EuGH: Rücktrittsrecht bei Lebensversicherung – droht Kündigungswelle?
Der Versicherungsbranche droht neuer Ärger. Wie die Regensburger Fachanwaltskanzlei BLTS mitteilt, können nach einem aktuellem Urteil des Europäischen Gerichtshofes (Urteil vom 19.12.2013, Az. C-209-12) Versicherungsnehmer ihre Lebensversicherung auch nach Jahren noch widerrufen, wenn sie bei Vertragsschluss nicht über ihr Rück
Der EuGH hatte sich in dem Verfahren mit der Frage zu befassen, ob ein Versicherungskunde auch nach Ablauf der gesetzlichen Frist vom Vertrag zurücktreten kann. Nach deutschem Recht war nämlich die Rücktrittsmöglichkeit auf ein Jahr begrenzt, und zwar unabhängig von einer Belehrung über das bestehende Rücktrittsrecht.
Dazu Rechtsanwalt Gerald Tix von BLTS Rechtsanwälte Fachanwälte: “Der EuGH hat diese Regelung, welche ohnehin bereits zum 1. Januar 2008 außer Kraft getreten ist, auch für die Vergangenheit für unwirksam erklärt. Die Entscheidung stellt ausdrücklich klar, dass Art. 15 Abs. 1 der Zweiten und Art. 31 der Dritten EU-Richtlinie so auszulegen sind, dass das Rücktrittsrecht erst ein Jahr später erlischt, wenn der Versicherungsnehmer über diese Recht auch belehrt worden sei.”
Die Konsequenz laut BLTS Regensburg: Wenn das nicht der Fall war, kann der Versicherungsnehmer die eingezahlten Prämien komplett zurückverlangen – und nicht nur den manchmal deutlich geringeren Rückkaufswert erlösen. Im entschiedenen Fall wollte ein Versicherungskunde, der 1998 einen Rentenversicherungsvertrag bei der Allianz abgeschlossen hatte, 10 Jahre später vom Vertrag zurücktreten. Er begründete dies damit, dass er nicht über die Rücktrittsmöglichkeit aufgeklärt worden sei.
Das Urteil gilt allerdings nur für Verträge, die zwischen 1995 und 2007 abgeschlossen wurden. Damals galt für den Abschluss von Lebensversicherungen das sogenannte “Policenmodell”. Der Kunde erhielt die Versicherungsbedingungen und alle weiteren Informationen erst zusammen mit der Police zugeschickt, also zu einem Zeitpunkt, als der Vertrag schon längst unterschrieben war – und damit aus Sicht des EuGH zu spät. Wer sich vom Vertrag lösen wollte, konnte zwar innerhalb der Fristen des § 5a VVG a.F. zurücktreten, allerdings längstens 1 Jahr nach Zahlung der ersten Prämie.
Nach der Entscheidung des EuGH ist nun klar, dass das Rücktrittsrecht in den Fällen zeitlich unbefristet ausgeübt werden kann, in denen der Versicherungsnehmer nicht oder nicht ordnungsgemäß über sein Rücktrittsrecht belehrt worden ist. Da es sich nicht um einen Schadensersatzanspruch handelt, sondern der Versicherungsnehmer vertraglich so zu stellen ist, als wenn er den Versicherungsvertrag nie abgeschlossen hätte, sind etwaige Rückzahlungsansprüche auch nicht verjährt. BLTS weist weiter darauf hin, dass der Versicherer nachweisen muss, dass die Widerrufsbelehrung erfolgt ist und die Vertragsunterlagen beim Kunden eingetroffen sind. Dies könnte sich nun für den Versicherer schwierig gestalten, wenn die Unterlagen- wie in der Regel geschehen- mit einfachem Brief versandt wurden.
Theoretisch könnten insgesamt über 108 Millionen Versicherungsverträge, mit einem Gesamtprämienvolumen von mehr als 400 Mrd. Euro, betroffen sein.
Man sollte es sich allerdings sehr genau überlegen, ob es immer sinnvoll ist, vom Vertrag zurückzutreten. Verträge zwischen 1994- 2000 hatten immerhin eine garantierte Verzinsung von mindestens 4 % – ein Wert, den derzeit nur wenige Geldanlagen erreichen. Aktuell betragen die Garantieverzinsungen lediglich 1,75%, eine weiter Absenkung droht.
Über BLTS Regensburg
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