Das SOLAR VALLEY Sachsen-Anhalt liegt im stabilen Aufwärtstrend

(Mynewsdesk) Anforderungen an Material und Technik der Zukunft – im Gespräch mit Prof. Dr. Jörg Bagdahn, Leiter des Fraunhofer-Center für Silizium-Photovoltaik (CSP), Halle (Saale) Trotz allgemein schwieriger Lage der Solarbranche bleibt das SOLAR VALLEY Sachsen-Anhalt Innovationsmotor für die Photovoltaik-Industrie. Auf der Intersolar Europe 2014 wird das Land seine Innovationsstärke eindrucksvoll unter Beweis stellen. Im Rahmen eines Workshops zur Mängelbewertung in PV-Modulen wird Prof. Dr. Jörg Bagdahn, Leiter des Fraunhofer-Center für Silizium-Photovoltaik (CSP), zu zwei aktuellen Ausfallmechanismen von Solarmodulen in der Praxis referieren: den so genannten Schneckenspuren und dem Effekt der Potentialinduzierten Degradation. In beiden Fällen konnte das Fraunhofer CSP herausfinden, warum diese Effekte entstehen, und damit eine wichtige Forschungsgrundlage dafür liefern, solche Fehlerquellen künftig abzustellen Im Interview erklärt Prof. Dr. Jörg Bagdahn, warum Sachsen-Anhalt auf dem PV-Markt auch in Zukunft die Nase vorn haben wird, welche Anforderungen an Material und Technik der Zukunft bestehen und was Solar auch zukünftig so attraktiv macht. Nach wie vor wird von einer Krise der deutschen Solarindustrie gesprochen. Wie beurteilen Sie die aktuelle Entwicklung? Prof. Dr. Jörg Bagdahn: Die Talsohle ist durchschritten. Wir sind im Produktions- und Installationsbereich zwar noch nicht wieder dort, wo wir vor zwei, drei Jahren waren. Aber es geht jetzt wieder aufwärts. Und durch die Erzeugungskosten, die man mit den neuen Photovoltaik-Anlagen erreichen kann, sind wir an einen Punkt gelangt, an dem Solar wieder wettbewerbsfähig ist mit anderen Formen der Energieerzeugung. Wo sehen Sie Sachsen-Anhalt momentan? Prof. Dr. Jörg Bagdahn: Wir haben mittlerweile wieder ein stabiles industrielles und wirtschaftliches Umfeld im Solar Valley erreicht. Mit Unternehmen wie Hanwa Q CELLS, Calyxo oder Solibro Solar, Innotech Solar und mit Zulieferern wie Silicon Products, f|solar, Vetro Solar, Folienwerke Wolfen, Maxx Contact i haben wir starke Spieler, die alle ein ganz spezifisches, hochqualifiziertes Technologie-Know-How auszeichnet, mit dem sie sich international einen Namen gemacht haben. Andererseits hat Sachsen-Anhalt ein sehr gutes wissenschaftliches Umfeld im Bereich Photovoltaik, nicht nur mit dem Fraunhofer CSP, sondern auch mit der Hochschule Anhalt und der Martin-Luther-Universität. Das sind gute Voraussetzungen für neue Ideen und gemeinsame Entwicklungsprojekte mit den Unternehmen hier. Andererseits profitiert Sachsen-Anhalt dabei von der gezielten Ausbildung neuer Fachkräfte. Was macht Solarenergie aktuell so attraktiv? Prof. Dr. Jörg Bagdahn: Solarenergie ist in der letzten Zeit für viele kleine und mittelständische Unternehmen, aber auch für Privatkunden immer interessanter geworden. Neben dem ökologischen Aspekt sind es vor allem die Kostenvorteile. Denn bei den kleineren Photovoltaik-Anlagen für den Consumer-Bereich liegen Stromkosten mit etwa 14 bis 16 Cent pro Kilowattstunde deutlich unter dem Preis der Energieversorger von 28- 30 Cent. Damit ist das Thema Eigenstromverbrauch eines der interessantesten Themen für die Photovoltaik in der nächsten Zeit in Deutschland. Der andere Markt sind die kleinen und mittelständischen Unternehmen, die in der Regel Bezugspreise zwischen 14 und 20 Cent die Kilowattstunde haben. Der Trend wird also weiterhin weg von den reinen Photovoltaik-Systemen hin zu Komplettlösungen gehen, von der Installation über die Auslegung der Photovoltaikanlage bis hin zur Kombination mit Speicherlösungen im Haus. Also sehen Sie den Privatverbraucher ganz weit vorn? Prof. Dr. Jörg Bagdahn: Der Privatverbraucher ist momentan eine der Säulen, und mittlerweile auch eine wichtige, weil sehr stabile Größe im Gesamtabsatz. Er wird in Deutschland zunehmend eine Rolle spielen. Aus meiner Sicht werden die Kleinanlagen im Privatbereich langfristig durchaus ein gutes Drittel der gesamten Installationen ausmachen. Was sind die Themen der Photovoltaikindustrie, um auf dem Energiemarkt attraktiv zu bleiben? Prof. Dr. Jörg Bagdahn: Die deutsche Photovoltaikindustrie kann sich im internationalen Wettbewerb nur dann behaupten, wenn sie ihre technologische Führungsposition beibehält und darüber hinaus dem Kunden national aber auch international attraktive Komplettlösungen anbieten kann. Hier spielt die Erschließung internationaler Märkte eine tragende Rolle, wie beispielsweise in Afrika, den arabischen Ländern, aber auch in Großbritannien und Italien. Für uns als Forschungseinrichtung stehen daher verstärkt technologische Optimierungen im Fokus, also höhere Wirkungsgrade für Solarzellen oder Module. Auf dem Sachsen-Anhalt-Stand auf der Intersolar werden wir beispielsweise ein neuartiges Solarmodul vorstellen, mit dem man jetzt 5% mehr Leistung gewinnen kann, indem man es elektrisch anders verschaltet. Auch Lösungen, mit denen die fehlende Kontinuität bei der Erzeugung von Erneuerbaren Energien durch Speicherlösungen ausgeglichen werden kann, sind ein wichtiges Thema. Bemerken Sie die veränderten Ansprüche des Marktes auch in den aktuellen Projektanfragen an das Fraunhofer CSP? Prof. Dr. Jörg Bagdahn: Wir sehen, dass die Anfragen schwerpunktmäßig stärker in dem Bereich der Solarmodule, der Systemintegration, der Bewertung, aber auch im Testen von neuartigen Solarmodulen unter völlig andern klimatischen Bedingungen liegen. So haben wir kürzlich gemeinsam mit einem marokkanischen Prüfinstitut ein Testfeld in Marokko geplant und gebaut, wo Solarmodule unter Wüstenbedingungen geprüft und bewertet werden. Wie wandeln sich die Anforderungen an die Werkstoffe der Photovoltaik-Zukunft? Prof. Dr. Jörg Bagdahn: In der gesamten Wertschöpfungskette gibt es mehrere Materialien, bei denen Ressourceneffizienz eine Rolle spielt. Ein Forschungsziel ist es beispielsweise, weniger Silizium einzusetzen und sehr dünne Zellen zu produzieren, woran unter anderem auch das Fraunhofer CSP forscht. Und beim Solarmodul am Ende stellt sich die Frage, wie man die Kosten für die Einkapselungsmaterialien, d.h. die Kunststoffe reduzieren kann. Bis hin zu völlig anderen Modulkonzepten, die nicht mehr mit Glas und Metallrahmen arbeiten, sondern bei denen beispielsweise der komplette Träger aus Kunststoff gestaltet ist. Oder bei denen Solarmodule nicht mehr gerade und flach sind, sondern gekrümmt und farbig, so dass ich sie viel besser in Gebäude integrieren lassen. Hier werden wir auf der Intersolar auch einen kleinen Prototypen zeigen. Was heißt das konkret für die Forschung & Entwicklung? Prof. Dr. Jörg Bagdahn: Für den Heimmarkt heißt das: Wie kann ich abseits vom Standard-Solarmodul individuelle Lösungen entwerfen? Bei industriellen Großfeldanwendungen wiederum steht im Mittelpunkt, Materialien so bewerten zu können und auszuwählen, dass sie auch harten klimatischen Bedingungen standhalten. Hier sind nicht Sonderlösungen das Ziel, sondern Materialien in Standard-Modulen so anzupassen, dass sie Extrembedingungen z.B. in anderen Ländern standhalten können. Dabei geht es um Fragen, wie Kunststoffe bei sehr starker Sonneneinstrahlung altern, wie bestimmte Degradationseffekte in Solarzellen vermieden werden können, wie elektrische Verbinderstrukturen lange Belastungen und große Temperaturschwankungen zwischen Tag und Nacht überstehen können. Das Gespräch führte Tanja Rüdinger, Investitions- und Marketinggesellschaft Sachsen-Anhalt. Weitere Information zu Produktinnovationen und aktuellen Forschungsprojekten des Fraunhofer CSP finden Sie auf dem Gemeinschaftsstand des Landes Sachsen-Anhalt in Halle A2 Stand 270 auf der Intersolar Europe 2014. Im Rahmen des messebegleitenden Workshops zur Mängelbewertung in PV Modulen präsentiert Prof. Dr. Jörg Bagdahn am 5.6.2014, 12:00 – 12:30 Uhr neueste Forschungserkenntnisse zum Thema Microstructural Characterization of Defects in Solar Modules. Hintergrund: Prof. Dr. Jörg BagdahnProfessor Dr. Jörg Bagdahn ist Leiter des Fraunhofer-Center für Silizium-Photovolraik CSP und unterrichtet an der Hochschule Anhalt »Werkstoffe der Photovoltaik« im Fachbereich Elektrotechnik, Maschinenbau und Wirtschaftsingenieurwesen. Er promovierte an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg über das atomare Bonden von einkristallinen Siliziumwafern und forschte nachfolgend an der Johns Hopkins University in Baltimore zu Themen der Langzeitzuverlässigkeit von polykristallinen Siliziumschichten. In 2007 übernahm er die Leitung des neu gegründeten Fraunhofer CSP. Das CSP ist eine gemeinsame Einrichtung des Fraunhofer-Instituts für Werkstoffmechanik IWM und des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE.www.csp.fraunhofer.de
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