Tun die deutschen Krankenhäuser zu viel des Guten?
(NL/6579785876) Berlin, d. 25. April 2013. Die deutschen Krankenhäuser leisten im internationalen Vergleich Hervorragendes. Das beweist die kürzlich veröffentlichte OECD-Studie Managing Hospital Volumes. Sie zeigt: Das Leistungsniveau ist Spitze, das Qualitätssicherungssystem sogar weltweit einmalig, alle Menschen haben Flächen deckend Zugang zu medizinischen Leistungen auf hohem Niveau.
Darauf können wir in den Krankenhäusern stolz sein, zumal dieses hohe Leistungsniveau unter höchsten Anstrengungen seit Jahren gehalten wird. Und zumal wir das bewies bereits eine frühere OECD-Studie aus dem Jahr 2007 dieses Niveau bei höchstem Engagement unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie einem äußerst wirtschaftlichen Einsatz des Personals erreichen. In Deutschland sicherten schon vor rund fünf Jahren 10,8 Mitarbeiter je 1000 Einwohner die Krankenhausversorgung. In Österreich waren es z.B. 15,3, in Italien 12,3 und in den USA sogar 16,1 Mitarbeiter. An diesem Verhältnis hat sich seitdem nichts verändert. Die Personalausstattung der Kliniken in Deutschland ist nach wie vor beispielhaft niedrig. Die Krankenhauskosten liegen im internationalen Vergleich allenfalls im Mittelfeld.
Zu viele Betten, zu viele stationäre Aufnahmen?
Kritisiert werden in der aktuellen Studie der OECD allerdings eine angebliche Überversorgung mit Klinikbetten in Deutschland sowie zu häufige stationäre Aufnahmen. Auch hier wurden die statistischen Daten der 34 OECD-Länder verglichen. Auch hier liege, so die Studie besorgt, Deutschland an der Spitze.
Leider wurde dabei aber nicht untersucht, welche Wirkungen die ganz unterschiedlichen Gesundheitssysteme der OECD-Mitgliedsländer auf diese Daten haben, gibt der Pressesprecher des VKD, Peter Asché, zu bedenken. Schweden etwa hat ein staatliches Gesundheitssystem. Jeder ist darüber versichert. Bei jedem Arztbesuch aber werden Zuzahlungen fällig, je Krankenhaustag z.B. 80 Schwedische Kronen. Wartezeiten auf einen Arzttermin oder eine Krankenhausaufnahme sind sehr lang. Ihnen geht zunächst eine telefonische Beratung zur Selbstmedikation voraus. In Rumänien auch dies ein OECD-Land betragen die Gesundheitsausgaben je Einwohner gerade einmal 120 Euro (in Deutschland rund 3600 Euro) im Jahr. Das öffentliche Gesundheitswesen ist in einem desolaten Zustand. Auch das geht in den OECD-Durchschnitt ein, an dem die Länder gemessen werden. In den USA wieder sind nach wie vor viele Menschen nicht versichert und suchen schon aus diesem Grund ein Krankenhaus oft erst dann auf, wenn ihr Leiden weit fortgeschritten ist.
Asché: Ich möchte das nicht bewerten, aber ist das tatsächlich vergleichbar? Eine Statistik der einwohnerbezogenen Versorgung mit Klinikbetten und der stationären Aufnahmen kann angesichts der zum Teil großen Ausstattungsunterschiede nur Durchschnittswerte liefern, denen wir uns mit den deutschen Krankenhäusern nicht annähern möchten.
Auch angesichts der oft monatelangen Wartezeiten auf bestimmte Krankenhausbehandlungen in manchen Ländern der OECD ist es doch eher erfreulich, dass es den Patienten in Deutschland besser ergeht. Sie wissen, dass sie jederzeit Zugang zu sehr guten medizinischen Leistungen haben. Statistische Vergleichswerte sagen zudem nichts darüber aus, wie hoch denn ein Leistungsniveau sein sollte, um dem Bedarf der Menschen zu entsprechen. Wenn die OECD besorgt konstatiert, dass in Deutschland die stationären Fallzahlen zu hoch seien, stellt sich die Frage: Wie hoch dürften sie denn aus Sicht der Studienautoren sein?
Hier bleiben auch die gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland und das Bundesgesundheitsministerium die Antwort schuldig, wenn sie ebenfalls den Krankenhäusern immer wieder vorwerfen, es werde zu viel und vor allem unnötig, operiert. Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr äußerte sich mehrfach über die aus seiner Sicht zu stark steigenden Fallzahlen in bestimmten medizinischen Bereichen.
Eine Studie des Deutschen Krankenhausinstituts DKI aus dem vergangenen Jahr zeigt allerdings, dass es sich hier um eine Entwicklung handelt, der eine Vielzahl von Ursachen zugrunde liegt. Dazu gehören zu einem wesentlichen Teil die demografische Entwicklung, aber auch der medizinisch-technische Fortschritt, die Ansprüche der Patienten, die Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems insgesamt.
Dennoch fordern die Autoren der Studie für Deutschland, die Politik müsse stärker steuernd eingreifen und z.B. restriktiver budgetieren. Der VKD sieht hierfür angesichts der nachgewiesenen Leistungsstärke, Qualität und gleichzeitigen Kosteneffizienz deutscher Kliniken überhaupt keinen Grund.
Dass strukturelle Veränderungen im System der Krankenhausfinanzierung dringend notwendig sind, steht für das Krankenhausmanagement dagegen völlig außer Frage. Unser derzeitiges System ist an seine Grenze gekommen. Die in der OECD-Studie ermittelten Stärken der stationären Versorgung stehen inzwischen auf der Kippe. Erste Hilfe hat die Politik zwar gerade geleistet. Nach der Bundestagswahl aber müssen Bund und Länder gemeinsam und unter Einbeziehung des Sachverstands in den Krankenhäusern das System tatsächlich auf Zukunft ausrichten. Nur so werden die Krankenhäuser ihr anerkannt hohes Leistungsniveau für unsere Patienten halten können.
Der Verband der Krankenhausdirektoren Deutschlands e.V. (VKD) vertritt mit rund 2.500 Mitgliedern das Management fast aller deutschen Krankenhäuser einschließlich der Rehabilitationskliniken und Pflegeeinrichtungen. Er versteht sich als Ansprechpartner insbesondere in Fragen der Krankenhauspraxis und des Klinikmanagements. www.vkd-online.de
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