Pünktlich zum Jahreswechsel ist in weiten Teilen das Gesetz zur Novellierung des Finanzanlagenvermittler- und Vermögensrechts (FinVermV) in Kraft getreten. Damit gelten generell ab diesem Zeitpunkt für alle Finanzanlagenvermittler die Pflichten des Paragrafen 34 f der Gewerbeordnung (GewO). Eine Verortung und Einschätzung von Tobias Hirsch, Vecta GmbH und Michael Oehme, CapitalPR AG.
(fw/ah) “Bereits seit dem 1. Juni 2012 unterliegen die so genannten gebundenen Vermittler gemäß § 2 (10) KWG ähnlichen – sogar noch erweiterten – Pflichten. Es handelt sich dabei um Anlageberater, die unter einem Haftungsdach tätig sind. Im Gegensatz zu den gebundenen Vermittlern übernehmen 34 f-Vermittler dabei ihre Haftung selbst. Das ist ein wesentlicher Unterschied und sollte eher zu mehr Sorgsamkeit in der Arbeit motivieren als zu Unbesonnenheit. Schließlich hat der Gesetzgeber mit dem §34f für Anlegerschutzanwälte damit auch beste Voraussetzungen geschaffen, Vermittler und Berater bei Fehlberatung in den Regress zu nehmen. So beispielsweise im Hinblick auf die Vorgaben beim Beratungsprotokoll. Es ist also ein Trugschluss zu glauben, dass man als Vermittler beispielsweise von Investmentfonds oder geschlossenen Fonds im ersten Halbjahr 2013 so weiter machen kann wie bisher, es sei denn, man erfüllte bereits bisher schon die Vorgaben des §34f GewO. Doch welcher Anlageberater macht seine Kunden bislang schon freiwillig darauf aufmerksam, dass eine Fondsbeteiligung auch „innere” Weichkosten enthält und in welcher Höhe… Nur eine von vielen neuen Forderungen. Oder dass gegebenenfalls ein Interessenkonflikt besteht, da man eine sehr enge vertriebliche Beziehung zu einem Emittenten hat?
Verschärfte Pflichten gelten ab jetzt
Zwar wurden Anfang des Jahres von einigen Marktteilnehmern Schreiben verschickt, es würde reichen, wenn man bis zum 30. Juni seinen Antrag beispielsweise auf Umwandlung von 34c GewO in 34f GewO stellt, zumal viele der Betroffenen unter die „Alte Hasen-Regelung” fallen dürften – diese Aussage ist aber definitiv falsch. Denn die Vorgaben gelten dem Grunde nach schon ab jetzt, selbst wenn die Möglichkeit besteht, die formalen Voraussetzungen erst später zu erfüllen. Derartige Aussagen verlagern das Haftungsrisiko direkt vom Emittenten auf den Vermittler, zumal dann, wenn diese – um beim Beispiel der geschlossenen Fonds zu bleiben – ihrer Verpflichtung nicht nachkommen, das Produktinformationsblatt und WpHG-konforme Prospektunterlagen rechtzeitig zu liefern. „Alte Hasen“ sind von der Sachkundeprüfung befreit. Vermittler, die die Sachkundeprüfung erbringen müssen, haben, wenn sie eine Erlaubnis nach § 34c hatten, Zeit bis zum 31.12.2014. Die Sachkundeprüfung muss nicht ablegen, wer über eine in § 1 FinVermV genannte Qualifizierung verfügt. Nachzuweisen sind die Leistungsvoraussetzungen für die „Alte Hasen-Regelung” durch Vorlage von lückenlosen Prüfberichten nach § 16 Abs. 1 Satz 1 MaBV (Verordnung über die Pflichten der Makler, Darlehensvermittler, Bauträger und Baubetreuer). Diese müssen ununterbrochen seit 1.1.2006 die Arbeit als 34c-Vermittler bestätigen. Eine einzige Negativerklärung in diesem Zeitraum führt bereits zur Aberkennung. Gerade Versicherungsmakler, die gelegentlich Kapitalanlagen verkauften, dies aber nicht deklarierten, können so schnell ihren Anspruch verlieren. Grundsätzlich gilt dabei, dass man sich unter drei frei wählbaren Anlagebereichen entscheiden kann: – Investmentfonds (§ 34f Ziffer 1 GewO),
– Kommanditbeteiligungen (§ 34f Ziffer 2 GewO)
– und/oder sonstige Vermögensanlagen (§ 34f Ziffer 3 GewO).
Hierunter fallen nach jetzigem Stand faktisch alle Formen von Beteiligungen, auch Genussrechtskapital. Die Ausnahme bildet lediglich die Vermittlung von Nachrangdarlehen, die nach wie vor unter die Darlehensvermittlung des § 34c GewO fallen. Hier gibt es aber bereits erste Gerichtsentscheidungen, dass diese Anlageformen nicht mehr an Privatkunden vermittelt werden dürfen- so. z.B. eine aktuelle Entscheidung des OLG München.
Sachkunde-Nachweis überschätzt
Die Anforderungen im 34f GewO betreffen jedoch nicht nur die Voraussetzungen im Hinblick auf die Sachkunde, sondern verlangen auch geordnete wirtschaftliche Verhältnisse, vor allem aber sind umfangreiche Informations-, Beratungs- und Dokumentationspflichten zu erfüllen. Gerade dieser Abschnitt wird stark unterschätzt, obwohl sich die Forderungen in diesem Zusammenhang stark an den Forderungen des Wertpapierhandelsgesetzes orientieren und damit entsprechend streng sind. Hier dürften sich in Zukunft auch die größten Haftungsfallen ergeben und eine Umsetzung der Aufzeichnungs-, Aufbewahrungs- und Prüfungspflichten, vor allem deren lückenlose und revisionssichere Dokumentation scheint ohne eine EDV-gestützte Lösung nahezu unmöglich. Danach sind zunächst die wirtschaftlichen Verhältnisse des Kunden neutral zu dokumentieren, um in einem Folgegespräch eine auf die Verhältnisse des Kunden zugeschnittene Beratung vorzunehmen. Hierbei muss zwingend das Risikoprofil des Kunden Einzug in die Beratung finden. Will dieser beispielsweise eine Anlage, bei der Kapitalverlust ausgeschlossen ist, fallen geschlossene Fonds, aber auch Investmentfonds aus. Weniger problematisch dürfte sein, dass § 34f-Vermittler künftig registriert sind und eine Vermögenschadenhaftpflichtversicherung besitzen müssen. Dies wäre schon aus Selbstschutzgründen zu empfehlen. Zudem besteht ab dem kommenden Jahr die Verpflichtung, seinen Geschäftsbetrieb durch einen unabhängigen Wirtschaftsprüfer jährlich testieren zu lassen (§ 24 FinVermV). Hier empfiehlt sich ein Vergleich unter den vermutlich bis dahin gegebenen Angeboten, um nicht mit übermäßigen Kosten belastet zu werden.
Fazit
Mit dem § 34f GewO hat der Gesetzgeber in einem ersten Schritt für klare Berufsvoraussetzungen gesorgt. Man kann davon ausgehen, dass es letztendlich dessen Ziel sein wird, alle ungebundenen Finanzdienstleister zu regulieren. Zynisch könnte man sagen, mit dem § 34f „üben“ diese derzeit den nächsten Schritt – die Unterstellung unter ein Haftungsdach. Ob die derzeitigen Anforderungen dabei angemessen sind, soll an dieser Stelle nicht beurteilt werden, da sie sich ja auch noch in der Berufspraxis bewähren müssen. So ist in einzelnen Bundesländern noch nicht einmal die Zuständigkeit geklärt. Jedes Bundesland hat dabei für sich alleine entschieden, ob das Gewerbeamt oder die IHK Ansprechpartner ist. Auch gibt es unterschiedliche Kosten im Hinblick auf die Antragstellung und Registrierung. Dieses Problem wird sich aber noch einschleifen. Wichtiger ist ein anderer Aspekt: Die Vermittler und Berater in Deutschland zeichnen sich bei betriebswirtschaftlicher Prüfung durch ein krasses Missverhältnis zwischen Aufwand und Nutzen aus. Das in anderen Industriebereichen übliche Outsourcing von Dienstleistungen, wie beispielsweise im Bereich der Verwaltung, findet viel zu wenig statt und behindert den Finanzberater so bei seiner eigentlichen Arbeit. Immer mehr Bestandskunden mit immer mehr Verwaltung führen so zwangsläufig zu immer weniger Neuumsatz. Eine gefährliche Spirale. Bankberater kennen dieses Problem nicht. Sie greifen auf ein standardisiertes Angebot mit allen Kundendaten zu und dürften damit einmal mehr Wettbewerbsvorteile haben.”
Weitere Informationen unter http://www.vecta-gmbh.de