ARAG Rechtsexperte Tobias Klingelhöfer über das Renten-Eintrittsalter und Abschläge
Wer jahrelang für sich und die Gesellschaft gearbeitet hat, erwartet mit spätestens 67 die wohlverdiente Ruhe: Zeit für sich, die Lieben oder Hobbys. Was aber, wenn man nicht mehr so lange warten will? ARAG Rechtsexperte Tobias Klingelhöfer erklärt, wann und unter welchen Bedingungen angehende Renter dem wohlverdienten Ruhestand gelassen entgegenlächeln können.
Wann beginnt die Rente im Normalfall?
RA Tobias Klingelhöfer: Zunächst muss der Versicherte eine Mindestversicherungszeit von fünf Jahren sammeln. Also fünf Jahre in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen oder andere anrechenbare Beitragszeiten vorweisen. Dann kommt es auf das Alter an: Aufgrund sinkender Geburtszahlen und einer steigenden Lebenserwartung hat der Gesetzgeber die Regelaltersgrenze angehoben und die Rente mit 67 eingeführt. Sie ist seit 2012 in Kraft.
Wie steigt das Renteneintrittsalter?
RA Tobias Klingelhöfer: Was viele nicht wissen ist, dass manchen der Ruhestand auch weiterhin früher winkt. Denn die Anhebung des Regeleintrittsalters auf 67 Jahre geschieht seit 2012 stufenweise – und zwar ab dem Geburtsjahrgang 1947. Das bedeutet: Arbeitnehmer, die 1947 das Licht der Welt erblickten, durften mit 65 Jahren und einem Monat abschlagsfrei in Rente gehen. Bis zum Geburtsjahrgang 1958 steigt das Eintrittsalter um jeweils einen Monat an. Wer 1958 geboren wurde, kann also mit genau 66 Jahren den wohlverdienten Ruhestand genießen. Ab dem Geburtsjahrgang 1959 wird dann das Renteneintrittsalter um zwei Monate erhöht, bis schließlich für die Jahrgänge ab 1964 die Rente mit 67 gilt. Es gibt aber auch Ausnahmen: So können sich zum Beispiel Versicherte, die 45 Beitragsjahre in petto haben, früher abschlagsfrei in den Ruhestand verabschieden.
Kann ich auch früher in Rente?
RA Tobias Klingelhöfer: Ja, das geht. Dann fallen allerdings Abschläge auf die Altersbezüge an. Diese betragen 0,3 Prozent für jeden Monat, den man vor der Regelaltersgrenze in den Ruhestand geht. Doch auch hier gibt es Grenzen: Das früheste Renteneintrittsalter liegt bei 63 Jahren. Voraussetzung hierfür sind 35 Beitragsjahre. Die Summe der maximal möglichen Abschläge liegt bei 14,4 Prozent über 48 Monate.
Welche Altersgrenzen gelten bei der Erwerbsminderungsrente?
RA Tobias Klingelhöfer: Wer aufgrund eines Unfalls oder wegen einer Erkrankung nur eingeschränkt arbeiten kann, hat vielleicht nicht die Möglichkeit, auf die Rente mit 67 Jahren hinzuarbeiten. Unter bestimmten Voraussetzungen gibt es in diesen Fällen eine Erwerbsminderungsrente, bis Betroffene alt genug für die Altersrente sind. Doch hier hat sich einiges geändert: Bis 2011 lag das Renteneintrittsalter für die abschlagsfreie Erwerbsminderungsrente bei 63 Jahren. Seit 2012 steigt sie schrittweise auf 65 Jahre an. Im Jahr 2024 gehen Betroffene dann frühestens mit 65 Jahren abschlagsfrei wegen Erwerbsminderung in Rente. Anders verhält es sich für erwerbsgeminderte Versicherte, die 35 Pflichtbeitragsjahre haben: Sie bekommen weiterhin mit 63 eine abschlagsfreie Rente. Ab dem Jahr 2024 gilt das nur noch für Versicherte, die 40 Beitragsjahre auf dem Konto haben.
Welche Abschläge fallen bei der Erwerbsminderungsrente an, wenn man vorzeitig in Rente geht?
RA Tobias Klingelhöfer: Diese Kürzung beträgt wie auch bei der normalen Rente 0,3 Prozent für jeden Monat, den man früher in Rente geht. Maximal kann der Abschlag 10,8 Prozent betragen. Bis 2012 bedeutete das, dass der Höchstabschlag von 10,8 Prozent für alle galt, die 60 Jahre oder jünger waren, als sie erstmalig eine Erwerbsminderungsrente bezogen haben. Das hat sich im Jahr 2012 aber geändert. Das Eintrittsalter mit Abschlägen steigt seitdem stufenweise auf 62 Jahre an. Im Jahr 2018 liegt es bei 61 Jahren. Und ab dem Jahr 2024 bei 62. Wer vor diesem Zeitpunkt eine Erwerbsminderungsrente beantragt, muss den Höchstabschlag in Kauf nehmen, erhält aber eine sogenannte Zurechnungszeit, die seine Rente steigert.
Welche Änderungen für schwerbehinderte Menschen hat die Rente mit 67 mit sich gebracht?
RA Tobias Klingelhöfer: Im Zuge der Rentenreform steigt auch für schwerbehinderte Menschen das Renteneintrittsalter für die abschlagsfreie Altersrente schrittweise von 63 auf 65 Jahre. Auch der frühere Rentenbeginn mit Abschlägen erhöht sich stufenweise von 60 auf 62 Jahre. Die Kürzungen betragen auch hier 0,3 Prozent für jeden vorgezogenen Monat. Wer also drei Jahre vor dem Renteneintrittsalter eine Altersrente wegen Schwerbehinderung beantragt, muss mit Abschlägen von 10,8 Prozent rechnen.
Wo kann ich meine individuellen Fragen zur Rente mit 67 loswerden?
RA Tobias Klingelhöfer: Wenn es um die persönlichen Rentenpläne geht, rate ich, sich individuell beraten zu lassen. Das geht über das kostenlose Service-Telefon der Deutschen Rentenversicherung unter 0800 1000 4800. Dort informieren Renten-Experten ausführlich über die Rente mit 67.
Mehr zum Thema Rente unter:
https://www.arag.de/auf-ins-leben/ruhestand/
Weitere wertvolle Tipps finden Sie unter:
https://www.arag.com/german/newsroom/
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