Bonn, 07. September 2011 – Die Industrie-Chemikalie Bisphenol-A (BPA) ist seit Jahren Gegenstand kontroverser, wissenschaftlicher Diskussionen. Sie kommt in der Kunststoffherstellung zum Einsatz und findet sich unter anderem in Lebensmittelbehältern, in der Innenbeschichtung von Getränke- und Konservendosen sowie in Thermoetiketten. BPA steht im Verdacht, sich in den Hormonhaushalt des Menschen einzumischen. Die Fachzeitschrift Spektrum Direkt erklärt: BPA bindet sich nicht nur an die Östrogenrezeptoren ER-alpha und ER-beta, sondern blockiert auch den Androgenrezeptor (AR) – allerdings mit weniger als einem Tausendstel der Bindungsstärke der natürlichen Hormone.
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) legte bereits im Jahr 2006 eine zulässige tägliche Aufnahmemenge von 0,05 Milligramm pro Kilo Körpergewicht fest. Diese Menge können Menschen täglich aufnehmen, ohne Schäden davonzutragen – ein Leben lang. In ihrer Risikobewertung versicherte die EFSA zudem, dass die Aufnahmemengen von BPA über Nahrungsmittel und Getränke deutlich unter diesem Grenzwert liegen. In den folgenden Jahren gab es immer wieder internationale Studien, die die vermeintliche Schädlichkeit von BPA zu belegen meinten, und entsprechend traten Experten mit der Bitte an die EFSA, den Grenzwert zu senken. Doch er blieb.
Unverschämtheit, sagt Daniela Hoffmann, Chemieexpertin bei der Österreichischen Umweltorganisation Global 2000: “Die EFSA versäumt einmal mehr ihre Aufgabe, die Gesundheit der europäischen Bevölkerung zu schützen”. Zahlreiche Studien belegten, dass BPA bereits in kleinsten Dosen wie ein Hormon im menschlichen Körper wirkt und beträchtlichen Schaden anrichten kann. Wissenschaftler und Mediziner hätten mehrfach einen strengeren Umgang mit BPA eingemahnt. “Die EFSA beugt sich ungeniert den wirtschaftlichen Interessen, die hinter einer unbeschränkten Verwendung von Bisphenol-A stehen”, sagt Hoffmann.
BPA ist auch in vielen sogenannten Thermopapieren enthalten. Thermopapier kommt zum Einsatz in Parkticketautomaten, Druckern für Quittungen und Bankauszüge sowie in Registrierkassen. Dort wird der Stoff als Farbbildner verwendet. Nach Untersuchungen verschiedener Laboratorien enthalten Thermopapiere zwischen 0,5 und 3,2 Prozent freies BPA, das nicht fest im Material gebunden ist, so Angaben des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR). Verlässliche Daten über die Belastung für die Verbraucher lägen derzeit noch nicht vor. Es sei aber davon auszugehen, dass sie nur sehr geringe Mengen des Stoffes aufnehmen. Kinder sollten allerdings nicht mit Kassenzetteln, Quittungen oder Fahrscheinen aus Thermopapieren spielen.
Doch es geht auch anders: Das Unternehmen Bizerba kann bei den meisten Thermoetiketten auf Bisphenol-A verzichten. “Die übrigen verfügen über einen speziellen Oberflächenschutz mit einer zusätzlichen Lackierung, die verhindert, dass BPA über die Haut in den Körper gelangt”, erklärt Marc Büttgenbach, Sales Director Labels and Consumables. Auch Kassiererinnen, die überdurchschnittlich viel Kontakt mit den Etiketten haben, bräuchten sich somit keine Sorgen zu machen. “Wir haben die Produkte schon vor der BPA-Diskussion optimal angepasst und somit den Forderungen von Kunden und Öffentlichkeit vorgegriffen”.
Wenn man davon ausginge, dass das meiste von diesen Plastikhormonen über das Essen aufgenommen wird, dann könne man dem ganz einfach ausweichen, indem man keine Sachen isst, die verpackt sind, in Plastik oder beschichteten Metallbehältnissen, sagt der ehemalige Spiegelredakteur Dr. Hans-Ulrich Grimm im Gespräch mit Planet Wissen. “Auch beschichtete Deckel, zum Beispiel von Konservengläsern, können sogenannte Weichmacher enthalten, die als Plastikhormone wirken. Wenn man viel industriell hergestellte Nahrung ist, ist das Risiko größer, dass man diese Plastikhormone aufnimmt”.
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