Der Betriebsrat kann die Anhörung nicht wegen fehlender Vollmacht des Vertreters des Arbeitgebers zurückweisen
Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 13. Dezember 2012 (6 AZR 348/11) entschieden, dass der Betriebsrat die Anhörung einer beabsichtigten Kündigung durch einen Boten oder Vertreter des Arbeitgebers nicht entsprechend § 174 S. 1 BGB zurückweisen kann, wenn der Anhörung keine Vollmachtsurkunde beigefügt ist.
Eine Betriebsratsanhörung ist nicht deshalb unwirksam, weil ein bevollmächtigter Dritter den Betriebsrat angehört hat, ohne Vorlage einer Originalvollmacht gegenüber dem Betriebsrat. Nach § 174 S. 1 BGB kann zwar ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem Dritten gegenüber vornimmt, ohne eine Vollmachtsurkunde vorzulegen, zurückgewiesen werden.
Im Fall der Betriebsratsanhörung findet die Vorschrift keine Anwendung. Das Anhörungsverfahren ist nicht formalisiert und eine telefonische Anhörung ist ausreichend. Dann aber ist es auch nicht erforderlich, eine Vollmacht vorzulegen. Das Anhörungserfordernis dient nämlich dazu, dem Betriebsrat im Vorfeld Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Prüfung des Kündigungssachverhaltes und die Abgabe der Stellungnahme kann der Betriebsrat auch ohne Vorlage einer Originalvollmacht. Außerdem gebietet der Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, dass der Betriebsrat gegebenenfalls nachfragt.
Dem Streit lag die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung zugrunde. Der Kläger war bei einer deutschen Niederlassung einer griechischen Fluggesellschaft beschäftigt. Die Fluggesellschaft stellte den Flugbetrieb weltweit ein und nahm ihn schließlich nur in Griechenland wieder auf. Von und nach Deutschland wurden keine Flüge mehr angeboten; Betriebsräume in Deutschland gab es nicht mehr. Im Rahmen der Liquidation leitete ein Rechtsanwalt die Anhörung des Betriebsrates zu einer betriebsbedingten Kündigung des Klägers ein. Eine Vollmacht fügte der Rechtsanwalt nicht bei. Der Betriebsrat wies das Anhörungsschreiben nach § 174 BGB zurück. Der Arbeitgeber (Liquidatorin) kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger, der dagegen eine Kündigungsschutzklage einlegte. Dabei verklagte der Kläger sowohl die Fluggesellschaft als auch die Liquidatorin.
Dieses Urteil erleichtert die Betriebsratsanhörung enorm, da eine Vollmacht des Arbeitgebers dem Betriebsrat nicht vorgelegt werden muss. Allerdings empfiehlt es sich dennoch sicherheitshalber eine Vollmacht beizufügen.
Gilt nicht bei Kündigungen: Die Vorlage der Vollmacht ist aber weiterhin unbedingt erforderlich beim Ausspruch der Kündigung gegenüber dem Arbeitnehmer. Weist der Arbeitnehmer die Kündigung wegen fehlender Vollmacht nach § 174 S. 1 BGB zurück, dann ist diese unter Umständen unwirksam, wenn die Vollmachtvorlage nicht rechtzeitig nachgeholt wird.
Autor: Rechtsanwältin Julia Dehnhardt
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