Viele Menschen reagieren in Staus, Warteschlangen oder im Bahngedränge mit Stress. Es gibt Studien darüber, die das aufzeigen.
Der Grund für diesen Stress ist weniger der Termindruck, sondern wegen der menschlichen Nähe, die “zu nah” ist.
Banal: Ein Kollege, der zum Beispiel ins Büro hereinkommt, einfach den Stuhl zu sich heranzieht und sich ohne zu fragen hinsetzt. Er verletzt demnach schon die eigene Privatsphäre. Somit wird man ihm entsprechend wenig Sympathie entgegenbringen. Schnell beginnen so dann atmosphärische Störungen.
Diese sogenannten Crowding-Situationen in denen wir Fremden näher sind, als uns lieb ist, können enormen psychischen Druck auslösen. Was sich dahinter verbirgt, sind subtile Territorialansprüche, die jeder von uns hat. Der US-Anthropologe Edward T. Hall entdeckte und vermaß dies bereits 1963.
Es gibt vier Zonen:
Die intime Zone. In diesen Bereich bis zu 50 Zentimeter Abstand dürfen wirklich nur engste Freunde, Familie oder der Partner. Andernfalls reagieren wir mit Ablehnung oder gar Aggression.
Die persönliche Zone. Das ist die Zone der Begrüßung, des Händeschüttelns. Der Abstand liegt zwischen 0,50m bis einen Meter. Sie ist außerdem guten Freunden oder Kollegen vorbehalten. Um Vorbehalte nicht gleich zu schüren, sollten Fremde sich nur langsam nähern.
Die soziale Zone. Sie reicht von 1,00 bis 2,50 Meter. Der klassische Abstand zu Fremden, Verkäufern, Servicekräften oder Beamten. Der Schreibtisch steht dazwischen und dient als “Abstandhalter”. Denkt man an ein Hotel, steht die Rezeptionstheke dazwischen. Anderes Beispiel ist die Arztpraxis. Auch da steht ein Schreibtisch oder die Theke zwischen Patient und Helferin.
Die öffentliche Zone. Sie umfasst einen Umkreis mehr als 2,50 Meter Abstand und ist für die meisten unproblematisch. Hier sind Menschen gemeint, die einen z.B. in der Fußgängerzone begegnen. Auch während man einem Vortrag lauscht, gilt diese Abstandszone.
Natürlich sind diese Abstände westeuropäische Durchschnittswerte und auch nicht verpflichtend. In anderen Kulturen, wie in Lateinamerika oder im arabischen Raum, kommt man sich deutlich näher. Auch hierzulande gibt es einige Ausnahmen, wie z.B. Menschen bestimmter Berufsgruppen, wie Ärzte und Friseure sowie Kosmetikerinnen. Sie dürfen einem näher kommen.
Selbst wenn die Ausnahmen auch in Aufzügen, öffentlichen Verkehrsmitteln oder in der Disco gelten, so können sie dann aber starken Stress und Unbehagen auslösen. Außerdem zeigen die Zonen von Hall, ab wann mangelnde Distanz in Antipathie umschlagen kann. Wer dann diese unsichtbaren Grenzen unterschreitet, findet für seine Ideen und Vorschläge in der Regel kaum Gehör. Wer die Abstandsregeln stattdessen beherzigt, bleibt eher sympathisch.
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