FH St. Pölten entwickelt innovatives Versorgungs-Konzept für ältere PatientInnen mit Extremitätenverlust
St. Pölten, 3. Juli 2012 – Ein Versorgungs-Konzept für eine verbesserte Behandlung geriatrischer PatientInnen nach Beinamputation wurde vor Kurzem an der Fachhochschule St. Pölten entwickelt. Das vom Studiengang Physiotherapie zusammengestellte Maßnahmen-Portfolio zeigt dabei Verbesserungsmöglichkeiten, die gleichzeitig helfen, Kosten zu sparen. Fokussiert wurde insbesondere auf die Koordination und den Informationsfluss des Betreuungsablaufs. Ab sofort steht das professionelle Konzept behandelnden medizinischen SpezialistInnen zur Verfügung.
Beinprothesen sind High-Tech-Produkte, die ihren TrägerInnen ein mobiles, selbstbestimmtes Leben ermöglichen – solange diese gut angepasst wurden und keine unangenehmen bzw. störenden Druckbelastungen verursachen. Das ist jedoch in vielen Fällen die traurige – aber verständliche – Realität, wie FH-Doz. Kerstin Lampel, PT, vom Studiengang Physiotherapie an der FH St. Pölten erläutert: “Patientinnen und Patienten werden im sorgfältigen Umgang mit dem Extremitätenstumpf und der korrekten Handhabung und Nutzung der Prothese nicht oder zu wenig eingeschult.” Genau mit diesen Mängeln im Betreuungsablauf solcher PatientInnen wird das neue Konzept der FH. St. Pölten aufräumen.
Neue Wege
Wie relevant das Konzept dabei ist, zeigte eine Vorerhebung zur Anzahl an Beinamputationen in Österreich: “Allein im Jahr 2002 wurden laut Statistik Austria insgesamt 1.693 Beinamputationen durchgeführt – 2007 waren es schon 1.776.”, erläutert FH-Doz. Lampel. Vor allem “nicht traumatische” Amputationen, also aufgrund von Lebensstilerkrankungen durchgeführte Eingriffe, werden häufiger: “Diese dramatische Entwicklung hat gleich zwei Ursachen. Zum einen nehmen sogenannte Lifestyle-Probleme wie Gefäß- und Stoffwechselerkrankungen spürbar zu – auch bei jungen Menschen. Zum anderen führt die stetig steigende Lebenserwartung dazu, dass zusätzlich Spätfolgen dieser Erkrankungen – Stichwort Raucherbein oder Diabetischer Fuß – von immer mehr Menschen am eigenen Leib gespürt werden”, ergänzt FH-Doz. Lampel.
In extremen Fällen können diese Erkrankungen eine Amputation notwendig machen. Ein irreversibler Eingriff in die Mobilität der Betroffenen, dessen Konsequenzen durch ein optimales Versorgungskonzept gelindert werden können. Das haben die ExpertInnen der FH St. Pölten erarbeitet und haben dabei auf eine bessere interdisziplinäre Vernetzung der ÄrztInnen, des Pflegepersonals, der OrthopädietechnikerInnen und PhysiotherapeutInnen fokussiert. Eine Empfehlung ist z. B. die optimierte Abstimmung von Sprechstunden. Allein dadurch ließen sich belastende und unnötige Wege zu Therapie- und Kontrolleinheiten nach der OP sowie deren Kosten verringern. Ein weiterer Verbesserungsschritt wäre die Errichtung von Versorgungszentren mit interdisziplinären Teams. Diese würden dann eine Versorgung und Betreuung in mehreren Bereichen ohne Ortswechsel ermöglichen.
Sicherer Auftritt
Ein Gefühl von Betreuungs-Sicherheit für die Betroffenen schaffen zu können, ist ein weiterer zentraler Aspekt der Überlegungen: PatientInnen haben in Österreich nicht nur gesetzlich das Recht auf eine Versorgung mit modernster Prothesentechnik, ihnen gebührt auch die Gewissheit, dass ihr Versorgungsprozess gut geplant ist. Für diese Gewissheit braucht es aber Information, die nicht immer bereitgestellt wird. Dazu FH-Doz. Lampel: “Eine Kleinstudie in einer Sonderkrankenanstalt ergab, dass 58% der Betroffenen nur mündlich und rund ein Viertel nie in irgendeiner Form über diverse Behandlungsschritte informiert wurden.” Kostengünstige Abhilfe schafft da schon die Erstellung und Verteilung einer Informationsbroschüre: “Wir haben einen Folder gestaltet, der den Patientinnen und Patienten exemplarisch einen Versorgungsplan und einen schriftlichen Überblick über zentrale Schritte gibt”, so FH-Doz. Lampel. Diese Handreichung böte auch eine Entlastung für das gesamte Behandlungsteam, das dadurch mit deutlich weniger Anfragen konfrontiert wäre.
Das Projekt “Versorgungskonzept nach Amputationen” bietet mit seinen konkreten Vorschlägen praxisnahe Tipps für professionelle BetreuerInnen. Auch deshalb wird es von der Forschungsförderungsgesellschaft FFG im Rahmen des Innovationsschecks gefördert. An der FH St. Pölten wird es im Kompetenzfeld Gesundheit umgesetzt und beschäftigte sich unter anderem mit der Situation am Landeskrankenhaus St. Pölten. Die Ergebnisse und Empfehlungen könnten einen entscheidenden Impuls für weitere Schritte zur Verbesserung des Versorgungsmanagements nach Amputationen liefern, damit hochtechnisierte unterstützende Prothesentechnik auch im Alltag bei den Menschen ankommt.
Am Dienstag, 10. Juli, 12 Uhr wird Fr. Kerstin Lampel, PT, vom Studiengang Physiotherapie live im Gespräch mit Anna Michalski im “CampusTalk”, dem Wissenschaftsformat von Campus & Cityradio 94,4 zu hören sein.
Livestream unter: www.cr944.at
Pressetext zum Download verfügbar unter: http://www.fhstp.ac.at/presse
Über die Fachhochschule St. Pölten
Die Fachhochschule St. Pölten ist Anbieterin praxisbezogener und leistungsorientierter Hochschulausbildung in den Themengebieten Medien, Informatik, Verkehr, Gesundheit und Soziales. In mittlerweile 16 Studiengängen werden rund 2.000 Studierende betreut. Neben der Lehre widmet sich die FH St. Pölten intensiv der Forschung. Die wissenschaftliche Arbeit erfolgt innerhalb der Kompetenzfelder Medientechnik, Medienwirtschaft, IT-Sicherheit, Simulation, Schienenverkehr, Gesundheit und Soziales. Es erfolgt ein stetiger Austausch zwischen Studiengängen und Instituten, in denen laufend praxisnahe und anwendungsorientierte Forschungsprojekte entwickelt und umgesetzt werden.
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