Wenn ein Ehevertrag sowohl nachehelichen Unterhalt als auch den Versorgungsausgleich ausschließt, kann er sittenwidrig und somit unwirksam sein.
Unter bestimmten Umständen kann ein Ehevertrag, der sowohl einen Versorgungsausgleich als auch einen angemessenen Unterhalt ausschließt, sittenwidrig sein. Das Gericht hat unter anderem zu prüfen, ob ein Ehegatte, der gravierend einseitig vom vertraglich vereinbarten Nachteil ist, anderweitig adäquat für die ihm während der Ehe entstandenen wirtschaftlichen Nachteile entschädigt wird. Hat er keine gesicherte wirtschaftliche Existenzgrundlage, ist es möglich, dass der gesamte Ehevertrag – ob mit oder ohne salvatorische Klausel – nichtig ist (Az 10 UF 387/11).
Im vorliegenden Fall hatten die Prozessgegner nach sechs Jahren des Zusammenlebens im Oktober 2002 geheiratet. Im Ehevertrag – für ihn war es die dritte, für sie die zweite Ehe – war ein Globalverzicht ohne jede Gegenleistung vereinbart worden. Bereits 1997 kam ein gemeinsames Kind zur Welt. 2001 zog die Familie aufgrund der beruflichen Versetzung des Mannes in den Bereich Brandenburg / Berlin. Er verdiente dort 4874 Euro netto, während die Frau ihre berufliche Tätigkeit durch den Umzug aufgeben musste. Am neuen Wohnort eröffnete sie im Wohnhaus, dessen Alleineigentümer seit dem Jahr 2000 ihr Mann war, eine Mangelstube, die allerdings kaum Gewinne abwarf.
Seit 2003 pflegte die Frau ihre schwerstpflegebedürftige Schwiegermutter zuhause. Erst 2006 zog die Schwiegermutter in ein Pflegeheim. Im Oktober 2011 schied das zuständige Amtsgericht die Ehe auf Antrag des Mannes, dem seine Exfrau zunächst widersprochen hatte. Die Scheidung wurde im März 2012 rechtskräftig. Bereits 2011 waren Frau und Tochter wieder an den alten Heimatort zurück gezogen. Dort verdient die Frau in 42,5 Wochenarbeitsstunden in einer Bäckerei 1400 Euro brutto.
Das Amtsgericht hatte ihr laut Ehevertrag weder einen Versorgungsausgleich noch einen Unterhalt zugestanden, wogegen sie Beschwerde einlegte. Das Brandenburgische Oberlandesgericht gab ihr Recht. Der Vertrag sei von Anfang an sittenwidrig gewesen, weil er evident zum Vorteil des einen und zum Nachteil des anderen Ehegatten formuliert war. Den wirtschaftlichen Nachteilen, die die Ehefrau einseitig durch den Umzug und die damit verbundene Aufgabe der alten, verhältnismäßig gut bezahlten Arbeit in Kauf genommen hat, sei nirgends Rechnung getragen worden. Es schloss in einer Gesamtwürdigung der Sachlage auf eine verwerfliche Gesinnung des derart einseitig begünstigten Ehegatten und gab seiner Exfrau Recht.
Sie erstritt sich unter anderem nachehelichen Unterhalt für dreieinhalb Jahre. Ferner wurde der Versorgungsausgleich gemäß den gesetzlichen Bestimmungen ausgeführt. Das Urteil deckt sich mit der ständigen Rechtsprechung des BGH, nach der der Schutzzweck der gesetzlichen Regelungen in individuellen Eheverträgen nicht beliebig unterlaufen werden darf. Stellt sich bei der Wirksamkeitskontrolle die Sittenwidrigkeit eines Vertrages also beim Zeitpunkt des Zustandekommens heraus, treten die gesetzlichen Regelungen in Kraft (§ 138 Abs. 1 BGB).
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Irene Dischke
Fachanwältin für Arbeitsrecht
Aufgewachsen in Kirgisien spricht Frau Dischke fließend Russisch. Nach ihrem Studium in Deutschland ist heute ihr Schwerpunkt in der anwaltlichen Tätigkeit das Familienrecht. Sie betreut gerne die Familien in der Krise mit allen auftretenden Begleiterscheinungen wie Ärger am Arbeitsplatz und Führerscheinverlust.
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