Crash der Auto-Supply-Chain – Bei Batterien ist Abhängigkeit von China ein No-Go

Dirk Harbecke, Chairman von Rock Tech Lithium, erläutert Hintergründe zum Lithiummarkt

Volkswagen, der größte Autoproduzent der Welt, fährt in Europa seine Produktion wieder hoch. Zuerst nehmen die Werke im slowakischen Bratislava und im sächsischen Zwickau den Betrieb auf. In Zwickau baut VW den ID.3, sein erstes reines Elektroauto. Andere Standorte folgen. Auch die anderen europäischen Hersteller wie Daimler, BMW oder Renault sind dabei, die Produktion wieder zu starten.

Das Hochfahren eines Autowerks ist sehr viel komplexer als das Runterfahren. Die Einstellung der Produktion kann innerhalb von Stunden vorgenommen werden, die vollständige Wiederaufnahme des Betriebs kann sich über Wochen hinziehen. Grund ist die Komplexität der Lieferketten.

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Bild: Internationale Lieferketten werden immer komplexer

Beispiel China: In der Volksrepublik produzieren schon wieder 32 der 33 Werke, die dort VW mit Kooperationspartnern betreibt. Das funktioniert allerdings nur, weil die Komponentenwerke in Europa schon wieder die Produktion aufgenommen haben und so mögliche Engpässe an Zulieferteilen in China kompensieren können.

In Europa könnte sich das komplizierter gestalten. Die Autohersteller sind hier zu einem beträchtlichen Teil auf Zulieferbetriebe aus Italien angewiesen, wo Covid-19 besonders heftig zugeschlagen hat. Wie viele von ihnen die aktuelle Krise überstehen werden, ist im Augenblick nicht abzusehen.

Lieferketten reißen

Aber nicht nur die Autohersteller, sondern auch die Zulieferer selbst sind ebenfalls auf Zulieferungen angewiesen. Beispiel: Continental. Das Unternehmen, das zu den weltweit größten Herstellern von Autokomponenten wie Bremsen oder Fahrassistenzsysteme zählt, arbeitet mit rund 2.300 anderen Zulieferern zusammen. Dutzende von ihnen stehen angeblich kurz vor dem Kollaps. Wie fragil diese Lieferketten sind, belegt ein Zitat von Jacques Aschenbroich, Vorstandsvorsitzender von Valeo. Aschenbroich sagte der Financial Times: “Wir wissen, dass wir so schwach sind wie das schwächste Glied in unserer Lieferkette.” Valeo ist einer der größten französischen Teile-Lieferanten. Was das für Conti mit 2.300 Kooperationspartnern bedeutet, kann man sich an fünf Fingern abzählen.

Ein anschauliches Beispiel für die Anfälligkeit von Lieferketten stammt aus dem Jahr 2016. Damals kam es zu einem Streit zwischen VW und Prevent, bei dem es um einen mittleren zweistelligen Millionen-Euro-Betrag ging. Für Volkswagen war das eigentlich ein Klacks. Doch Prevent stellte die Zulieferungen ein und zwang fünf Werke von VW zum zwischenzeitlichen Produktionsstopp. 28.000 VW-Arbeiter waren zum Nichtstun verdammt.

Eigentlich gilt bei den Autokonzernen – spätestens seit der Finanzkrise 2008 – als Absicherung, dass jedes Teil mindestens von zwei Zulieferern bezogen werden muss. Fällt der eine aus, springt der andere ein – so die Theorie. Doch in der Praxis funktioniert das nicht so einfach. Für einen Zulieferer ist es kaum möglich, die Produktion von einen auf den anderen Tag zu verdoppeln. Ein Backup allein ist in Krisenzeiten zu wenig.

Lieferketten bei E-Autos besonders anfällig – Asiatische Dominanz

Die Produktion von Elektroautos ist insofern speziell, dass hier die Batteriezellen nur von wenigen chinesischen und südkoreanischen Herstellern stammen. Während normalerweise die Autofirmen am längeren Hebel sitzen, ist es hier genau umgekehrt. CATL, LG Chem, Samsung und Co. haben es in der Hand, ob die Pkw-Hersteller ihre Produktionsziele bei E-Autos erreichen. Engpässe bei der VW-Tochter Audi oder bei Mercedes haben dies schon vor der Corona-Krise gezeigt.
Der folgende Chart zeigt die dramatische Dominanz der Chinesen in der Batterie-Supply Chain:

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Quelle: Benchmark Mineral Intelligence

Bei Batterien ist die Abhängigkeit von China ein No-Go

Vor diesem Hintergrund haben verschiedene Autokonzerne ihre Strategie geändert, wie ich noch in dieser Woche von einem führenden Auto-Manager erfahren habe. Während die Industrie damit rechnet und hofft, dass sich die Supply Chains kurzfristig wieder einpendeln, ist die Situation bei Batterien für Elektro-Autos eine andere: Die Abhängigkeit sei wegen der strategischen Wichtigkeit der Stromer ein No-Go und müsse enden. Als Konsequenz wollen Autobauer jetzt in Europa, insbesondere Deutschland, eigene Fabriken für Batteriezellen bauen. Zudem versuchen sie, den Bezug von Batteriezellen auf mehrere Hersteller zu verteilen.

Dieser Strategiewechsel ist grundsätzlich richtig, aber nicht zu Ende gedacht. Denn die Lieferketten beginnen bei den Batterierohstoffen. Gerade bei Kobalt und Lithium ist die Lage nicht unproblematisch. Kobalt wird zu einem großen Teil im politisch völlig instabilen Kongo produziert. Bei Lithium sieht es etwas, aber nicht viel besser aus. Aus Chile stammt das Gros der weltweiten Reserven, die hier vor allem von den beiden Weltmarktführen Albemarle und SQM ausgebeutet werden. Wie der Kongo gilt auch Chile als politisch nicht stabil. Zwar folgt an zweiter Stelle das politisch stabile Australien. Auf Platz drei liegt mit dem gerade wieder einmal pleitegegangenen Argentinien aber schon wieder ein Wackel-Kandidat. Und Platz vier nimmt China ein, das Rohstoffe immer wieder auch als politisches Druckmittel einsetzt.
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Kosten der Batteriezellen hängen maßgeblich von den Rohstoffkosten ab.
Quelle: Benchmark Mineral Intelligence

Eine Lehre aus der Corona-Krise wird sein, dass die OEMs ihre Lieferketten insbesondere für E-Autos verbreitern werden, um Crashs bei den Zulieferungen zu vermeiden. Von Valeo ist bereits von Kundenforderungen zu hören, dass die zugelieferten Bauteile künftig aus unterschiedlichen Ländern stammen müssen. Analog dazu werden die Hersteller von E-Autos künftig wahrscheinlich darauf bestehen, dass das benötigte Lithium von mehreren Produzenten aus verschiedenen Regionen der Welt stammt. Profitieren werden davon vor allem die Förderer aus der bislang zweiten Reihe – und hier vor allem die, deren Vorkommen in politisch sicheren Ländern lagern – zum Beispiel in Kanada wie bei Rock Tech Lithium.

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