Viel Prominenz und lokale Akteure beim Spatenstich für das erste Effizienzhaus Plus im Geschosswohnungsbau. Das Gebäude der Nassauischen Heimstätte produziert kein CO2 mehr. Energieüberschuss lädt Elektromobile auf.
Im Frankfurter Stadtteil Riedberg baut das Wohnungsunternehmen ein Gebäude im Effizienzhaus Plus Standard mit 17 Zwei- bis Fünf-Zimmer-Wohnungen auf 1.600 Quadratmetern Gesamtwohnfläche in vier Vollgeschossen und einem Dachgeschoss. Neben Wirtschaftsminister Florian Rentsch, der auch Aufsichtsratsvorsitzender der Nassauischen Heimstätte ist, fanden sich am Dienstag Bürgermeister und Planungsdezernent Olaf Cunitz sowie der Geschäftsführer der HA Standentwicklungsgesellschaft Friedhelm Flug zum Spatenstich ein. Rund 50 Gäste aus der Stadtpolitik und dem Stadtteil begleiteten die Veranstaltung. Das Unternehmen rechnet mit rund zwei Jahren Bauzeit.
Verbindung von Mobilität und Immobilität
Das Konzept, mehr Energie zu erzeugen als die Bewohner für Wärme und Haushaltsstrom benötigen, ist in Einfamilienhäusern bereits erprobt. “Wir bauen nach unseren Recherchen aber eines der ersten Mehrparteienhäuser im Effizienzhaus Plus Standard, das auch noch einen Energieüberschuss für andere Anwendungen wie Elektromobilität erzeugt. Damit ist dieses “Aktivhaus” ein echtes Pionierprojekt”, betonte der Leitende Geschäftsführer Prof. Thomas Dilger. “Energieeffizientes Bauen ist ein wichtiger Beitrag, um die Heizkosten der Verbraucher zu drosseln”, sagte Hessens Wirtschaftsminister Florian Rentsch. “Deshalb unterstützen wir das Vorhaben mit rund 1,7 Millionen Euro. Mit diesem Objekt setzt die Nassauische Heimstätte bereits heute ein Zeichen für energieeffizientes Bauen und Wohnen in der Zukunft. Dies ist ganz im Sinne der Landesregierung, die mit ihrer neuen Wohnraumförderung auf den demografischen Wandel, aber auch auf die Herausforderung des Klimawandels reagiert.”
Auch Frankfurts Bürgermeister und Planungsdezernent Olaf Cunitz sprach von einem “wegweisenden Projekt”: “Ich bin überzeugt, dass mit diesem Aktivhaus die Nassauische Heimstätte eine Vorreiterrolle einnimmt, die in den kommenden Jahren etliche Nachahmer finden wird.” Neben dem ökologischen hob Bürgermeister Cunitz auch den sozialpolitischen Aspekt hervor: “Die Bewohner sind unabhängig von herkömmlicher Heizung, Kühlung und den damit verbundenen hohen Energiekosten.” Der Geschäftsführer der HA Stadtentwicklungsgesellschaft Friedhelm Flug hob die Bedeutung des “Aktivhauses” für den jungen Stadtteil hervor: “Als Projektentwickler für das gesamte Riedberg-Areal freuen wir uns ganz besonders über dieses innovative Wohnungsbauvorhaben, der Stadtteil Riedberg ist schon jetzt vorbildlich in punkto Energieeffizienz, mit diesem Leuchtturm-Projekt bewegen wir uns an der Spitze einer nachhaltigen Energieversorgung im Wohnungsbau”.
Energieautark und CO2-frei
Der Energieüberschuss soll, so die Planung, auch gleich vor Ort verwendet werden und Elektroautos und E-Bikes in der Tiefgarage des Gebäudes aufladen, die von den Mietern gemeinsam genutzt werden. Theoretisch reicht die dafür zur Verfügung stehende Menge, damit die zehn vorgesehenen Elektromobile jeweils 12.800 Kilometer im Jahr fahren können. Gesucht wird für diese Verbindung von Plus-Energie-Bauweise und Elektromobilität zurzeit noch ein Partner für ein Car-Sharing-Modell. Zukünftige Mieter können damit auf ein eigenes Fahrzeug verzichten und eines der Car-Sharing-Fahrzeuge oder die fußläufig erreichbare U-Bahn-Verbindung nutzen.
Das Gebäude ist als “Nur-Stromhaus” konzipiert. “Wir verbrennen keine Energieträger, um zum Beispiel Wärme zu produzieren und der Strom wird ausschließlich über die hauseigenen Photovoltaikmodule erzeugt. Damit versorgt sich das Gebäude nicht nur völlig autark mit Energie, sondern ist auch noch frei von jeglichen CO2-Emmissionen”, erläutert Dilger. Entworfen hat das Mehrfamilienhaus Prof. Manfred Hegger mit seinem Kasseler Büro HHS Planer + Architekten. Die Photovoltaikmodule sind in das um zehn Grad geneigte Dach und in die Südfassade des Gebäudes integriert und liefern einen Stromertrag von 86.000 Kilowattstunden pro Jahr (kWh/a). Die Wärmepumpe, sozusagen die Heizung des Hauses, verbraucht 15.000 kWh/a. Die Mieter werden bei der Anschaffung von modernen Haushaltsgeräten des Energieeffizienzlabels A++ unterstützt, die 36.000 kWh/a verbrauchen. Der rechnerische Überschuss von 32.000 kWh/a wird in den Elektromobilen und in einer Batterieanlage gespeichert.
Eis produziert Wärme
Energiequellen sind Photovoltaikmodule auf dem Dach und an der Südfassade, ergänzt um einen unterirdischen Eisspeicher. Er liegt nur etwa einen Meter unter der Erde, teure und aufwändige geothermische Bohrungen entfallen damit. Die Wärmeversorgung funktioniert auch, wenn die Temperaturen mal längere Zeit unter den Gefrierpunkt fallen. Der Eisspeicher nutzt dann die hohen Energieerträge beim Phasenübergang von Wasser zu Eis für die Wärmeerzeugung. Die Gebäudeform sowie die Kompaktheit des Baukörpers und seine Ausrichtung sorgen dafür, dass Tageslicht, natürliche Lüftung und Sonneneinstrahlung optimal genutzt werden können. Die Gebäudehülle mit Boden, Wänden, Dach und Fenstern orientiert sich an den Anforderungen des Passivhaus-Standards. Eine mechanische Lüftung mit Wärmerückgewinnung reduziert Wärmeverluste im Winter und erhöht den Wohnkomfort. Die natürliche Lüftung über die Fenster bleibt auch hier jederzeit möglich.
Test für den Baustandard der Zukunft
Die Baukosten liegen um etwa 25 Prozent über denen eines herkömmlich nach den Vorgaben der Energieeinsparverordnung errichteten Gebäudes. Neben der Wohnungsbauförderung durch das Land Hessen und die Stadt Frankfurt kommen weitere Fördermittel des Bundesbauministeriums für Modellhäuser hinzu, die den Effizienzhaus-Plus-Standard erfüllen, sowie aus dem KfW-Programm Energieeffizient Bauen. Die Wohnungen am Riedberg sollen für 12 bis 14 Euro pro Quadratmeter vermietet werden, für die zukünftigen Mieter fallen jedoch keine Stromkosten an. Nach einer zweijährigen wissenschaftlichen Begleitung des Projekts soll klar sein, ob sich die Bauweise bewährt hat, um sie in großem Stil auf den Wohnungsneubau anzuwenden. “Wir müssen jetzt anfangen, zukunftsorientiert zu bauen und neue Technologien auf Massentauglichkeit zu testen, wenn wir die Energiewende im Gebäudebereich schaffen wollen”, ist sich Dilger sicher.
Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte/Wohnstadt
Die Nassauische Heimstätte Wohnungs- und Entwicklungsgesellschaft mbH, Frankfurt/Main, bietet seit 90 Jahren umfassende Dienstleistungen in den Bereichen Wohnen, Bauen und Entwickeln. Sie beschäftigt rund 660 Mitarbeiter. 2005 erwarb die Nassauische Heimstätte die Anteile des Landes Hessen an der Wohnstadt Stadtentwicklungs- und Wohnungsbaugesellschaft Hessen mbH, Kassel. Durch den Zusammenschluss avancierte sie zu einem der führenden deutschen Wohnungsunternehmen: der Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte/Wohnstadt mit 62.000 Mietwohnungen in 150 Städten und Gemeinden. Diese werden aktuell von rund 260 Mitarbeitern – in vier Regional- untergliedert in 13 Service-Centern – betreut. Aus der gestiegenen Nachfrage heraus entwickelte sich im folgenden Jahr die Marke “NH ProjektStadt”. Dort werden Kompetenzfelder gebündelt, um nachhaltige Stadt- und Projektentwicklungsaufgaben sowie Consulting-Aktivitäten im In- und Ausland durchzuführen.
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