Wähler und Politiker tappen in die Kurzfristfalle, attestiert Europas führender Zukunftsmanager Pero Micic
(ddp direct) Eltville, 20.09.2013
Wir suchen nach vermeintlich schnellen Entscheidungen und Lösungen; deshalb wählen wir bei der Bundestagswahl genau das Versprechen, das unsere Interessen am schnellsten bedient. Mit kurzsichtigen Wählern sind auch Politiker notorisch kurzsichtig: es wird das kurzfristig Machbare in Angriff genommen und versprochen – besonders wenn es sich im Wahlkampf gut vermarkten lässt.
Auslöser des Problems ist unser Gehirn: es belohnt kurzfristigen Nutzen mit Dopamin-Ausschüttung, weswegen sich langfristige Vorsätze oft in Luft auflösen.
„Unternehmen haben das bereits erkannt und setzen diesem Effekt ein systematisches Zukunftsmanagement entgegen“, sagt Pero Micic , der u.a. Unternehmen wie Bosch, Deutsche Bank oder das BKA berät. „Nachhaltigkeit erfordert, neue Kenntnisse des menschlichen Verhaltens auch in unser politisches System zu integrieren“. Er fordert:
1. Entwickelt ein gemeinsames Bild von Deutschland!
Einem starken Jetzt gilt es ein starkes Zukunfts-Wir gegenüberzustellen. Eine parteiübergreifende Vision von Deutschland, getragen von breiten Kreisen der Bevölkerung schafft ein klares Bild, wofür sich momentaner Verzicht lohnen kann. Erkannt wird die Aufgabe zwar, dann allerdings in der Phrase vom „gesamtgesellschaftlichen Konsens“ erstickt.
Dies zeigte auch die Debatte um das Betreuungsgeld: es gibt kein gemeinsames Bild vom Umgang mit Kind und Karriere in Deutschland; es wird kurzfristig Geld verbrannt für unklare Ziele. Opium für’s Wahlvolk, aber kein dauerhaftes, gemeinsames Konzept!
2. Bietet Anreize für langfristige Verhaltensänderung!
In Deutschland sind drei Viertel der Bürger bereit zur Organspende – aber nur ein Viertel hat einen Organspendeausweis. Die kleine Hürde, den Ausweis aus dem Internet herunterzuladen reicht aus, um es nicht zu tun. In Österreich gilt: Man ist von Geburt an Organspender und muss ausdrücklich widersprechen. 97 Prozent der Österreicher sind Organspender.
3. Sorgt für emotionale Unterstützung Eurer Ziele!
„Wo die Natur nicht will, ist jede Mühe vergebens“, wusste schon Seneca. Und deswegen bleiben Bürger oft Betroffene statt Beteiligte. Stuttgart 21 wäre nie eskaliert, hätte man frühzeitig alle Interessensgruppen in die Entscheidungsfindung integriert. Wer Bürger hingegen gezielt aktiviert und mitreden lässt, schafft emotionale Beteiligung – und die braucht es für langfristige Verhaltensänderungen.
4. Prüft Eure Maßnahmen auf Wirksamkeit!
Jede erdachte Maßnahme wird geprüft in der Realität menschlichen Verhaltens. Wer sicherstellen will, dass politische Entscheidungen umgesetzt werden, muss deren Wirksamkeit überprüfen lassen – von Verhaltensexperten. Vielen Planungsausschüssen würde es guttun, solche Experten von Anfang an zu integrieren
Dr. Pero Micic ist Pionier des Zukunftsmanagements und fünffacher Buchautor, Gründungsmitglied der Association of Professional Futurists in den USA und Gründer und Vorstand der FutureManagementGroup AG. Er leitete bereits mehrere hundert Projekte zur Früherkennung und Nutzung von Chancen in Zukunftsmärkten für Unternehmen wie Bosch, Roche, Deutsche Bank, Nestlé und für Organisationen wie das Bundeskriminalamt.
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