Anreize und Rahmenbedingungen für Walderhalt und Klimaschutz im Kakaosektor

Forum Nachhaltiger Kakao beleuchtet prioritäre Maßnahmen und Verantwortlichkeiten für ein förderliches Umfeld für Walderhalt und Klimaschutz

Berlin/Köln, 01.02.2022 – Was ist ein förderliches Umfeld für Walderhalt und Klimaschutz und wie muss es gestaltet werden? Welche Ansätze und Erfahrungen gibt es bereits in den Produzentenländern sowie auf deutscher und europäischer Ebene? Welche Herausforderungen bestehen und welche weiteren prioritären Maßnahmen und Anreize sind notwendig? Diese und weitere Fragen diskutierten Vertreterinnen und Vertreter aus Politik und Industrie sowie der Zivilgesellschaft in der virtuellen Veranstaltung des Forum Nachhaltiger Kakao. Diese fand anlässlich der ISM 2022 am 1. Februar zum Thema „Enabling Environment: Anreize und Rahmenbedingungen für Walderhalt und Klimaschutz im Kakaosektor“ statt.

Walderhalt und Klimaschutz gehören zu den größten Herausforderungen im Kakaosektor, insbesondere in Westafrika. So wurde von 1960 bis 2021 der Waldbestand in der Côte d‘Ivoire um etwa 80 Prozent, davon allein in den letzten 30 Jahren um 62 %, auf knapp drei Millionen Hektar reduziert. Das Forum Nachhaltiger Kakao setzt sich dafür ein, die kakaobedingte Entwaldung zu beenden und zum Walderhalt, der Biodiversität und zur Wiederaufforstung beizutragen.

„Wir begreifen die heutige Veranstaltung auch als Auftakt unseres zehnjährigen Jubiläumsjahres, in dem wir unsere bisherigen Aktivitäten Revue passieren lassen und gemeinsam in die Zukunft blicken wollen“, begrüßte Merit Buama, Vorsitzende des Forum Nachhaltiger Kakao, die über 80 virtuellen Teilnehmenden. Sie rief diese auf, konkrete Empfehlungen zu diskutieren und mahnte zur Bereitschaft, auch das eigene Handeln zu reflektieren und nötigenfalls anzupassen.

Die Rednerinnen und Redner stellten die wichtigen Rahmenbedingungen für Walderhalt und damit für Klimaschutz, wie etwa ein funktionierendes Rückverfolgbarkeitssystem, eine anspruchsvolle Forstgesetzgebung, die auch umgesetzt wird, strikte Kontrollen dieser und auch notwendige Sanktionen bei Nichteinhaltung heraus. Sie beleuchteten die unterschiedlichen Verantwortlichkeiten der Akteure und diskutierten gemeinsame Herausforderungen mit dem Veranstaltungspublikum.

Der im November 2021 veröffentlichte Legislativvorschlag der EU-Kommission zu entwaldungsfreien Produkten, der dazu beitragen will, den Konsum von Produkten aus mit Entwaldung in Zusammenhang stehenden Lieferketten zu vermeiden, stellt Wirtschaft und Produzentenländer vor große Herausforderungen, die im Rahmen der Veranstaltung eingehend diskutiert wurden.

Dirk Meyer, Abteilungsleiter im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) betonte in seiner Begrüßungsrede: „Die Frage der globalen Verantwortung zeigt sich in den Lieferketten.“ Mit Blick auf den Legislativvorschlag der EU-Kommission zu Entwaldung werde seitens des BMZ bereits an Unterstützungsmaßnahmen für die Kakao produzierenden Länder gearbeitet. „Das Forum Nachhaltiger Kakao hat die richtigen Weichen gestellt. Die Einbindung aller Stakeholder ist notwendig, um ein Enabling Environment zu erreichen“, schloss Meyer.

Im Folgenden zeigten die Mitglieder des Forum Nachhaltiger Kakao, Andreas Ronken (Alfred Ritter GmbH & Co KG) und Carsten Simon (Mars Wrigley), sowie ein Vertreter der Zivilgesellschaft der Côte d’Ivoire, Bakary Traoré (IDEF), auf, welche Veränderungen der politischen Rahmenbedingungen und Gestaltungsprozesse mit Blick auf Walderhalt und Klimaschutz sie sich wünschen. Dazu wandten sie sich direkt an die politischen Entscheidungsträgerinnen und -träger. Die beiden Unternehmensvertreter forderten dabei die schnellere und stringente Umsetzung von Gesetzen und Regelwerken zum Walderhalt sowie auch deren Kontrolle. „Es braucht aber auch klare, einfache Regelungen, um Investitionsentscheidungen in Westafrika zu fördern“, so Andreas Ronken. Carsten Simon ergänzte, dass es ganzheitliche und transformative Lösungen für den gesamten Kakaosektor brauche. „Wir müssen die strukturellen Probleme an der Wurzel packen“, sagte Simon. Seitens der Zivilgesellschaft betonte Bakary Traoré, wie wichtig Bildung, Ausbildung und Sensibilisierung der Gemeinschaften in ländlichen Gebieten für den Erhalt der Wälder sind. Seiner Ansicht nach müsse auch dafür gesorgt werden, dass die Kakaobäuerinnen und -bauern leben können, anstatt nur zu überleben. Die Bauernfamilien müssten ein besseres Einkommen erwirtschaften, wofür es ein faires Preissystem und auch technische Unterstützung brauche. Ebenso forderte er: „Die bestehenden Regeln müssen umgesetzt und unabhängig kontrolliert werden. Wir brauchen auch strenge Sanktionsmöglichkeiten, da die Umsetzung ansonsten scheitert“, so Traoré. Dabei käme der Zivilgesellschaft die Rolle einer zusätzlichen Kontrollinstanz zu.

Urszula Stepkowska, stellvertretende Referatsleiterin in der Generaldirektion Handel der EU-Kommission, stellte den Bezug zu den im letzten Jahr stattgefundenen EU Cocoa Talks her und gab einen tieferen Einblick in den Legislativvorschlag der EU-Kommission zum Thema entwaldungsfreie Produkte. „Es wird eine Übergangsperiode geben, in der die notwendigen Anpassungen vorgenommen werden können“, sagte Stepkowska. Wichtige Elemente der Umsetzung seien Rückverfolgbarkeit in der Kakaowertschöpfungskette, Standards, nachhaltige Produktion, aber auch Preise und Einkommen. „Diese Elemente bilden den Rahmen für die Unterstützung, die wir den Erzeugerländern und Stakeholdern bieten können, um entwaldungsfreie Produkte auf den Markt zu bringen“, ergänzte Regis Meritan, Teamleiter in der Generaldirektion für Internationale Partnerschaften der EU-Kommission. Die Zusammenarbeit mit Bauernorganisationen und lokalen Stakeholdern sei hierfür unabdingbar.

Roselyn Fosuah Adjei, Direktorin für Klimawandel bei der Forestry Commission in Ghana, stellte die Ursachen der kakaobedingten Entwaldung in Ghana heraus und betonte die langjährige Loyalität Ghanas und der Côte d’Ivoire, die europäischen Länder mit Kakao zu versorgen. „Wir wünschen uns, dass die EU die Vorschläge der Erzeugerländer akzeptiert und bestehende nationale Gesetzgebungen in Überlegungen für eine einheitliche EU-Gesetzgebung integriert“, so Adjei. Sie schloss, dass alle Akteure ihr gemeinsames Engagement fortführen müssten: „Es sollte aber nicht nur um Engagement gehen. Ich glaube, wir sollten die nächste Stufe erreichen und wirklich alle unterschiedlichen Stakeholder und ihre Ansichten miteinbeziehen, als Ausgangspunkt für gemeinsame Ziele und Fortschritte.“

Robert Yapo Assamoi, Fachberater im Ministère des Eaux et Forêts in der Côte d’Ivoire, erläuterte insbesondere die Herausforderungen für die Erzeugerländer, die sich aus dem EU-Rechtsrahmen ergeben. Dabei verwies er ebenfalls auf die Wichtigkeit der engen Zusammenarbeit aller Akteure und Plattformen. „Es gibt Hoffnung. Mit der neuen EU-Regelung werden die Rahmenbedingungen für die Produktion von nachhaltigem Kakao geschaffen. Wir brauchen jedoch nicht nur Sanktionen, sondern auch eine unterstützende Begleitung der Kakaobäuerinnen und -bauern, etwa für die, die sich aktuell noch in den Wäldern befinden. Ein Moratorium ist notwendig, um einen reibungslosen Übergang zu einem entwaldungsfreien Kakaoanbau zu ermöglichen“, erklärte Assamoi.

Dr. Katharina Böttcher, Abteilungsleiterin im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) verwies in ihrer Abschlussrede auf die Bedeutung und Verantwortung der Unternehmen und der Konsumentinnen und Konsumenten im Kampf für Walderhalt und Klimaschutz: „Neben der Unterstützung und Beratung der Erzeugerländer halte ich begleitende konsumentenseitige Maßnahmen für unabdingbar, um die Entwaldung im Zusammenhang mit der Produktion von Agrargütern für den Export in die EU zu vermeiden.“ Frau Dr. Böttcher begrüßte aus diesem Grund auch ausdrücklich den Verordnungsvorschlag zu entwaldungsfreien Lieferketten, der genau hier ansetzt. „Den Erhalt des Waldes zu sichern und die Entwaldung zu stoppen, ist eines der großen Ziele, zu dem das Forum Nachhaltiger Kakao beitragen will“, schloss sie und dankte allen Teilnehmenden für die erfolgreiche Veranstaltung.

Klimaneutrale Veranstaltung des Forum Nachhaltiger Kakao e.V.

 

Über das Forum Nachhaltiger Kakao e.V.

Der Verein ‚Forum Nachhaltiger Kakao‘ ist eine gemeinsame Initiative von Bundesregierung, Zivilgesellschaft, Industrie und Handel und bringt relevante Akteure aus Deutschland mit denen aus den Produktionsländern sowie internationalen Initiativen zusammen.

Das Ziel des Forums ist es, die Lebensumstände der Kakaobauern und -bäuerinnen zu verbessern, die natürlichen Ressourcen und die Biodiversität in den Anbauländern zu schonen und zu erhalten sowie den Anteil an nachhaltig erzeugtem Kakao zu erhöhen. Das Forum Nachhaltiger Kakao hat aktuell 80 Mitglieder und steht weiteren Interessenten offen. Im Jahr 2022 feiert das Forum Nachhaltiger Kakao sein zehnjähriges Bestehen.

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