Industrie 4.0 für den mittelständischen Shopfloor

Industrie 4.0 für den mittelständischen Shopfloor

Ingenics ist Projektpartner der BMBF-Fördermaßnahme MyCPS

Industrie 4.0 für den mittelständischen Shopfloor

Oliver Herkommer CEO Ingenics AG

(Ulm/Stuttgart/Berlin) – Zur nachhaltigen Stärkung des deutschen Mittelstands hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Themenbereich “Industrie 4.0 – Forschung auf den betrieblichen Hallenboden” zum 1. Januar 2016 die Fördermaßnahme “Migrationsunterstützung für die Umsetzung menschzentrierter Cyber-Physical Systems (MyCPS)” gestartet. Deutschland müsse “sich zum Leitmarkt für Industrie-4.0-Lösungen entwickeln”, fordert das Ministerium. Ziel von MyCPS – das sich als Beitrag zur neuen Industrie 4.0-Plattform der Bundesregierung versteht – ist die Erarbeitung und pilothafte Erprobung systematischer Vorgehensweisen zur praktikablen, auf den Menschen zentrierten Umstellung (Migration) digitalisierter Produktionsprozesse hin zu cyber-physischen Systemen (CPS). Die Koordination hat das Stuttgarter Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) übernommen; die Ingenics AG wird als Projektpartner ein Modell zur Einführung und Bewertung innovativer Organisationsformen entwickeln.

Der innovationsstarke Mittelstand gilt als das Rückgrat der deutschen Volkswirtschaft und als Garant sowohl für technische Leistungsfähigkeit als auch für weitblickende unternehmerische Initiative. Die mit Jahresanfang gestartete BMBF-Fördermaßnahme im Themenbereich “Industrie 4.0 – Forschung auf den betrieblichen Hallenboden” unter der Überschrift “Migrationsunterstützung für die Umsetzung menschzentrierter Cyber-Physical Systems (MyCPS)” möchte, dass der Mittelstand jetzt aus den bisherigen Forschungsergebnissen Nutzen zieht und nachhaltige Wettbewerbsvorteile generiert. Deutschland müsse “sich zum Leitmarkt für Industrie-4.0-Lösungen entwickeln, als weltweit führender Anbieter für Teil- und Komplettsysteme und als kompetenter Nachfrager für Industrie 4.0-Lösungen auftreten” fordert das Ministerium in der Projektdefinition.

Aus Betroffenen sollen Beteiligte werden

Untersucht werden unter anderem die “Entwicklung soziotechnischer Systeme, in die an der Wertschöpfung beteiligte Personen, Maschinen, IK-Technologien und Produkte genauso wie Geschäftsmodelle, Standards und Normen eingebunden sind.” Die “in zahlreichen Branchen entstehenden Musterlösungen innerhalb von Wertschöpfungsketten und mit verschiedenen Wettbewerbsstrategien” sollen als Teile von Gesamtstrategien begriffen werden.

Abgesehen von Insellösungen in abgeschlossenen Testumgebungen, stehe “eine breite Anwendung von Industrie 4.0 auf dem betrieblichen Hallenboden” noch aus, so das BMBF. Ein Grund dafür sei, dass sich bisherige Ansätze nur auf die Gestaltung der notwendigen technischen Lösungen in den Fabriken konzentrierten, während die direkt betroffenen Mitarbeiter in Produktion und Logistik kaum in die Konzeption und Gestaltung innovativer Lösungen eingebunden seien. “Aus Betroffenen müssen jedoch Beteiligte werden, um eine langfristig erfolgreiche Umsetzung zu erzielen” lautet die daraus abgeleitete Forderung.

So ist das Ziel des Projekts MyCPS (Volumen: 6,6 Mio Euro; davon 3,5 Mio Euro BMBF-Förderung bis 31.12.2018) die Erarbeitung und pilothafte Erprobung systematischer Vorgehensweisen zur praktikablen, auf den Menschen zentrierten Umstellung (“Migration”) digitalisierter Produktionsprozesse hin zu cyber-physischen Systemen.

In Kooperation mit den Sozialpartnern sollen die Informationssicherheit und der Datenschutz sichergestellt werden. Um die für den Anwendungserfolg notwendige Vertrauensbasis zu schaffen, stelle man die Einbindung der Mitarbeiter in die gemeinsame Gestaltung, Nutzung und Weiterentwicklung der Lösungen in den Mittelpunkt.

Je mehr Digitalisierung, desto wichtiger das Vertrauen zwischen Unternehmen und Mitarbeitern

Als Projektkoordinator formuliert Prof. Wilhelm Bauer, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation, IAO, die konkrete Forschungshypothese: “Persönliche Daten gewinnen an Relevanz, entsprechend müssen neue Vertrauensgrenzen definiert und die Verwendung der Daten geregelt werden. Wir gehen davon aus, dass Vertrauen und Partizipation mit zunehmender Digitalisierung der Produktion zwischen Unternehmen und Mitarbeitern weiter an Bedeutung gewinnen werden. Dies wird schon deshalb notwendig werden, damit am Standort Deutschland neue digitale Möglichkeiten in den Produktionsprozessen schnell und innovativ umgesetzt werden können.”

Ingenics entwickelt Modell zur Einführung und Bewertung innovativer Organisationsformen

Beim Projektpartner Ingenics AG, dessen Beitrag die Entwicklung eines Modells zur Einführung und Bewertung innovativer Organisationsformen sein wird, freut man sich auf die erneute Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer IAO, mit dem gemeinsam man 2014 die viel beachtete Studie “Industrie 4.0 – eine Revolution der Arbeitsgestaltung?!” durchgeführt hatte. “Es ist jetzt besonders wichtig, praxisnahe Lösungen für den Mittelstand zu finden bzw. einen Leitfaden zu erstellen, der den Unternehmen konkrete und in kurzer Zeit zu erreichende Wettbewerbsvorteile schafft”, erklärt Ingenics CEO Prof. Oliver Herkommer. “Unser Modell zur Einführung und Bewertung innovativer Organisationsformen soll entscheidend dazu beitragen, dass sich die mittelständischen Unternehmen mit kalkulierbarem Aufwand in Richtung Industrie 4.0 bewegen können.”

Arbeit wird sich noch einmal dramatisch verändern

Was hat man sich nun unter dem “Modell zur Einführung und Bewertung innovativer Organisationsformen” von Ingenics vorzustellen? “Wir wollen den Nutzen von Industrie 4.0 in der Einführung herausarbeiten und einen Leitfaden für die Implementierung auf dem Shopfloor erstellen, was auch bedeutet, Mitarbeitern in der Produktion und im unmittelbaren Produktionsumfeld ein abstraktes Thema praktisch nahezubringen”, erklärt Dr. Jens Nitsche, Partner und Leiter R&D bei Ingenics.

Aus der Beraterperspektive versteht es sich von selbst, dass dazu eine standardisierte Methode zur Potenzialabschätzung von Industrie 4.0-Anwendungsfällen gehört. “Es ist Teil unserer Aufgabe, ein verlässliches Instrument zur Chancen-Risiken-Untersuchung zu entwickeln”, so Dr. Nitsche. Das bedeute aber keine Abkehr von der Erkenntnis, dass es für die Industrie 4.0-Einführung keine Rezepte von der Stange gibt. “Wir haben in vielen Diskussionen festgestellt, dass sich der Mittelstand mit der Umsetzung noch sehr zurückhält. Was die Integration der Mitarbeiter betrifft, klafft da ein ganz großes Loch zwischen den Ansprüchen aus dem Management und dem realen Zustand auf dem Shopfloor. Vom Werker bis zum Meister gibt es Ängste, und es geht ja auch tatsächlich darum, dass sich die Arbeit noch einmal dramatisch verändern wird.”

Migrations-Toolbox – in drei Jahren zu neuen Strategien in der Produktion

Das BMBF geht davon aus, dass die Akzeptanz für zukunftsfähige Lösungen dadurch hergestellt wird, dass Unternehmen prototypische Industrie-4.0-Lösungen für Fertigung, Montage, innerbetriebliche Logistik und Produktionssteuerung als Kernbereiche der industriellen Wertschöpfung verwirklichen. “Dazu werden die Rollen, Aufgaben und Funktionen der Mitarbeiter in einem ,Menschenbild” modellhaft abgebildet und in das geplante ganzheitliche Vorgehenskonzept für die beteiligungsorientierte Gestaltung menschzentrierter CPS überführt. […] Es werden Strategien für die Ausweitung von Industrie 4.0- Technologien auf das gesamte Unternehmen und deren Zusammenspiel abgeleitet”, heißt es in der Projektbeschreibung. Insbesondere auch im Mittelstand anwendbare Methoden, Modelle und Hilfsmittel sollen Unternehmen als “Migrations-Toolbox in Form einer interaktiven Internet-Plattform” zur Verfügung gestellt werden. “Die Toolbox enthält Strategien und Vorgehensweisen zur Analyse, Planung, Realisierung und Bewertung von Anwendungsfällen für die erfolgreiche Durchführung betrieblicher Projekte. Darüber hinaus entstehen kommerziell nutzbare Softwareinstrumente für die Einführung menschzentrierter CPS in produzierenden Unternehmen…”

Leitfaden statt Standardprozess

Die 4.0-Experten bei Ingenics sind nach wie vor davon überzeugt, dass es für die Digitalisierung der Produktion und der produktionsnahen Bereiche keine “Plug-and-play-Lösung” geben kann. So darf die Idee einer Migrations-Toolbox keinesfalls als Relativierung früherer Statements verstanden werden. Statt der Idee einer Lösung für alle Fälle nachzuhängen, gelte es, sämtliche Maßnahmen als Teile eines Gesamtkonzeptes verständlich und transparent zu machen. “Tatsächlich ist gerade die Migrations-Toolbox ein modulares Konzept, das hilft, Strategien und Lösungen maßgeschneidert auf die einzelnen Anwendungsfälle abzustimmen und Faktoren wie die Wertschöpfungstiefe, die Einbeziehung von Zulieferern und Dienstleistern etc. individuell zu handeln”, so Dr. Nitsche. “Wir brauchen einen Leitfaden wenn wir das auf den Shopfloor herunterbrechen, allerdings nicht im Sinne einer Handlungsanweisung für einen Standardprozess, den ich auf Knopfdruck abfahren kann.”

Die Ingenics AG ist ein international tätiges innovatives technisches Beratungsunternehmen, das weltweit erfolgreich führende Unternehmen aus verschiedenen Branchen bei Planungs-, Optimierungs- und Qualifizierungsaufgaben entlang der gesamten Wertschöpfungskette berät. Der Fokus liegt dabei vor allem auf den Kernbereichen Fabrik, Logistik und Organisation. Zu den Kunden gehört die Elite der deutschen und europäischen Wirtschaft. Über nationale Projekte hinaus ist die Ingenics AG ein gefragter Partner für die Planung und Realisierung weltweiter Produktionsstandorte, beispielsweise in Indien, China, den USA und Osteuropa. Derzeit beschäftigt Ingenics 420 Mitarbeiter unterschiedlichster Ausbildungsdisziplinen. Mit hoher Methodenkompetenz und systematischem Wissensmanagement wurden in über 35 Jahren mehr als 5.100 Projekte erfolgreich durchgeführt. Ingenics begleitet seine Kunden durch das komplette Projekt, von der Konzeption bis zur praktischen Umsetzung der Pläne.

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