Der Anteil an Zahnmedizinstudentinnnen steigt kontinuierlich, der an selbstständigen Zahnärztinnen aber nicht. Was der Grund dafür sein kann, hat Dr. Erwin Groß, zusammengefasst.
In Deutschland haben die Studentinnen der Zahnmedizin ihre männlichen Kollegen an Anzahl und Erfolg längst überholt. Nicht nur, dass die zum Studium zugelassenen Studentinnen die besseren Zeugnisse als Ausgangslage mitbringen, es schließen mittlerweile auch mehr Frauen als Männer das Zahnmedizinstudium ab. 2005 waren es zum Beispiel 66 Prozent weibliche Studenten in der Zahnmedizin, Tendenz steigend, 2006 schlossen das erste Mal in der Geschichte mehr Frauen als Männer das Studium der Zahnmedizin erfolgreich ab. Warum es dennoch wesentlich weniger Frauen mit eigener Zahnarztpraxis gibt und auch erheblich weniger Frauen in Forschungs- und Vortragstätigkeit zu finden sind, hat mehrere Gründe. “Zum einen haben Frauen, die ein Studium der Zahnmedizin beginnen, den eindeutigen Nachteil gegenüber Männern, dass der Zeitpunkt, zu dem Frauen normalerwiese an die Gründung einer Familie denken, zumeist mit ihrem Studienabschluss zusammen fällt. Das Studium dauert einfach sehr lange. Aufgrund der Gefahr, Zeit und somit Chancen während des Studiums zu verlieren, wagt es eigentlich kaum eine Studentin, sich während des Studiums schon der Familiengründung zu widmen. Danach wird dann oft zwischen Selbstständigkeit und Familie entschieden”, erklärt Dr. Erwin Groß, der eine Zahnarztpraxis in Bad Endorf am Chiemsee führt und seit vielen Jahren den Qualitätszirkel und Arbeitskreis der Deutschen Gesellschaft für Implantologie (DGI) im Chiemgau betreut.
Dabei sollte dies keine entweder-oder-Situation sein, ist Dr. Groß überzeugt. Er möchte jungen Zahnärztinnen Mut machen, sich auf die Selbstständigkeit einzulassen, ohne dabei ihre Familienpläne hintan zu stellen. “Ich finde es einfach sehr schade, wenn eine Frau, die solch ein langes und intensives Studium mit Bestnoten abgeschlossen hat, dann in der Praxis ihres Mannes “mithilft”, da geht doch unglaublich viel Potenzial verloren”, erklärt Zahnarzt Dr. Groß, “und darum möchte ich junge Zahnärztinnen in ihrer Entscheidung für die Selbstständigkeit bestärken, ihnen Mut machen, ihr eigenes Potenzial zu sehen und bestmöglich einzusetzen”.
Ein möglicher Lösungsansatz für die berechtigten Ängste der jungen Ärztinnen sei das Konzept einer Gemeinschaftspraxis, die den wirtschaftlichen und Verantwortungsdruck von jeder Einzelnen nehmen könne. “Wenn mehrere Ärztinnen sich in einer Praxis zusammentun, hat dies für jede Einzelne erhebliche Vorteile. Zeiten der Mutterschaftspause können von den Kolleginnen abgefangen werden, ohne dass damit die Praxis oder die Patienten leiden. Zusätzlich können in einer Gemeinschaftspraxis für die Patienten flexiblere Praxiszeiten angeboten werden, die Ärztinnen können die Praxiszeiten absprechen und haben so die Möglichkeiten, diese auch besser den eigenen Lebensumständen anzupassen”, ist Zahnarzt Dr. Groß überzeugt.
Er möchte junge Zahnärztinnen auch darin bestärken, sich universitär zu engagieren, denn im Bereich der Lehrtätigkeit an Universitäten und in der Vortragstätigkeit seien Frauen immer noch in der Minderzahl. Auch hier könne man noch viel erreichen, vorab aber müsse ein Umdenken in den Reihen der Zahnärztinnen stattfinden. “Die jungen Frauen dürfen hier durchaus selbstbewusster auftreten, auch selbstbewusster in Bezug auf die Gestaltung der Rahmenbedingungen. Hier darf man kreativ und innovativ sein, ich denke da an Kinderbetreuungsmöglichkeiten auf großen Kongressen oder durchaus auch an Universitäten und ich hoffe, dass meinen weiblichen Kolleginnen noch viel mehr dazu einfällt”, erklärt Dr. Groß.
Neben mutigen jungen Zahnärztinnen braucht es aber sicher auch erfahrene Menschen aus der Praxis, die unterstützen und fordern – so wie Dr. Groß.
Über:
Zahnarzt Dr. Groß
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