(Mynewsdesk) Weckruf an die Wirtschaft
Viele deutsche Hersteller sind internationale Marktführer bei Produkten. Doch dieser Erfolg darf sie nicht an der notwendigen Digitalisierung ihrer erfolgreichen Geschäftsmodelle hindern. Denn in diese Lücke könnten führende Internetunternehmen und neue Gründungen stoßen und die Schnittstelle zwischen Kunden, Herstellern und Dienstleistern besetzen. Noch hat Deutschland eine gute Ausgangsposition für die Industrie 4.0 und damit verbundene Smart Services Made in Germany.
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel sagte anlässlich der Übergabe des Arbeitskreis-Berichts am 16. März auf der CeBIT: Das acatech-Zukunftsprojekt Smart Service Welt hat intelligente Dienstleistungen zum Thema, mit der deutsche Anbieter neue Anwendungsfelder, Effizienz- und Wertschöpfungspotenziale erschließen können. Sie schaffen damit die Basis, wettbewerbsfähig zu bleiben. Das zum IT-Gipfel verkündete BMWi-Technologieprogramm Smart Service Welt – Internetbasierte Dienste für die Wirtschaft wurde auf der Grundlage von acatech-Erkenntnissen hierzu entwickelt und setzt das in der Digitalen Agenda, der Hightech-Strategie und dem Koalitionsvertrag verankerte Thema in Forschung und Entwicklung zeitnah um.
Wir können weder die Digitalisierung aufhalten noch unsere Geschäftsmodelle davor abschotten. Doch wir haben das Zeug, die Welt der Industrie 4.0 und der damit verbundenen Smart Services zu gestalten, sagte Henning Kagermann, Präsident von acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften und Co-Vorsitzender des Arbeitskreises Smart Service Welt. Aus Deutschland kommen Produkte von Weltruf. Im Wissen um die Nutzer und ihre Bedürfnisse sind jedoch andere besser. Nur wer beides zusammenbringt, kann attraktive Smart Services anbieten – das ist ein Wettrennen. Unsere großen und kleineren Marktführer sollten Kooperation wagen, Know-how aufbauen und auf dieser Basis von den Nutzern ausgehend gedachte Smart Services entwickeln.
Der Arbeitskreis Smart Service Welt empfiehlt die Einrichtung einer unternehmensgetriebenen Umsetzungsplattform, die Smart Services ganz konkret entwickelt, und einer politikgetriebenen Innovationsplattform, die den gesellschaftlichen Dialog voranbringt. Eine zentrale gesellschaftliche Herausforderung sehen die rund 140 Arbeitskreismitglieder aus Wirtschaft, Wissenschaft, Gewerkschaften, Verbänden und Verwaltungseinrichtungen in der Arbeitsorganisation. Die Fragen zur Zukunft der Arbeit in der Smart Service Welt reichen von der betrieblichen Mitbestimmung in überbetrieblichen Netzwerken bis hin zur Weiterentwicklung der Sozialversicherungssysteme, um einer digitalen Prekarisierung entgegenzuwirken. Für den Aufbau des nötigen Wissens empfiehlt der Arbeitskreis die Einrichtung Nationaler Kompetenzzentren für Smart Services.
Neue Geschäftsmodelle durch innovative Datennutzung
Smart Services sind individuell geschnürte Pakete aus Produkten, Diensten und Dienstleistungen, wie sie beispielsweise von Mobilitäts-Apps angeboten werden. Frank Riemensperger, Vorsitzender der Geschäftsführung von Accenture Deutschland und Co-Vorsitzender des Arbeitskreises erläutert: Im Zeitalter der Industrie 4.0 werden individualisierte Smart Services, die aus den Betriebsdaten der Produkte generiert werden, oft wichtiger als das Produkt selbst. Sie lösen damit die heute dominierenden Produkte und Dienstleistungen von der Stange ab. Wer Smart Services anbietet, der bestimmt die Beziehung zu den Kunden und erschließt sich zusätzliche Umsätze mit gänzlich neuen Geschäftsmodellen. Der Schlüssel für die Smart Service Welt sind Daten, die von den intelligenten Produkten der Industrie 4.0 bereitgestellt und auf neuen digitalen Plattformen gesammelt und verarbeitet werden. 15 Milliarden Produkte weltweit sind schon heute mit dem Internet verbunden, binnen fünf Jahren wird sich diese Zahl verdoppeln. Auch in scheinbar analogen Branchen werden sich Smart Services durchsetzen. So wandeln sich das Transportwesen und die Landwirtschaft in vernetzte Hightech-Branchen. Sogar Industrieanlagen werden bereits dank intelligenter, vernetzter Sensorik as a service geleast und gewartet.
Digitaler europäischer Binnenmarkt, IT-Sicherheit und Datenschutz
Rasches Wachstum in einem homogenen Heimatmarkt ist ein wichtiger Startvorteil für Smart Service Anbieter aus den USA und China. Europa braucht deshalb einen digitalen europäischen Binnenmarkt, um im globalen Wettbewerb bestehen zu können. Das Spektrum europaweiter Rahmenbedingungen reicht von einer gemeinsamen Datenschutzverordnung bis hin zum europäisch konzertierten Ausbau digitaler Infrastrukturen. IT-Sicherheit und Datenschutz sind für den Arbeitskreis Smart Service Welt weitere zentrale Voraussetzungen. Smart Services sind für die Nutzer erst vertrauenswürdig, wenn sie sicher sind und dahingehend unabhängig geprüft werden. Gemeinsam mit widerstandsfähigen Infrastrukturen (Resilienz) bilden diese das Sicherheitsparadigma der Zukunft.
Die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands steht auf dem Spiel
Damit die deutsche und europäische Wirtschaft ihre technologische Souveränität behaupten, müssen zügig gemeinsame digitale Plattformen getestet und aufgebaut werden. Erst wenn dies gelingt, werden Smart Services die Produktivität in Deutschland steigern und Wertschöpfung und Beschäftigung am Hochlohnstandort schaffen. Der Arbeitskreis Smart Service Welt sieht dafür dank der hochmodernen Unternehmen, qualifizierten Belegschaften und leistungsfähigen Forschungsinfrastrukturen eine gute Basis. Deutschland hat das Potenzial, mit Smart Products der Industrie 4.0, Smart Services Made in Germany und mit gut ausgebildeten Smart Talents eine digitale Führungsrolle zu übernehmen.
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