Warum Inhouse-Akademien die Zukunft sind
Ohne Weiterbildung geht heute nichts mehr. Externe Trainings sind oftmals zu wenig an das Unternehmen angepasst. Doch lohnt es sich, eine eigene Inhouse-Akademie aufzubauen? Was ist zu beachten? Und wie geht man vor? HR Business-Experte Andreas Klement erläutert, was in der Personalentwicklung schiefläuft und welche Strukturen geschaffen werden müssen, um das interne Wissen optimal zu entfalten.
“Ein erfolgreiches Unternehmen muss mehr als bisher das Lernen unternehmen, es muss sich als “learning company” verstehen,” findet Volkmar Denner, Geschäftsführer der Robert Bosch GmbH. Sein Unternehmen macht vor, wie das geht: mit der weltweiten, bereichsübergreifenden Initiative “Bosch Learning Company” bietet es seinen Mitarbeitern digitale Lerntechnologien, virtuelle Klassenräume und mobiles Lernen und geht damit einen neuen Weg in der internen Weiterbildung. Ziel der 2016 ins Leben gerufenen Akademie ist es, das Lernen attraktiver, schneller und selbstgesteuerter zu machen. Aktuell wird ein zentrales Learning Portal entwickelt, das allen Mitarbeitern Zugang zu vielfältigen Contents, Trainings, Communities und digitalen Lernplattformen bietet. Somit wird Lernen und damit auch die Aus- und Weiterbildung zu einem zentralen Erfolgsfaktor der Transformation von Bosch.
Unternehmen befinden sich heute in einem Kompetenz- und Geschwindigkeitswettbewerb und die Digitalisierung bietet die Möglichkeit unbegrenzter Informationszugänge. Doch diese geschickt zu nutzen, muss gelernt werden.
Was ist wichtig, was relevant? – Informationen wollen in kürzester Zeit selektiert und bewertet werden. Um agile, flexible und dynamische Mitarbeiter zu erhalten, die dies können, muss sich das interne Lernen verändern und an die neuen Anforderungen anpassen. Dafür ist es entscheidend, als Unternehmen über relevantes Wissen verfügen und es intern effektiv weitergeben zu können.
Was in der Weiterbildung schief läuft
Vielen Unternehmen ist es bisher nicht gelungen, die nötigen Lern- und Entwicklungsprozesse ihrer Mitarbeiter zu beschreiben und zu standardisieren. Personalentwicklung findet immer noch vor allem “ad hoc” und nach Bedarf statt.
Oftmals führen Weiterbildungsmaßnahmen am Ziel vorbei, weil Maßnahmen nicht aufeinander abgestimmt sind. Zum einen sind externe Weiterbildungsangebote von der Stange oft zu wenig an die spezifischen Bedarfe angepasst. Zum anderen fehlt es in vielen Unternehmen intern an systematischen Qualifizierungsprogrammen.
Die Folge: Redundante Strukturen münden in ineffizienten Lernformaten. Diese verhindern, dass Anlass, Zieldefinition, Erfolgskriterien und Investitionsbedarf von Maßnahmen klar formuliert und aufeinander abgestimmt werden. Wenn jeder Verantwortliche für seine Mitarbeiter ein eigenes Weiterbildungspotpourri zusammenstellt und dadurch ähnliche Seminare nebeneinander angeboten werden, gehen zwangsläufig Synergien verloren.
Uneinheitliche Prozesse führen außerdem dazu, dass Kennzahlen für Qualifizierungen gar nicht erst definiert und ebenso wenig ausgewertet werden. Die dadurch entstehenden unvollständigen und bruchstückhaften Datensätze taugen wenig und lassen systematische Maßnahmen versanden.
Ein Hoffnungsschimmer: Mehr und mehr Unternehmen erkennen zum Glück ihre Defizite und sind heute nur noch bereit, in Weiterbildung und Kompetenzentwicklung zu investieren, wenn die Wirksamkeit der Maßnahmen und deren Beitrag zum Unternehmenserfolg messbar werden.
Mitarbeiter sehen keinen Nutzen für sich
Wird die Personalentwicklung nicht systematisch betrieben, leidet nicht nur der Unternehmenserfolg, sondern es leiden auch die Mitarbeiter. Für sie ist oft wenig transparent, welche Anforderungen, Skills und Kompetenzen durch welche Maßnahmen adressiert werden. Viele von ihnen fühlen ihre individuellen Bedarfe nicht berücksichtigt und sehen wenig Sinn in Qualifizierungen “nach dem Gießkannenprinzip”. Die Folge: sinkende Motivation und Akzeptanz insbesondere für Inhouse-Maßnahmen, geringe Teilnahme an Angeboten und hohe Abbruchquoten.
Leider sind auch Präsenzseminare weiterhin die Regel und neue Weiterbildungsformen wie Blended Learning und e-Learning, die mehr auf die Bedürfnisse der Mitarbeiter abgestimmt sind, kommen nach wie vor selten zum Einsatz. Doch veraltete Lernformen bereiten die Mitarbeiter nicht angemessen auf die Anforderungen der heutigen Arbeitswelt vor.
Was eine Inhouse-Akademie leisten muss
Dabei ist es ganz einfach: Unternehmen brauchen dringend einen systematischen Lernansatz mit modernen und bedarfsorientierten Qualifizierungsangeboten. Ziel des Ganzen muss eine gezielte Steigerung der Fachexpertise, sowie der methodischen, sozialen und persönlichen Kompetenzen der Mitarbeiter sein. So werden die geschäftsbezogenen Fähigkeiten und Fertigkeiten der Mitarbeiter transparent, auswertbar und steuerbar.
Dabei ist es effizienter und kostengünstiger, interne Potentiale zu erkennen und diese gezielt zu fördern als mühsam extern nach neuen Mitarbeitern mit den benötigten Kompetenzen zu suchen.
Der große Vorteil, wenn Unternehmen ihre Weiterbildung selbst in die Hand nehmen liegt darin, dass sie die Inhalte flexibel auf die Bedarfe abstimmen können. Ein systematisches Bildungscontrolling steigert zusätzlich die Effektivität und die Transparenz und senkt die Kosten.
Wann es sich lohnt
Je spezieller die Anforderungen, desto eher lohnt sich eine eigene Weiterbildungsakademie. Nicht zu unterschätzen ist ein weiterer Nebeneffekt: Gemeinsame und aufeinander abgestimmte Maßnahmen stärken das Gefühl der Zusammengehörigkeit unter den Kollegen.
Herrscht Mangel an Fachkräften? Auch auf potenzielle und neue Mitarbeiter wirkt eine ins Unternehmen eingebettete Akademie attraktiv. Und nicht zuletzt steigert es den Unternehmenserfolg, wenn Fortbildungen stärker an den Geschäftszielen ausgerichtet sind.
Führungskräfte in den Fokus nehmen
Ein besonderer Fokus sollte auf der Führungskräfteentwicklung liegen, da diese durch ihre methodischen, fachlichen und persönlichen Kompetenzen in hohem Maße die Kultur und die Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter prägen. Eine nachhaltige und innovative Führungskräfteentwicklung besteht idealerweise aus aufeinander abgestimmten Phasen, die jeweils über Rückkoppelungsschleifen miteinander vernetzt und verbunden sind.
Sinnvoll ist eine Führungspraxisbegleitung durch einen persönlichen Mentor. Dieser bespricht aktuelle Führungssituation im Vorfeld mit dem Mentee, coacht aktiv im Arbeitsalltag, gibt Feedback und reflektiert das Vorgehen im Nachgang.
Vielfältiges Angebot an Trainings wichtig
Fester Bestandteil in der Akademie sollten sowohl klassische Seminare als auch kombinierte blended learning-Konzepte und reine web-based-Trainings sein. Bei Letzteren können die Mitarbeiter direkt vom Arbeitsplatz ihr Wissen aufbauen oder vertiefen. Der Anteil virtuellen Lernens sollte stets hoch sein.
Ergänzend zum internen Bildungsbereich macht in vielen Branchen auch ein externer Bildungsbereich Sinn. Dieser dient in erster Linie der Kommunikation mit den Kunden in der Region. Öffentliche Expertenvorträge und Veranstaltungen bewirken eine Multiplikation von Know-how und bringen dem Unternehmen zusätzlichen Imagegewinn.
Outsourcing kann sich lohnen
Man muss nicht alles selbst machen: Zusätzliche externe Bildungsmaßnahmen können jederzeit in Anspruch genommen werden. Sie sind auch oftmals sinnvoll, weil sie einen Blick über den Tellerrand ermöglichen und wertvolle neue Ideen von außen bringen. Von einzelnen Impulsen und Tipps über externe Konzeptarbeiten bis hin zu Full Service-Angeboten kann Outsourcing unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Oft erfolgt ein Outsourcing auch schlicht aus Ressourcengründen. Wichtig ist, es gezielt zu steuern im Hinblick auf Budgetüberwachung und Kostenkontrolle.
Trainer auswählen und Lerndesigns entwickeln
Eine interne Akademie steht und fällt mit den Trainern. Die Auswahl der externen Trainer erfolgt daher idealerweise systematisch und ist auf eine längerfristige Zusammenarbeit ausgerichtet. Als Unternehmen sollten Sie auf einen kleinen aber konstanten Trainerpool setzen und sich fachlich und pädagogisch qualifizierte Trainer und Dozenten suchen, die zu Ihrer Unternehmenskultur passen.
Legen Sie auch Qualitätsstandards fest, die die Trainer einhalten müssen. Fordern Sie von ihnen, dass Trainerleitfäden, Logbuch, Teilnehmerunterlagen, sowie Feedbackprozesse und Trainingsdokumentationen erstellt werden.
Statt alles für jeden anzubieten, sollten zielgruppenspezifische Lerndesigns entwickelt werden. Der leitende Gedanke hierbei ist, dass mit steigender Erfahrung der Mitarbeiter weniger wissensvermittelnde und zunehmend erfahrungsorientierte Lerndesigns im Vordergrund stehen.
Erfolge messen durch systematisches Controlling
Nehmen wir an, ein Unternehmen hat die Grundlagen geschaffen, Weiterbildungsformate entwickelt und die ersten Trainings durchgeführt. Wie merkt es nun, ob diese erfolgreich waren? Die große Schwierigkeit in der Weiterbildung besteht darin, die Effekte der Bildungsmaßnahmen zu quantifizieren. Damit dies gelingt, kommen Sie als Unternehmen um ein systematisches Bildungsmanagement und Bildungscontrolling nicht herum, welches Lernerfolge, Lerntransfers und den Unternehmenserfolg des Bildungsmanagements effektiv misst, sichert und steuert.
Fazit
Weiterbildung ist eine Investition in die Köpfe der Mitarbeiter. Interne Weiterbildung muss deshalb – wie jede andere Investition auch – einen konkreten Beitrag zum Erfolg des Unternehmens beisteuern.
Nur eine moderne Lernarchitektur, die auf die Bedürfnisse der Mitarbeiter und die aktuellen Erfordernisse der Arbeitswelt abgestimmt ist, wird die Potenziale optimal entwickeln können.
Für Unternehmen heißt das: Investieren Sie in eine systematisch gesteuerte Inhouse-Akademie. Es wird sich auszahlen. Denn eine gezielte Personalentwicklung und -weiterbildung ist heute mehr denn je die Basis für zukünftigen Unternehmenserfolg.
HR Business Experte, Schwerpunkt auf Leadership und Change
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Andreas Klement
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