Beamtenrecht: Gesundheitliche Eignung – Aufsatz von Marcus Richter, LL.M, Fachanwalt für Verwaltungsrecht

Zum Prognosemaßstab bei der Beurteilung der gesundheitlichen Eignung von Beamtenbewerbern.

Bild1. Einleitung

Wer sich in Deutschland auf ein öffentliches Amt hin bewirbt, hat regelmäßig etliche Hürden vor sich. Will man z. B. in ein Beamtenverhältnis eintreten, so wird neben den üblichen Qualifikatio-nen, die einem im Kampf gegen andere Bewerber auszeichnen müssen, gefordert, dass man auch gesundheitlich für die jeweilige Stelle geeignet sein muss.

Interessant ist dabei die Tatsache, dass die Frage, wann man denn nun als gesundheitlich geeig-net gelte, nicht nur eine medizinische, sondern auch eine juristische ist. Zu dieser Frage hat es im Sommer 2013 nun eine entscheidende Änderung in der Rechtsprechungspraxis des BVerwG gegeben, die sich in Zukunft auf die Bewerbungen vieler auswirken wird.

2. Der Zugang zum öffentlichen Amt – Art. 33 Abs. 2 GG

Ausgangspunkt der Thematik ist Art. 33 Abs. 2 GG. Das sich hieraus ergebende grundrechtsglei-che und mit der Verfassungsbeschwerde verteidigbare Recht gewährleistet jedem Deutschen, abhängig von seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung, einen gleichen Zugang zu allen öffentlichen Ämtern. Eignung, Befähigung und fachliche Leistung sind somit die entschei-denden Kriterien, wenn es um die Ernennung von Beamten geht. Sie bilden für den Dienstherr, der über die Auswahl zwischen mehreren Bewerbern für eine Beamtenstelle zu entscheiden hat, einen objektiven Maßstab und ermöglichen so eine gerechte Bestenauslese, was gleichzeitig dem in Art. 33 Abs. 2 GG zum Ausdruck kommenden Leistungsprinzip gerecht wird.

Es besteht nämlich insoweit ein öffentliches Interesse an einer funktionstüchtigen Verwaltung oder Rechtsprechung , sodass unter mehreren Beamtenbewerbern auch nur diejenigen auserwählt werden können, die dem Anforderungsspektrum für das jeweilige Amt, welches durch diese drei Auswahlkriterien wiederum gedeckt ist , am meisten entgegenkommen.

Mit dem Kriterium der Eignung ist zugleich die gesundheitliche Eignung gemeint. Der Beamten-bewerber muss dem angestrebten Amt nämlich auch in körperlicher, psychischer und charakterlicher Hinsicht gewachsen sein , sodass bei der Beurteilung der Eignung immer darauf abzustellen ist, ob der Bewerber auch hinsichtlich seiner Gesundheit den konkreten Anforderungen entspricht, die das Amt an ihn stellt. Dies gilt sowohl bei der Begründung eines Probebeamtenverhältnisses als auch bei der Begründung eines Beamtenverhältnisses auf Lebenszeit.

Hierbei bilden die Vorgaben des Dienstherrn den Maßstab, an dem die individuelle körperliche Leistungsfähigkeit der Bewerber zu messen ist. Die gesundheitliche Eignung an sich ist aufgrund einer Untersuchung durch einen Amtsarzt oder beamteten Arzt festzustellen, denn nur ein Arzt verfügt über die nötige medizinische Sachkunde, um Feststellungen bzgl. der Gesundheit treffen zu können. Der Dienstherr wiederum muss die Befunde und Schlussfolgerungen des Arztes nachvollziehen und hat seine Entscheidungen danach zu treffen.

Der Dienstherr hat dabei nicht nur die Gesundheit des Bewerbers im gegenwärtigen Zustand zu beurteilen, sondern muss vielmehr eine Prognose darüber abgeben, ob die gesundheitliche Eig-nung auch in Zukunft noch vorliegen wird. Der zu prognostizierende Zeitraum umfasst die Zeit bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze. Maßgebend ist, inwieweit davon ausgegangen werden kann, dass der Bewerber bis zum Zeitpunkt des Rentenalters Dienst leisten wird oder ob man eben doch annehmen muss, dass er wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt werden würde.

3. Anzuwendender Prognosemaßstab im Spiegel der Rechtsprechung

Es stellt sich nun zwangsläufig die Frage, wie denn genau zu beurteilen ist, ob ein Bewerber bis zum Erreichen des Ruhealters die gesundheitliche Eignung aufweist. Worauf kommt es also ge-nau an? Genauer gesagt: Unter welchem Maßstab lässt sich eine gesundheitliche Eignung fest-stellen?

Dieser für die Beurteilung erforderliche Prognosemaßstab wurde schon in früher Zeit vom BVerwG festgelegt und durchlief eine jahrelange Rechtsprechungspraxis. Mit einem Urteil des BVerwG aus dem Jahre 2013 wurde diese nun entscheidend geändert.

3.1. Prognosemaßstab der alten Rechtsprechung

Nach jahrelanger Rspr. des BVerwG war eine gesundheitliche Eignung des Beamtenbewerbers dann anzunehmen, wenn sich nach der Einschätzung des Dienstherrn häufige körperliche und psychische Erkrankungen und damit einhergehend der Eintritt der Dienstunfähigkeit mit an Si-cherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausschließen ließen.

Dass die Rechtsprechung einen so strengen Maßstab ausgewählt hatte, lässt sich wohl nur ver-stehen, wenn man sich die Argumente vor Augen führt, die auch bei der Forderung nach einer dauerhaften, bis zum Erreichen des Ruhealters gegebenen Dienstfähigkeit und dem damit ver-bundenen langen Prognosezeitraum ins Feld gebracht werden. Diese beruhen auf dem Lebens-zeit- und Alimentationsprinzip aus Art. 33 Abs. 5 GG und sind gleichzeitig wirtschaftlicher bzw. fiskalischer Natur. Der Beamte geht mit Aufnahme des Dienstes ein sich über sein ganzes Leben lang ziehendes beiderseitiges Treueverhältnis mit dem Staat ein, das den Dienstherrn einerseits zu einer lebenslangen Versorgung eines sich im Ruhestand befindenden Beamten verpflichtet.

Ist ein Beamter nun dauerhaft krankheitsbedingt arbeitsunfähig, gibt es für den Dienstherrn keine Möglichkeit, ihn wie bei einem privaten Arbeitsverhältnis zu kündigen. Er kann ihn insoweit nur vorzeitig in den Ruhestand entlassen. Deshalb ist der Staat aus wirtschaftlichen und fiskalischen Gründen gezwungen, bei der Einstellung eines Beamten darauf zu achten, dass davon ausge-gangen werden kann, dass der Beamte bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze Dienst leisten wird und nicht vorzeitig pensioniert werden muss. Denn eine vorzeitige Pensionierung wür-de zu Mehrkosten führen, wodurch dem Steuerzahler eine vermeidbare zusätzliche Pensionslast aufgebürdet würde, was dem öffentlichen Interesse widerstreite.

Dies bedeutet im Umkehrschluss: Nur wenn mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen ist, dass der Beamte frühzeitig vor dem Ruhestand krank und damit dienstunfähig wird, kann auch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, dass es zu Mehrkosten infolge einer vermeidbaren Pensionierung kommt. Dieses Bestreben, das in der Vermeidung von Mehrkosten für den Steuerzahler und wohl gleichzeitig darin liegt, den Finanz-haushalt möglichst zu schonen, steht maßgeblich hinter diesem recht strengen Maßstab, den die Rspr. über lange Zeit aufgestellt hat.

3.2. Prognosemaßstab der neuen Rechtsprechung

Mit dem Urteil vom 25.07.2013 hat sich die Rspr. des BVerwG eindeutig von dem bisherigen Prognosemaßstab abgewandt. Vielmehr könne nun, solange der Gesetzgeber keinen kürzeren Prognosezeitraum bestimme, der Dienstherr die gesundheitliche Eignung aktuell dienstfähiger Bewerber nur verneinen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigten, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze Dienstunfähigkeit eintreten werde.

Dieser neu definierte Maßstab hat sich im Vergleich zum früheren genauer gesagt umgekehrt. Früher war es erforderlich, dass die Wahrscheinlichkeit, dass der Beamte bis zum Erreichen des Ruhestands gesund und dienstfähig bleibt, wesentlich und sehr eindeutig (vgl. “mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit”) überwiegt. Heute wird gefordert, dass die Wahrscheinlichkeit für den Eintritt der Dienstunfähigkeit überwiegen muss, um die gesundheitliche Eignung zu vernei-nen. Damit hat sich zum einen die Betrachtungsweise geändert.

Es bedeutet aber auch gleichzeitig, dass die “Gesundheitswahrscheinlichkeit” nicht mehr wesent-lich überwiegen bzw. sehr hoch sein muss, um von einer gesundheitlichen Eignung des Bewer-bers auszugehen. Nur wenn sie niedrig ist und die “Dienstunfähigkeitswahrscheinlichkeit” im Ge-genzug wesentlich überwiegt, ist eine gesundheitliche Eignung zu verneinen.

4. Kritik am bisherigen Prognosemaßstab

Das BVerwG hat den Prognosemaßstab letztlich zu Recht ändern und neu definieren müssen, da er in seiner bisherigen Form nicht mehr haltbar war. Die Gründe für die Änderung führt das BVerwG in seiner Entscheidung auch zutreffend an.

So macht es etwa klar, dass der bisherige Maßstab dazu geeignet sei, Bewerber schon deshalb von dem Zugang zum Beamtenverhältnis auszuschließen, weil ihr gesundheitlicher Zustand vom Regelzustand abweiche und dies auch dann gelte, wenn die Leistungsfähigkeit der Bewerber ak-tuell und auf absehbare Zeit nicht beeinträchtigt sei. Das BVerwG macht damit zum einen deut-lich, wie realitätsfern der bisherige Maßstab gewesen ist. Wenn man ihn nämlich ernst nehmen würde, müsste man bei jedem Bewerber ausschließen können, dass er ein Gesundheitsrisiko hat, was aber praktisch gar nicht möglich ist. Man kann bei jedem Menschen nach intensiven Bemü-hungen etwas finden, das gesundheitlich von der Norm abweicht oder gar ein Gesundheitsrisiko darstellt. So wäre im Endeffekt auch durchschnittlich Gesunden der Weg zum öffentlichen Amt verwehrt.
Es ist generell sinnlos zu fordern, dass der Krankheits- und Dienstunfähigkeitsfall mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen sein muss. Eine “Gesundheitswahrscheinlichkeit” von etwa mehr als 80 % oder höher kann nämlich nicht über einen solch langen Zeitraum von mehreren Jahrzehnten durch eine amtsärztliche Untersuchung prognostiziert werden. Gesundheitsprogno-sen sind ziemlich ungenau, vor allem je länger der Zeitraum ist. Es wird etwa nicht bedacht, dass die Wissenschaft und Praxis in der Medizin sich schnell ändern können. Neue Krankheiten können entdeckt werden, andere werden dank neuer Methoden heilbar oder zumindest behandel-bar. Eine Prognose kann daher immer nur aufgrund des zur Zeit der Untersuchung vorliegenden Kenntnisstandes der Medizin vorgenommen werden. Dieser Kenntnisstand kann im Laufe der Zeit wiederum korrigiert werden, mit der Folge, dass das damaliges Ergebnis einer amtsärztlichen Un-tersuchung auf einem falschen Wissensstand beruht und der Bewerber doch hätte angenommen werden müssen. Zudem ist auch nicht ausgeschlossen, dass eine eintretende Dienstunfähigkeit im Einzelfall auf Umständen beruht, die erst nachträglich eingetreten sind.

Insgesamt erfolgt so eine Prognose zumeist auf Typisierungen. Es wird versucht, anhand vorlie-gender Indikatoren bei einem Bewerber den Eintritt einer Krankheit oder den Eintritt eines Ursa-chenprozesses, der zum Krankheitsfall führt, zu prognostizieren, was oft unter Heranziehung von Statistiken geschieht.

So kann eine Statistik etwa aussagen, dass im Schnitt 70 von 100 Personen mit dem Indikator X eine bestimmte Krankheit erleiden werden, die Wahrscheinlichkeit für eine Erkrankung also bei 70 % liegt. 30 von 100 Personen werden diese Krankheit nicht bekommen. Ein Bewerber, bei dem dieser Indikator festgestellt wurde, kann demnach entweder ab einem gewissen Alter an dieser Krankheit erkranken oder aber er bleibt davon komplett verschont. Unter Heranziehung des alten Maßstabes kann nun bei ihm nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlos-sen werden, dass er an dieser Krankheit erkranken wird. Obwohl ein Träger eines solchen Indika-tors nicht automatisch eine Tendenz zur Krankheit aufweisen muss und dies im Einzelfall bei ei-nem Bewerber auch nicht der Fall ist, wird der Betroffene zwangsläufig als krank eingestuft, ob-wohl er es gar nicht ist.

Es ist Bewerbern in einem solchen Fall auch gar nicht möglich, das Ergebnis der Untersuchung zu widerlegen und zu beweisen, dass er nicht erkranken wird. Allein die statistische Wahrschein-lichkeit ist hier der entscheidende Gesichtspunkt, da sie etwas darüber aussagt, ob eine Dienstun-fähigkeit ausgeschlossen werden kann. Die individuellen Eigenschaften des Bewerbers spielen insoweit keine Rolle.

5. Vorteile der neuen Rspr.

Gerade unter letztgenanntem Punkt sticht der entscheidende Vorteil des neuen Prognosemaßsta-bes eindeutig hervor. Es wird insgesamt bei der Beurteilung der gesundheitlichen Eignung we-sentlich mehr Rücksicht auf die individuellen Eigenschaften und Umstände des Einzelnen ge-nommen und Typisierungen spielen insoweit keine Rolle mehr. Dies macht das BVerwG zum ei-nen dadurch deutlich, dass “tatsächliche Anhaltspunkte” erforderlich seien, um eine gesundheitli-che Eignung verneinen und zudem die Prognosebeurteilung eine hinreichende Tatsachenbasis voraussetze. Die erhöhten Anforderungen, die das BVerwG an die medizinische Prognose stellt , zeigen, dass eine Beurteilung mehr der Individualität gerecht werden soll als dass sie nur auf sta-tistischen Wahrscheinlichkeiten fußt. Der Verneinung der gesundheitlichen Eignung werden so höhere Hürden gestellt.

Aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität und aus Gründen der Rechtssicherheit mag es ange-messen gewesen sein, die Beurteilungen anhand von Typisierungen vorzunehmen. Erstens ist es praktischer, sich an Statistiken zu orientieren als sich nur an dem Zustand der Person festzu-klammern, spart nebenbei sogar Zeit und Arbeit ein. Zweitens ist es auch für die Rechtsfindung einfacher, sich an gewissen Kriterien und Typisierungen festhalten zu können. Dem entgegen steht aber immer die Tatsache, dass festgestellte Indikatoren die fehlende Eignung nicht indizie-ren können, sodass Typisierungen zu einer mangelnden Individualgerechtigkeit führen.

Die Individualgerechtigkeit einerseits und die Verwaltungspraxis sowie Rechtssicherheit anderer-seits, die noch durch das fiskalische öffentliche Interesse an einem funktionsfähigen Beamtentum gestärkt werden, stehen sich also als Argumente von vornherein gegenüber. Allein durch Typisie-rungen kann hier aber zwischen diesen beiden Interessen keine praktische Konkordanz erreicht werden.

Überzeugend ist daher der neu definierte Maßstab, der dem Konflikt zwischen Staat und Bewer-ber am ehesten gerecht zu werden erscheint.

6. Konsequenzen des neuen Prognosemaßstabes für die Rspr. und Verwal-tungspraxis

Der neue Prognosemaßstab erscheint nun wesentlich bewerberfreundlicher. Bewerbern, bei de-nen der gesundheitliche Zustand vom Regelzustand abweicht, darf allein deswegen der Weg zum Beamtentum nicht genommen werden. Bei Personen, die zwar ein gewisses Risiko für eine Krankheit vorweisen, zum gegenwärtigen Zeitpunkt aber gesund sind, darf die gesundheitliche Eignung nunmehr nicht ohne Weiteres verneint werden.

Wenn wie in dem Fall, den das BVerwG zu entscheiden hatte, ein Bewerber an Multipler-Sklerose erkrankt ist, ist noch nicht automatisch anzunehmen, dass er gesundheitlich ungeeignet ist, nur weil er zu einer Personengruppe gehört, die ein erhöhtes Risiko für eine frühzeitige Dienstunfä-higkeit aufweist. Unter Umständen können nun auch chronisch kranke Bewerber ihren Weg in ein Beamtenverhältnis finden.

Entscheidend kommt es jetzt auf tatsächliche Anhaltspunkte beim Einzelnen und somit den Ein-zelfall an sich an, um eine gesundheitliche Eignung verneinen zu können. Gleichzeitig muss die Annahme der Nichteignung durch eine medizinisch fundierte Tatsachenbasis des Arztes zu bele-gen sein.

In Zukunft wird es also nicht mehr möglich sein, dass Zweifel bzgl. der gesundheitlichen Eignung ausreichen können, um eine Verbeamtung abzulehnen. Auch die jahrelange Rechtsprechungs-praxis, nach der für den Fall, dass gesundheitliche Auswirkungen auf die Dienstfähigkeit bei chro-nischen Grunderkrankungen nicht absehbar sind, eine Verbeamtung verweigert werden konnte , hat nach dem neuen Urteil des BVerwG keinen Halt mehr.

Auch bei interessanten Einzelfragen wie Übergewicht oder Diabetes wird das Pendel nun regel-mäßig zugunsten der Bewerber ausschlagen müssen. Einzelne Urteile in der Rspr., die davon ausgingen, dass allein die Erkrankung an Diabetes es rechtfertigt, die gesundheitliche Eignung zu verneinen, da zuckerkranke Menschen im Vergleich zu gesunden Menschen viel häufiger schwere Erkrankungen erlitten , sind unter Berücksichtigung des neuen Prognosemaßstabes weit über-holt.

Dass das BVerwG nun insgesamt vermehrt den Interessen der Bewerber Gewicht schenkt, lässt sich auch daran erkennen, dass in dem Urteil zwei weitere markante Änderungen in der Rspr. vorgenommen wurden. Zum einen steht bei der Feststellung der gesundheitlichen Eignung dem Dienstherrn kein eigener Beurteilungsspielraum mehr zu, zum anderen unterliegt die Eignungsbe-urteilung des Dienstherrn nunmehr der gerichtlichen Kontrolle.

7. Fazit

Der neue Prognosemaßstab des BVerwG scheint im Gegensatz zum bisherigen Maßstab geeig-neter zu sein, die gesundheitliche Eignung eines Beamtenbewerbers zu beurteilen. Er wird der Realität gerechter und vermeidet ungerechte Nichtverbeamtungen aufgrund von Typisierungen. Im Ganzen wird er dem Interesse des Bewerbers an einer individuellen, personenbezogenen und dem Umständen entsprechenden Einzelfallbewertung gerecht.

Dem öffentlichen Interesse, Mehrkosten infolge von frühzeitigen Pensionierungen zu verhindern, wird auch in Zukunft durch die Anwendung des neuen Prognosemaßstabes insoweit Rechnung getragen, als dass in Fällen, in denen eine vorzeitige dauerhafte Erkrankung mit wesentlicher Wahrscheinlichkeit angenommen werden kann, eine Verbeamtung nicht stattfindet.

Dieses fiskalische Interesse bleibt also nicht einfach auf der Strecke liegen, sondern wird vielmehr in einen gerechten Ausgleich mit dem Interesse des Bewerbers nach Individualgerechtigkeit gebracht. Man darf schon jetzt gespannt sein, wie die Rspr. in Einzelfragen anhand dieses neuen Maßstabes weiterhin entscheiden wird.

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