Prof. Dr. Martin Henssler und Dr. Christian Deckenbrock nehmen Stellung zum Berufsrecht der Rentenberater
Seit rund vier Jahren wird in der Fachwelt eine rechtspolitische und rechtwissenschaftliche Diskussion zu den Rechtsberatungsbefugnissen von einzelnen Berufsgruppen im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung geführt. Vor allem der Bundesverband der Rechtsberater für betriebliche Altersversorgung und Zeitwertkonten e.V. (BRBZ) hat diesbezüglich enorme Aufklärungsarbeit geleistet und herausgearbeitet, dass Finanzdienstleister und Versicherungsmakler über keine abstrakte Rechtsberatungsbefugnis im genannten Beratungsbereich verfügen.
Nachdem sich der größte Teil des Marktes der o. g. Rechtsauffassung angeschlossen hat, beauftragte der BRBZ zu Beginn des Jahres 2013 den Präsidenten des 69. Deutschen Juristentages, Herrn Prof. Dr. Martin Henssler, und Herrn Dr. Christian Deckenbrock mit der Erstellung eines zusammenfassenden Rechtsgutachtens zum Berufsrecht der Rentenberater, um eine Rechtsklarheit für die betroffenen Rechtsanwender zu erreichen. Die Ergebnisse des Gutachtens stellte der BRBZ-Geschäftsführer Dr. Peter A. Doetsch am 14.11.2013 in Köln vor. Das Resumee von Dr. Peter A. Doetsch: »Zur Unterstützung einer guten und rechtssicheren Beratung zur betrieblichen Altersversorgung sind Finanzdienstleister und Unternehmensberater auf eine offene Kooperation mit befugten Rechtsberatern angewiesen. Rentenberater sind in diesem Sinne lizensiert und kraft Spezialisierung fachlich besonders geeignet, die Rechtsberatung gegenüber Unternehmen und Versorgungsträgern zu erbringen. Für Rentenberater gelten dabei im Wesentlichen die gleichen, Interessenkollisionen ausschließenden berufsrechtlichen Anforderungen wie für Rechtsanwälte.«
Das umfangreiche Rechtsgutachten kommt im Einzelnen zu den folgenden Ergebnissen:
1. Die registrierten Rechtsdienstleister sind in dem Umfang ihrer Registrierung den Rechtsanwälten gleichgestellt. Ein Rentenberater erbringt daher in dem von § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 RDG festgelegten Bereich “vollwertige” Rechtsdienstleistungen und ist insoweit unabhängiges
“Organ der Rechtspflege”.
2. Ähnlich wie bei Rechtsanwälten gibt es auch bei Rentenberatern Berufe, deren Ausübung mit
der Tätigkeit als Rentenberater nicht vereinbar ist. Übt ein Rentenberater einen solchen Zweitberuf aus, ist er persönlich ungeeignet i.S.d. § 12 Abs. 1 Nr. 1 RDG. Insoweit lassen sich die in der Rechtsprechung von BGH und BVerfG zu den anwaltsrechtlichen Vorschriften der §§ 7
Nr. 8, 14 Abs. 2 Nr. 8 BRAO entwickelten Grundsätze übertragen.
3. Mit dem Beruf des Rentenberaters sind insbesondere die Berufe des Versicherungsmaklers
und des Versicherungsvertreters unvereinbar. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
gebietet es nicht, eine Doppelregistrierung als Rentenberater und Versicherungsmakler durch
die Anordnung von Auflagen nach § 10 Abs. 3 RDG zu ermöglichen. Vielmehr bieten solche
Auflagen keinen ausreichenden Schutz der Rechtsuchenden und des Rechtsverkehrs, da sie
die Gefahr einer Interessenkollision nicht ausschließen. Sie entsprechen zudem nicht dem
Charakter des RDG als Verbotsgesetz mit Erlaubnisvorbehalt.
4. Rechtsanwälte können sich nach geltendem Recht zusätzlich als Rentenberater im Rechtsdienstleistungsregister registrieren lassen und die Berufsbezeichnung “Rentenberater”
werbend einsetzen, ohne dass sie besondere theoretische oder praktische Kenntnisse gerade
im Bereich der Rentenberatung nachweisen müssen. Diese Rechtslage ist unbefriedigend und
steht zudem in Widerspruch zu Grundsätzen des anwaltlichen Werberechts.
5. Aufgrund der Vorgaben der BRAO können Rentenberater und Rechtsanwälte nicht in einer
Berufsausübungsgesellschaft oder Bürogemeinschaft zusammenarbeiten. Da Rentenberater
lediglich in einem Ausschnitt der anwaltlichen Befugnisse tätig werden, sind diese Berufsausübungsbeschränkungen nicht sachgerecht. Der Kreis der sozietätsfähigen Personen sollte entsprechend erweitert werden.
6. Rentenberatern ist der Zusammenschluss mit unvereinbaren Berufen (These 2) in einer Berufsausübungsgesellschaft (Sozietät, PartG, GmbH) untersagt. Juristische Personen und Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit können nicht als Rentenberatungsgesellschaft registriert werden, wenn sie zugleich unvereinbare Tätigkeiten anbieten.
7. Kooperationsvereinbarungen zwischen Rentenberatern einerseits und unvereinbaren Berufen
andererseits sind grundsätzlich möglich. Allerdings dürfen einer solchen Kooperation keine
Absprachen zugrunde liegen, nach denen die Rechtsberatungsberufe an den Einnahmen der
Kooperationspartner partizipieren. So dürfen sie etwa nicht an den beim Vertrieb der Versicherungsprodukte durch Versicherungsmakler bzw. -vertreter erzielten Provisionen teilhaben.
8. Der Umfang der Rechtsdienstleistungsbefugnis des Rentenberaters ist in § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 RDG geregelt. Zur Kerntätigkeit der Rentenberater zählt auch der Bereich der betrieblichen
Altersversorgung. Dabei ist der Rentenberater nicht darauf beschränkt, sozialversicherungsrechtliche Fragestellungen zu beantworten. Solange ein Bezug zur betrieblichen Altersversorgung besteht, darf der Rentenberater – wie ein Rechtsanwalt – auch Aspekte des Steuer-, Bilanz- und Gesellschaftsrechts betreuen. Möglich ist namentlich eine Beratung über steuerrechtliche oder bilanzrechtliche Auswirkungen einer Direktzusage. Gerichtliche Vertretungsbefugnisse bestehen für die Inhaber von Neuerlaubnissen nur vor den Sozialgerichten (§ 73 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 SGG).
9. Unbefriedigend ist, dass das BMJ in § 1 RDV nicht die “betriebliche Altersversorgung” als Teilbereich der “Rentenberater” bestimmt hat. Wie schon zu Zeiten des RBerG haben sich viele
Rentenberater auf diesen wichtigen Teilbereich spezialisiert. Sachgerecht wäre es, für die
Registrierung in diesem Teilbereich einen eigenständigen Anforderungskatalog zu entwickeln.
10. Für Rentenberater gilt Werbefreiheit. Sie können etwaige Spezialisierungen werbend
einsetzen. Grenzen folgen – solange das BMJ nicht nach § 10 Abs. 1 S. 2 RDG die Registrierung
von Teilbereichen der Rentenberatung ermöglicht – allein aus dem UWG und hier ins-
besondere aus dem Irreführungsverbot des § 5 UWG. Irreführend kann es etwa sein, wenn ein
Rentenberater sich als “Spezialist” im Bereich der betrieblichen Altersversorge bezeichnet,
obwohl er keine besonderen Kenntnisse und praktische Erfahrungen in diesem Bereich nachweisen kann.
11. Da der Rentenberater im Umfang des § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 RDG einem Anwalt gleichgestellt
ist, erscheint es mit Blick auf die Qualität der Beratungsleistung sachgerecht, ihn demselben
strengen Pflichtenprogramm zu unterwerfen, das auch von einem Rechtsanwalt zu beachten
wäre: Müsste ein Anwalt für einen Fehler im Wege der Anwaltshaftung einstehen, haftet auch
ein Rentenberater, dem derselbe Fehler unterläuft.
Prof. Dr. Henssler ist ein bundesweit führender Berufsrechtler und derzeit Dekan der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln. Darüber hinaus war Herr Prof. Dr. Henssler des 67., 68. und 69. Deutschen Juristentags. Herr Dr. Christian Deckenbrock ist Akademischer Rat an der Universität zu Köln. Sowohl Herr Prof. Dr. Henssler als auch Herr Dr. Deckenbrock sind Autoren zahlreicher berufsrechtlicher Veröffentlichungen.
Das genannte Rechtsgutachten mit der Überschrift »Das Berufsrecht der Rentenberater« kann
über den BRBZ gegen eine Schutzgebühr in Höhe von EUR?149,- zzgl. der gesetzlichen Mehrwertsteuer sowie EUR?9,– zzgl. MwSt. für Versand und Handling bezogen werden. Bei Mitgliedern verzichtet der Verband auf Versand und Handlingkosten. Um das Gutachten zu beziehen, ist die nachfolgende E-Mail-Adresse zu kontaktieren: info@brbz.de.
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