Erbgutschädigung durch Traumen: Yoga kann die Selbstheilung in der Trauma-Therapie unterstützen

Auswertungen einer Erbgutanalyse an der Universität München deuten darauf hin, dass Traumen einen schädigenden Einfluss auf menschliche Gene ausüben können. Der BDY spricht mit Trauma-Yoga-Experten.

BildDer Forscherkreis um die Neurowissenschaftlerin Dr. Dr. Elisabeth Binder hat das Erbmaterial von 2.000 US-Amerikanern untersucht, welche in der Kindheit schwer traumatisiert wurden. Eine Genanalyse zeigte, dass langjährige, unverarbeitete Traumen das menschliche Erbgut dahingehend verändern können, dass zum Beispiel ein Gen, welches den menschlichen Körper vor schädigenden Umwelteinflüssen schützen soll, nicht optimal arbeiten kann. Noch deutlicher wurde der Einfluss von Traumen auf die Genetik, als sich in München zeigte, dass eine spezielle Genvariante besonders häufig bei Personen auftrat, welche mehrfach und langandauernden Traumen ausgesetzt gewesen waren. Die identifizierte Genvariation ermöglichte dem Körper, nicht mehr den Hormonspiegel von Cortisol zu regulieren. Des Weiteren wird davon ausgegangen, dass Traumen einen Einfluss auf die Epigenetik ausüben.

Somit sind Traumen nicht wie “landläufig” behauptet rein psychologische “Defekte”, sondern ein komplexes Zusammenspiel von Körper und Geist. Die in München ausgewerteten Daten sprechen eine deutliche Sprache: Misshandlung, Missbrauch und Vernachlässigung lassen Menschen anfälliger für Depressionen, bipolare Störungen oder Drogenabhängigkeit werden. Dr. Dr. Elisabeth Binder ist der Überzeugung, dass ein positives Umfeld eine epigenetische Veränderung ermöglichen kann, um diese Auswirkungen wieder rückgängig zu machen.

Doch wie können die Folgen von Traumen aufgelöst werden? Um dies herauszufinden hat der Berufsverband der Yogalehrenden in Deutschland e.V. (BDY) sich mit drei Trauma-Yoga-Experten getroffen, um über das Potential von Yoga im Kontext von Traumen zu sprechen. Regina Weiser arbeitet mit Erwachsenen in einer psychotherapeutischen Praxis, Angela Dunemann in einem Albert-Schweitzer-Kinderdorf mit traumatisierten Kindern und Joachim Pfahl bei der britischen Armee mit Kriegsrückkehrern.

Im Expertengespräch wurde deutlich, dass die positive Wirkung von Yoga bei traumatisierten Menschen offensichtlich ist. Yoga hilft den Betroffenen, sich aus der inneren Erstarrung zu lösen, so dass langsam ein Zugang zum eigenen Körper wachsen kann und Emotionen wahrgenommen werden können. Gerade unter Psychologen findet zunehmend die Erkenntnis statt, dass eine gesprächsorientierte Kurzzeittherapie bei Traumatisierten selten für eine Verbesserung sorgen kann. Eine gemeinsame Yoga-Praxis von Therapeut und Patient verändert nicht nur die Stimmung des betroffenen Menschen, sie hilft ihm vor allem auch, die eigene Handlungsfähigkeit zurück zu gewinnen. Dieser positive Effekt von Yoga ist auch in großen Organisationen, wie im europäischen Hauptquartier der englischen Armee bekannt, wo der Einsatz von Yoga und Meditation über eine Dauer von fünf Jahren systematisch überprüft und die positiven Auswirkungen intern dokumentiert wurden.

Yoga und Meditation können bei einer ärztlich betreuten Trauma-Therapie eine sinnvolle Rolle einnehmen. Dies zeigt sich auch darin, dass der Bund deutscher Psychologen plant, Yoga Bestandteil seines Weiterbildungskonzepts werden zu lassen.
Dabei muss es sich aber um einen Yoga, das definitiv nicht leistungsorientiert, sondern wahrnehmungsorientiert ist, handeln. Yoga im Kontext von Trauma-Therapie führt die Betroffenen gezielt in ein schrittweises Wahrnehmen und Loslassen, um zu gewährleisten, dass der Kontakt zum Körper hergestellt wird. Dabei nimmt die Zwerchfellatmung und die Vollatmung eine große Rolle ein. So wie auch der Beckenboden durch ein Beckenbodentraining bewusst und zugänglich gemacht wird. Zwerchfell und Beckenboden sind Vitalzentren im Körper, die bei Betroffenen meist angespannt und verspannt sind. Tägliche Meditation ist der Schlüssel, um in Kontakt mit unseren eigenen Heilungsmechanismen zu kommen und Schritt für Schritt Ängste, Anspannung und Schmerz aufzulösen. Die positiven Ergebnisse sind eindeutig und oft verblüffend für die Betroffenen. Yoga leistet einen guten Beitrag für eine Stabilisierung im Rahmen der Trauma-Therapie, denn es hilft, Erregungszustände zu mildern und wieder mehr Selbstkontrolle über das Denken, Fühlen und Handeln zu gewinnen.

Möglichkeiten, sich zum Thema Trauma und Yoga weiterzubilden, sind in Deutschland spärlich gegeben. Diese defizitäre Lage im Yoga-Fortbildungsbereich wurde vom Berufsverband der Yogalehrenden in Deutschland e.V. (www.yoga.de) erkannt. Aus diesem Grund bietet der Verband Fortbildungsmaßnahmen zu diesem Thema an. Denn mit traumatisierten Menschen sollte nicht experimentiert werden. Pioniere in diesem Bereich sind Initiativen wie der Blog “Yoga und Trauma” von Regina Weiser und Angela Dunemann, welche auch beim BDY Fortbildungen im Herbst 2013 zum Thema Yoga und Trauma anbieten.

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