Bekanntheit von Öko- und Soziallabeln birgt einige Überraschungen

(ddp direct)Die Bekanntheit des deutschen BIO-Siegels ist rückläufig. Das jedenfalls ist eine der überraschenden Erkenntnisse einer TNS Emnid-Untersuchung, die nach 2010 nun zum zweiten Mal im Auftrag der true assets Unternehmensberatung für Nachhaltigkeit und Kommunikation durchgeführt wurde. Demnach sank die gestützte Bekanntheit von BIO von 83 auf 80 Prozent, und das, obwohl BIO-Produkte in der Gunst der Verbraucher weiter steigen. 80 Prozent stellen zwar nach wie vor einen Top-Wert dar, wie Jörg Erren von TNS Emnid betont. Doch möglicherweise deutet sich eine Kehrtwende an. Entweder das maximal Mögliche ist erreicht, und die Bekanntheit pendelt sich auf einem niedrigeren Niveau ein. Oder der verzeichnete Rückgang ist auf die Einführung des EU-Bio- bzw. Organic-Labels zurückzuführen. Das neue EU-Zeichen findet sich auch in deutschen Supermärkten auf immer mehr Produkten und könnte so für sinkende Präsenz des deutschen BIO-Siegels sorgen. Die EU-Kommission jedenfalls hat ein Interesse daran, die Bekanntheit des europäischen Labels zu steigern. Für ein Einpendeln auf niedrigerem Niveau spricht, dass auch für den Anbauverband BIOLAND ein leichter Rückgang bei der Bekanntheit registriert wurde. Von 1.000 Befragten gaben nur noch 81 Prozent an, BIOLAND zu kennen (2010: 83 Prozent). Auf weitaus niedrigerem Niveau, aber stabil verharrt Demeter mit einer unveränderten Bekanntheit von 32 Prozent. Naturland kennen wie schon im Jahr 2010 59 Prozent der Befragten.
Eine weitere Überraschung ist, dass nur 48 Prozent der Befragten angaben, Fairtrade zu kennen trotz steigenden Angebots fair gelabelter Produkte sowohl im klassischen Lebensmitteleinzelhandel als auch im sogenannten Hard Discount. Die Bekanntheit von Transfair sank sogar: von 36 auf 33 Prozent. Und auch bei der Fair Trade Company GEPA ging es leicht bergab: Nur 16 Prozent aller Befragten gaben an, GEPA zu kennen (2010: 18 Prozent). Dazu true-assets-Geschäftsführer Volker Weber: Teile der fairen Gemeinde hätten weniger über andere und mehr über sich selbst und die eigenen Stärken kommunizieren sollen. Stattdessen wäre in der Vergangenheit viel Kraft darauf verwendet worden, sich mit anderen Nachhaltig-keitsprogrammen öffentlich auseinanderzusetzen, so Weber. Hoffnung mache da, dass sich die drei großen Nachhaltigkeitsschemata Fairtrade International, Utz Certified und Rainforest Alliance Certified/Sustainable Agriculture Network (SAN) in Genf im Februar 2011 gemeinsam dazu verpflichtet hätten, geprägt von gegenseitigem Respekt, künftig enger miteinander zu kooperieren zum Wohle der Bauern und Farmer, die insbesondere entlang des Tropengürtels Baum- und Strauchfrüchte wie Kakao, Kaffee oder Tee anbauen.
Ein erstaunliches Ergebnis der Untersuchung ist überdies, dass das MSC-Siegel, das für eine nachhaltige Fischwirtschaft steht, nur 13 Prozent der Befragten kennen (2010: 14 Prozent). Dies gilt umso mehr, da das MSC-Siegel bereits auf den Packungen tausender Fischprodukte im deutschen Handel zu sehen ist.
Das Siegel für nachhaltige Landwirtschaft Rainforest Alliance Certified kennen mittlerweile mit 39 Prozent deutlich mehr Verbraucher (2010: 35 Prozent). Wenn auch auf niedrigerem Niveau stieg ebenfalls die Bekanntheit des FSC-Siegels für nachhaltige Waldwirtschaft: 16 Prozent gegenüber 13 Prozent (2010). In die Untersuchung neu aufgenommen wurde Utz Certified gleichfalls ein Nachhaltigkeitsprogramm für agrarische Erzeugung. 7 Prozent der insgesamt 1.000 befragten Bürger gaben an, Utz Certified zu kennen. Da ist noch eine Menge Luft nach oben, so Volker Weber.
Glaubwürdigkeit auf dem Prüfstand
Erstmals wurde von TNS Emnid gefragt, ob die Befragten ihnen bekannte Labels und Siegel als glaubwürdig einstufen oder nicht. Positiv fällt das Ergebnis für die Verbände des ökologischen Landbaus und für BIO aus: 71 Prozent und mehr der Befragten, die die jeweiligen Siegel und Labels kennen, gaben an, dass BIO, Naturland, Bioland oder Demeter glaubwürdig seien. Demeter ist überdies mit 84 Prozent in punkto Glaubwürdigkeit der Spitzenreiter unter allen Labeln. Rainforest Alliance Certified (das von den Befragten mehrheitlich als eher ökologisch ausgerichtetes Siegel verstanden wird), Transfair und GEPA beurteilen 60 bis 64 Prozent der Befragten als glaubwürdig. Bei Personen, die das MSC-Siegel kennen, ist es mit 54 Prozent immer noch die Mehrheit, die es als glaubwürdig betrachtet. Das FSC-Siegel für nachhaltige Waldwirtschaft bewerten nur 38 Prozent als glaubwürdig, 33 Prozent sind sich nicht sicher oder haben keine Meinung. Lediglich bei Utz Certified überwiegt noch die Gruppe der Skeptiker mit 50 Prozent, nur 28 Prozent votierten für glaubwürdig. Dieses vermeintliche Missverhältnis kann sich mit wachsender Präsenz von Utz Certified in Deutschland und verstärkter Aufklärung sicher ändern lassen, so true-assets-Geschäftsführer Volker Weber.
Verbrauchern, die sich bei einer unabhängigen Stelle über Öko- und Soziallabel informieren wollen, empfiehlt Weber die umfassende Label-Online-Datenbank der Verbraucher-Initiative e. V. (Bundesverband) in Berlin (www.label-online.de).

Die Bekanntheit ausgewählter ökologischer und/oder sozialer Siegel, Label und Organisationen im Überblick (2011):
Bioland: 81%
BIO das deutsche Bio-Siegel: 80%
Naturland: 59%
Fairtrade: 48%
Rainforest Alliance Certified: 39%
Transfair: 33%
Demeter: 32%
FSC (Forest Stewardship Council): 16%
GEPA The Fair Trade Company: 16%
MSC (Marine Stewardship Council): 13%
Utz Certified (neu): 7%

Über die Umfrage: TNS Emnid hat repräsentativ am 13. und 14. Dezember 2011 insgesamt 1.005 in Deutschland lebende Bürger ab 14 Jahren telefonisch befragt (CATI-Methode).

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