Gewagt, gestolpert und gesprungen

Gewagt, gestolpert und gesprungen

Eine Anthologie über Höhen, Tiefen und Wendungen des Lebens, Weihnachtsgeschichte inklusive

Gewagt, gestolpert und gesprungen

Anthologie über Höhen, Tiefen und Wendungen des Lebens

So lässt uns Renate Schnitzler in diesem neuen Buch teilhaben an ihrer kindlichen Freude über die Rückkehr des Vaters aus russischer Kriegsgefangenschaft, während Meta Kreuter erzählt, wie sie den frühen Tod ihres Vaters verarbeitet hat. Frech und humorvoll dagegen erinnert sich Astrid Grone an den Kauf ihrer ersten Bluejeans und dem damit erworbenen neuen Lebensgefühl. Dass die Geburt ihres ersten Kindes ihr Leben veränderte, ist Thema von Gerda Blumes Erzählung, während Marlis Gondek einen wichtigen Wendepunkt in ihrem Leben ausmacht, als sie mit 50 Jahren den Führerschein machte und eigenständig mobil wurde. Christa Anderski nimmt die Leserinnen mit zur Auswanderung nach Südamerika. Wie ihre Flugangst entstand und auch wieder verschwand, berichtet Regina Walter und Isabell Lorenz schildert, wie sie mitten in der kargen Nachkriegszeit ihre Liebe zu Musik, Literatur und Kunst entdeckte. Bei allen Erzählungen dieser Anthologie geht es um Veränderungen, die die Autorinnen entweder aus eigenen Willen selbst angestrebt und mit großer Kraft erreicht haben oder auch Veränderungen, mit denen sie unfreiwillig konfrontiert wurden und einen Umgang finden mussten.

Geburt oder der Tod von Angehörigen, Kriegsende, Auslandsaufenthalte, neue leidenschaftliche Hobbies, das Kennenlernen oder Loswerden von Lebensgefährten, Einschulung, Berufswahl, Ausstieg aus dem Arbeitsleben, Umzüge, Krankheit, Heilung, Abbruch von Beziehungen, Flucht nach dem Krieg oder auch Flucht aus der DDR, Aufbau eines neuen Freundeskreises – kurzum alles, was das Leben an Veränderungen zu bieten hat, wird in diesem Buch zum Thema.

So unterschiedliche wie die Themen und auch die Autorinnen sind, die zwischen 1917 und 1998 geboren wurden, so unterschiedlich sind auch die Texte. Manche sind humorvoll und heiter, andere ernst wehmütig. Manche beschränken sich auf eine episodenhafte Erinnerung, andere sind zur Erzählung geworden oder erfassen als Gedicht eine tiefe Gefühlswelt. In jedem Fall lässt die lebhafte Erzählweise das Lesen ebenso zum Vergnügen werden wie die im Buch enthaltenen Bilder und Zeichnungen. Die Texte der 30 Düsseldorfer Autorinnen laden ein zum Lesen, zum Erinnern und auch dazu, selbst sein Leben aktiv zu gestalten und beherzt mit Veränderungen umzugehen.

Die Herausgeberin Erny Hildebrand leitet seit vielen Jahren Biografie-Schreibgruppen, in denen das Gros der Texte entstanden ist. Erny Hildebrand gehört zum Düsseldorfer freiRaum für Gesundheit & Kreativität, in dem sie auch als Psychotherapeutin tätig ist. Der vorliegende Erzählband ist nach “Von Unkrautsuppe und dem Einkriegezeck” sowie “Tauschen, Klauen, Kohldampf schieben” das dritte von ihr herausgegebene Buch.

Gewagt, gestolpert und gesprungen
Eine Anthologie über Höhen, Tiefen und Wendungen des Lebens
Hrsg.: Erny Hildebrand
254 Seiten
12,95 Euro
Engelsdorfer Verlag
ISBN: 978-3-95488-032-4

Leseproben

Spätherbst (Rita Bauer)

Ich bin im Spätherbst meines Lebens angekommen und beginne ihn zu mögen. Jetzt im Alter von 77 Jahren blicke ich zurück, als ich mit 52 Jahren die Weichen neu stellte. In dem Alter indem Frauen als auch Männer in der Arbeitswelt nur noch schwer vermittelbar sind und auch oft jeden Lebensmut verloren haben, bin ich nochmals neu durchgestartet. Zuvor hatte ich drei Konkurse meines Mannes im Laufe von 25 Jahren mit erlitten, dabei mein Vermögen verloren und seine Seitensprünge ertragen. Es war für uns beide die zweite Ehe und unsere erwachsenen Kinder aus unseren ersten Beziehungen, lebten in eigenen Familien. Wir lebten mit zwei Hunden in München in einer Einzimmer-Wohnung und waren beide arbeitslos. Auf alle Bewerbungen kamen nur Absagen oder gar keine Antworten. Die Gerichtsvollzieher frühstückten buchstäblich bei mir und der Briefkasten war stets voller unangenehmer Post. An einem heißen Julisamstag klingelte …

Meine große Freiheit (Marlis Gondek)

… Eines Abends sagte ich: “Ich habe mich entschlossen, den Führerschein zu machen.”
Zuerst Stille, dann schallendes Gelächter. Mein Entschluss aber stand fest. Jetzt erst recht! Alle unsere Kinder hatten den Führerschein. Unterstützung fand ich bei unseren Töchtern. Einer unserer Söhne wettete mit meinem Mann um ein Pittermännchen, ich würde es nicht schaffen. Meine Fahrstunden hatte ich vormittags. Es war Januar. Es schneite, nieselte und die Straßen waren glatt. So lernte ich alle Straßen- und Witterungsverhältnisse kennen. Herr Collmann, mein Fahrlehrer, war 20 Jahre jünger als ich. Ich hatte von anderen Frauen gehört, dass sie von ihrem Fahrlehrer angeschrien worden waren. Deshalb klärte ich vor meiner ersten Fahrstunde erst einmal die Verhältnisse und sagte zu Herrn Collmann: “Also, anschreien lasse ich mich nicht. Wenn Sie schreien, schreie ich zurück. Ich will fahren lernen. Wenn ich es könnte, bräuchte ich Sie nicht.” Wir verbrachten drei friedliche Monate zusammen …

Sprachlos in Belgard (Pauline Pérez Chalezquer)

… Als ich zum ersten Mal zum Einkaufen ging, sah ich, dass jeder Kunde Bananen in seinem Einkaufskorb hatte. Ich wunderte mich. Bald musste ich aber erfahren, dass alle sofort Bananen kauften, wenn es mal welche gab. Bei Brot konnte man nur zwischen Weiß- und Schwarzbrot wählen. So war es mit vielen Dingen, es gab nicht alles zu kaufen. Wir konnten nicht aus dem Vollen schöpfen, wir mussten nehmen, was gerade vorhanden war. Fleisch war Mangelware, die Menschen versuchten, sich irgendwie selbst zu versorgen. Eines Tages wurde im Garten des Vermieters eine halbe Kuh an einem großen Baum aufgehängt, das Fleisch wurde zerlegt und kam in die Tiefkühltruhe. Die Kuhhaut wurde im Garten ausgebreitet zum Trocknen. Als die Kuhhaut endlich trocken war, wurde sie zusammengelegt und kam in die türkisfarbene Pappschachtel, also in unsere Garage. Da sagte ich: “Morgen gehe ich zurück nach München”. Die Kuhhaut verschwand. Ich blieb….

Meine erste verschlossene Tür (Christa Andrski)

Ich bin gerade 5 Jahre alt. Es ist Heilig Abend. Die Tür, hinter der alle meine Sehnsüchte verborgen sind, ragt vor mir auf: groß, weiß und verboten. So war es auch das letzte Jahr. Aber dieses Mal ist irgendetwas anders. Ich stehe da, und spüre, wie mich alles drängt, die Türe zu öffnen. Meine Hand streckt sich aus, meine Fingerspitzen berühren die Klinke. Ich halte den Atem an und drücke ich sie ein Stück herunter, wohl wissend, dass ich das nicht darf. Noch ein Stück und noch ein Stück – bis zum Anschlag. Dann stemme ich mich gegen die Tür. Unerträgliche Spannung strafft meinen Körper. Doch die Tür regt sich nicht! Mein Herz schlägt heftig, das Schlagen hallt laut in meinem Kopf. Ich drücke noch ein wenig stärker gegen das Große, Weiße, Verbotene. Widerstand bäumt sich vor mir auf. Die Tür rührt sich nicht, nicht einen einzigen Millimeter! Ich lausche und presse noch einmal gegen die Tür. Wieder nichts! Als hätte ich mir die Finger verbrannt, ziehe ich meine Hand zurück. Meine Spannung fällt in sich zusammen; Enttäuschung und Schuldgefühl brechen hervor.

Leise und verschämt schleiche ich mich ins Kinderzimmer und verstecke mich unter dem Tisch. Dort unter der Tischdecke überwältigen mich meine Ängste. Furchterregende Gedanken kreisen in meinem Kopf: Das Christkind sieht doch alles. Hat es gesehen, dass ich in das Wohnzimmer wollte, obwohl dies verboten war? Ich berge meinen Kopf auf meine Knie. Ein dicker Kloß schnürt meinen Hals zu. Angst umklammert meine Kehle: Keine Geschenke; sicher keine Geschenke! Das Christkind wird mich bestimmt bestrafen! Tränen steigen auf und tropfen auf meine Knie.

Plötzlich bahnt sich das sonst so herbei gesehnte Weihnachtsglöckchen seinen Weg durch mein leises Schluchzen. Ich erstarre. Ich presse meine Hände auf die Ohren. Nichts will ich sehen, nichts will ich mehr hören. Nun bin ich mir ganz gewiss, das Christkind wird mir keine Geschenke geben! Erneut tönt das Glöckchen, und auch die Stimme meiner Mutter sucht mich. Unendlichkeiten später greift eine Hand unter den Tisch und legt sich auf meine Schulter. “Was ist los? Warum weinst du? Komm doch, das Christkind hat geläutet!” ….

Freiraum ist ein interdisziplinäres Team, das die Arbeitsbereiche Kinesiologie, Musiktherapie, Gesprächstherapie und Poesie- und Bibliotherapie integriert. Die Basis bietet der gemeinsame klientenzentrierter und ressourcenorientierter Ansatz. Dahinter steht das Verständnis, im jeweiligen Prozess von der eigenen Berührtheit der Klienten auszugehen, um mit Hilfe innerer und äußerer Bewegung in einen kreativen Prozess zu gehen.

Kontakt:
freiRaum für Gesundheit & Kreativität
Erny Hildebrand
Goebenstraße 1a
40477 Düsseldorf
(0211)239 71 00
ernyhildebrand@arcor.de
http://www.freiraum-duesseldorf.de

Pressekontakt:
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