Attentatsplan auf polnisches Parlament vereitelt

Attentatsplan auf polnisches Parlament vereitelt

Ultranationalistischer Einzeltäter frühzeitig festgenommen.

Attentatsplan auf polnisches Parlament vereitelt

Lars Bosse

Dominantes Thema in Polen ist seit dem letzten Wochenende das durch die Agentur für
Innere Sicherheit (ABW) verhinderte Attentat auf das Parlamentsgebäude in Warschau.
Ein 45-jähriger Mann aus Krakau, Brunon K., wissenschaftlicher Mitarbeiter der dortigen landwirtschaftlichen Hochschule hatte Zugang zu chemischen Materialien, um eine Bombe zu bauen. Sein Anschlagsziel war das polnische Parlament Sejm. Während der Haushaltsdebatte wollte er mit vier Tonnen Sprengstoff eine Explosion auslösen. Damit waren nicht nur die anwesenden Abgeordneten und Regierungsmitglieder gefährdet, sondern auch der Staatspräsident Komorowski, der an der Debatte teilnehmen wollte.
“Wenn es dem potentiellen Attentäter gelungen wäre, wäre dies nach dem 2.April 2010 eine zweite nationale Tragödie in Polen”, so Lars Bosse, Polenexperte und ehemaliges Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Deutsch-Polnischen IHK.

Der Mann wurde am 9. November 2012 festgenommen, zwei Tage vor dem polnischen Unabhängigkeitstag am 11.11. jeden Jahres.
Der Ministerpräsident, Donald Tusk, war bereits am 31. Oktober in Kenntnis gesetzt worden, dass in Krakau ein Mann ins Visier genommen worden war, der sich “einen Attentatsversuch auf die Verfassungsorgane der Republik Polen” zum Ziel gesetzt hatte, wie die Gazeta Wyborcza berichtete.
Die ABW teilte damals mit, dass er Einzeltäter sei und keiner politischen Organisation oder Strömung angehöre. Er fordere einen Systemwechsel und “keine Fremden in der Regierung”. Die ersten Versuche zur Herbeiführung einer Explosion führte er bereits 2001 durch und die ABW war bereits seit fast einem Jahr über sein Vorhaben informiert. Hierbei sollen auch zwei V-Leute zum Einsatz gekommen sein.
Große Zweifel hat Lars Bosse daran, ob es überhaupt gelungen wäre, den Sprengstoff in den Sejm zu bringen: “Von meinen zahlreichen Besuchen im Sejm kenne ich die umfangreichen Sicherheitsvorkehrungen – diese waren in den letzten Jahren für Besucher aufgestockt worden”, so Bosse.
Die Motivation von Brunon K. liegt nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden in allgemeinem Fremdenhass, Antisemitismus und übersteigertem Nationalismus. Er sei davon überzeugt gewesen, dass sich die politisch-gesellschaftliche Situation in Polen in eine falsche Richtung entwickle. Er hatte sich u.a. auch in Internetforen geäußert, unter anderem rief er dazu auf, sich gegen “den rothaarigen Banditen zu organisieren”. Hiermit könnte der Ministerpräsident Tusk gemeint gewesen sein.
Dieser äußerte nach Bekanntwerden, das dies ein Warnsignal für alle Polen sei. Es ist an der Zeit, auf Hassrhetorik zu verzichten, die offenbar derartige unberechenbare Gedankenwelten und Handlungen hervorbringen, wie Gazeta Wyborcza und Rzeczpospolita übereinstimmend vermelden. “Das Gedankenmodell des potentiellen Attentäters ist sicher durch die eingeräumte Falschberichterstattung der Rzeczpospolita Ende Oktober zum Flugzeugabsturz in Smolensk noch angefacht worden”, so Bosse. “Für die Konservativen in Polen brachte der angebliche Nachweis von Sprengstoff an Flugzeugteilen endlich den Beweis, den sie solange vermisst haben. Erst jetzt können Sie erneut die Attentatsthese und die Vertuschungspolitik der Regierung anprangern.”
Die führende Oppositionspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) von Jaroslaw Kaczynski äußerte Kritik an der Arbeit der ABW: Es sei zu voreilig gehandelt und nicht alle Verdächtigen seien festgenommen worden. Gerade die PiS sei in besonderer Gefahr gewesen, da ihre Plätze in Nähe der Präsidenten-Loge sind, so ließ sich Antomi Macierewicz von der Gazeta Wyborcza zitieren.

Trotz dieses Ermittlungserfolges der ABW will Ministerpräsident Tusk seine Pläne weiter verfolgen, das Tätigkeitsfeld der Agentur einzuschränken. Die ABW solle sich auf die Ermittlung der wichtigsten Bedrohungen konzentrieren und nicht mit der Polizei sowie der Antikorruptionsbehörde bei Ermittlungsverfahren wetteifern, wollen Gazeta Wyborcza und Rzcezpospolita erfahren haben.

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