Der Betriebsrat kann ergänzend zum Internetzugang ein Abonnement der Zeitschrift “Arbeitsrecht im Betrieb” verlangen.
BAG, Beschluss vom 19.03.2014, 7 AZN 91/13
Die regulären Betriebsratswahlen sind weitgehend abgeschlossen. Viele der jetzt gewählten Gremien werden sich mit der Frage beschäftigen, welche Arbeitsmittel für sie wichtig sind. Die gesetzliche Grundlage gibt § 40 Abs. 2 BetrVG: Danach hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat unter anderem für die laufende Geschäftsführung sachliche Mittel (einschließlich Fachliteratur) als auch Informations- und Kommunikationstechnik im erforderlichen Umfang zur Verfügung zu stellen.
Der Betriebsrat hat nach der Rechtsprechung unter anderem Anspruch auf:
– Arbeits- und sozialrechtliche Gesetzestexte – und zwar als gängige Taschenbuchausgabe für jedes Betriebsratsmitglied;
– einen aktuellen Kommentar zum Betriebsverfassungsgesetz, in mittleren und großen Gremien auch auf mehrere Kommentare;
– ein aktuelles arbeitsrechtliches Handbuch bzw. kommentierte Ausgaben der wichtigsten arbeitsrechtlichen Gesetze;
– eine arbeits- und sozialrechtliche Fachzeitschrift;
– Telefon, PC und – nach dem betrieblichen Standard – grundsätzlich auch den Zugang zum Internet.
Das BAG hat sich in seiner Entscheidung vom 19.03.2014 – 7 AZN 91/13 – erstmals mit folgender Fallgestaltung auseinandergesetzt:
Im Betrieb existierte ein 9-köpfiger Betriebsrat. Jedes Betriebsratsmitglied hat einen Internetzugang ohne Zeit- und Datenmengenbeschränkung. Dem Betriebsrat stand an arbeitsrechtlicher Literatur zur Verfügung:
– Arbeitsgesetze in einer Taschenbuchausgabe;
– ein aktueller Kommentar der Autoren Fitting u.a. zum BetrVG;
ein aktueller Kommentar zum BetrVG von Däubler/Kittner/Klebe/ Wedde;
– ein Basiskommentar zum Arbeitszeitgesetz;
– eine CD-ROM sowie ein Fachbuch zu Gefährdungsbeurteilungen.
Darüber hinaus hatte der Betriebsrat den Beschluss gefasst, die Fachzeitschrift “Arbeitsrecht im Betrieb” als Jahresabonnement zu beziehen. Die Arbeitgeberin lehnte den Bezug der Zeitschrift mit der Begründung ab, der Betriebsrat habe uneingeschränkten Zugang zum Internet und könne die aktuellen Informationen über das Internet beziehen. Eine Fachzeitschrift sei deshalb nicht mehr erforderlich.
Das Bundesarbeitsgericht hat sich in seinem Beschluss kurz und bündig gegen die Auffassung der Arbeitgeberin gestellt und sich den Entscheidungen der Vorinstanzen (LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.09.2013 – 4 TaBV 3/13) angeschlossen. Danach gilt folgendes:
Grundsätzlich muss der Betriebsrat bei seiner Entscheidung, welche Arbeitsmittel erforderlich sind darauf achten, dass eine “Verdopplung” von Informationsquellen (z.B. Lehrbücher oder Kommentare) nicht erforderlich ist. Eine solche Verdopplung liegt aber bei einem uneingeschränkten Internetzugang und dem Bezug einer arbeits- und sozialrechtlichen Fachzeitschrift wie der “Arbeitsrecht im Betrieb” nicht vor. Etwaige kostenfreie Internetrecherchen können ein betriebsratsspezifisches Informationsbedürfnis nicht gleichermaßen abdecken wie eine Fachzeitschrift.
Durch das Internet können zwar Sachinformationen zu jedem nur denkbaren Thema eingeholt werden. Der Betriebsrat kann sich mit Hilfe der im Internet zur Verfügung stehenden Suchmaschinen zu einzelnen betrieblichen Problemstellungen auch umfassend informieren, ohne auf Zufallsfunde in Zeitschriften, veralteten Kommentierungen oder Gerichtsentscheidungen angewiesen zu sein.
Trotz dieser umfassenden Informationsmöglichkeiten ist aber zu berücksichtigen, dass es sich bei Betriebsräten um juristische Laien handelt, die angesichts der Fülle an Informationen und Informationsmöglichkeiten kaum in der Lage sind, die “Spreu vom Weizen zu trennen”, also die für die Betriebsratsarbeit relevanten und zutreffenden Informationen in zumutbarer Zeit herauszufiltern.
Sie brauchen zumindest ergänzend ein Informationsmittel, das speziell auf ihre Bedürfnisse und ihren Erkenntnishorizont abgestimmt ist. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass die Betriebsratsarbeit nicht ausschließlich darauf ausgerichtet ist, passende Informationen zu aktuell auftretenden Problemen zu finden.
Fachzeitschriften dienen auch dazu, über ihre Themenauswahl den Leserkreis für Fragestellungen zu sensibilisieren, die der Betriebsrat bislang möglicherweise noch nicht im Blickfeld hatte, die aber für künftige Initiativen interessant und wichtig werden können.
Fazit:
Die Vorteile eines Zeitschriftenbezuges wie der “Arbeitsrecht im Betrieb” sind als Ergänzung zu den Vorteilen des Internetzugangs zu sehen. Sie stehen nicht im Verhältnis “entweder – oder”, sondern stehen in Anbetracht des Kriteriums der Erforderlichkeit gleichberechtigt nebeneinander.
Autorin und zuständig für Rückfragen:
Sigrid Britschgi, Fachanwältin für Arbeitsrecht
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