and-european-commission-response-testbiotech%E2%80%99s-accusations-and-answer-bavar) von GRACE sind die ungekürzten Stellungnahmen von GRACE und der EU-Kommission zu den Vorwürfen von Testbiotech sowie auf die Anfrage des bayerischen Fernsehens abrufbar.
Testbiotech beruft sich bei seiner Kritik der Fütterungsstudien auf Bewertungen eines anonymen Toxikologen. Warum die Identität des Toxikologen verschwiegen wird, bleibt unklar und wirft neue Fragen auf. Im Sinne einer konstruktiven Auseinandersetzung mit den Studienergebnissen würde GRACE sehr begrüßen, wenn sich dieser anonyme Toxikologe auch am offenen Forum beteiligen würde. Er hatte einige Versuchsdaten als Hinweise auf potentielle gesundheitsschädliche Effekte interpretiert. Wissenschaftler der GRACE-Studie haben zu seiner Bewertung bereits im November detailliert Stellung (http://www.grace-fp7.eu/content/data-interpretation-anonymous-toxicologist-and-corresponding-grace-statements) genommen und im Wesentlichen widersprochen. Eine weiterführende, transparente und fachliche Diskussion mit dem anonymen Experten erscheint aber unter den gegebenen Umständen leider nicht durchführbar.
Das GRACE-Konsortium hat nach den Erfahrungen aus der bisherigen Debatte mit Testbiotech beschlossen, die weitere Diskussion zu den vorliegenden Fütterungsstudien auf wissenschaftliche und transparente Plattformen zu beschränken. GRACE initiierte dazu zusammen mit Archives of Toxicology das themenbezogene Diskussionsforum, wo fachliche Kommentare zu den Fütterungsstudien von einem möglichst breiten Spektrum an Fachleuten und anderen Interessierten wissenschaftlich kompetent und offen diskutiert werden.
Das EU-Forschungsprojekt GRACE testet Methoden zur Sicherheitsbewertung von gentechnisch veränderten Pflanzen. Dazu zählen Fütterungsstudien sowie in-vitro-Methoden. Das Projekt ist Teil des 7. Forschungsrahmenprogramms der EU-Kommission und läuft von Juli 2012 bis Februar 2016. Im Projekt arbeiten 18 Forschungsinstitutionen aus 13 Ländern zusammen.
Kontakt
EU-Forschungsprojekt GRACE (GMO Risk Assessment and Communication of Evidence)
Klaus Minol
Robert-Bosch-Str. 7
64293 Darmstadt
06151-6272356
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www.grace-fp7.eu